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Aus: Ausgabe vom 25.02.2025, Seite 8 / Inland
Hörsaalbesetzung

»Sie sollte das ›frei‹ aus ihrem Namen streichen«

Neues Gerichtsverfahren gegen die Palästina-Bewegung an Berliner Hochschulen. Ein Gespräch mit Maxi Schulz
Interview: Max Grigutsch
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Palästinasolidarische Aktivisten bei der Besetzung des Theaterhofs der FU Berlin (7.5.2024)

Wieder steht eine Studentin der Freien Universität Berlin vor Gericht, weil sie im Juli 2024 an einer Hörsaalbesetzung für Palästina teilgenommen haben soll. In Solidarität mit der Angeklagten organisieren Sie eine Kundgebung. Was wird ihr vorgeworfen?

Meine Kommilitonin steht in der ersten Reihe der palästinasolidarischen Bewegung an den Universitäten. Sie hat deutlich gemacht, dass sie nicht einfach weiter studieren will, während ein Genozid passiert. Sie ist Teil des BIPoC-Referats der Studierendenvertretung, Mitglied des Studierendenparlaments und aktiv bei der marxistischen Studierendengruppe »Waffen der Kritik«. Oft werden die »Anführer*innen« Repressionen ausgesetzt, um ein Exempel zu statuieren. Der Vorwurf gegen sie ist Hausfriedensbruch. Das ist selbstverständlich paradox an der eigenen Universität.

Welche politischen Inhalte sollten mit der Besetzung vermittelt werden?

An erster Stelle die internationale Solidarität mit dem palästinensischen Volk und der Wille, eine internationale studentische Bewegung gegen den Imperialismus aufzubauen. Das bedeutet auch, die Komplizenschaft der Uni zu benennen. Die Unis in Deutschland sind auf vielfältige Art und Weise Komplizen der Verbrechen des israelischen Apartheidregimes. Zum einen durch die Repression gegen palästinasolidarische Studierende, aber auch dadurch, dass sie ideologisch dazu beitragen, die Verbrechen Israels zu relativieren oder zu legitimieren. Außerdem tragen sie oft durch Forschung für militärische Zwecke zum Genozid bei. Ein ganz wichtiger Inhalt der Besetzung war die Forderung nach einer Zivilklausel.

Sind die Forderungen durchgedrungen? Oder lässt der Prozess darauf schließen, dass die Taktik ungeeignet war?

Hörsaalbesetzungen sind eine super Aktionsform. Man kann dadurch neue Studierende erreichen, weil sie im Alltag der Uni stattfinden. Die Besetzungen haben zu einer riesigen medialen Aufmerksamkeit geführt. Die Repression ist aber auch ein Zeichen der Schwäche. Wir haben noch nicht geschafft, dass die Präsidien die Anzeigen fallen lassen. Unsere Aufgabe ist jetzt, uns als Bewegung auszuweiten. Dafür brauchen wir neben Besetzungen auch Versammlungen, Teach-ins und Kundgebungen. Wir brauchen eine gemeinsame Politik mit der Studierendenbewegung gegen den Rechtsruck, zum Beispiel mit der Kampagne »Studis gegen rechts«. Sie haben vor kurzem die größten Vollversammlungen seit Jahren organisiert, wo die Präsidien aufgefordert wurden, die Anzeigen fallen zu lassen.

Ganz wichtig ist es, Verbindungen zu Beschäftigten der Uni aufzubauen. Das haben wir mehrmals erfolgreich geschafft, das müssen wir ausbauen. Darüber hinaus ist es zentral, gerade nach dem Wahlergebnis, die Linkspartei in die Pflicht zu nehmen. Wenn sie es ernst meint mit dem Kampf gegen rechts, muss sie mit aller Kraft die Verteidigung der studentischen Rechte unterstützen, auch in den Parlamenten, statt sich wie bisher zu enthalten.

Das FU-Präsidium hat angesichts der Besetzung sofort die Polizei gerufen. Gegen alle Festgenommenen wurde Anzeige erstattet. Wie bewerten Sie das Vorgehen der Unileitung?

Das Handeln der Unileitung ist skandalös und heuchlerisch. Die sagen immer, sie wollen Raum schaffen, akademischen Diskurs eröffnen, dass sie eine demokratische Institution sind. Aber das stimmt einfach nicht. Die Räume für freien Austausch existieren nur dann, wenn wir sie schaffen. Aber an den Berliner Unis werden einem ständig Steine in den Weg gelegt, auch durch die Landesregierung, die sich zunehmend in die Hochschulautonomie einmischt. Die FU Berlin ist nicht frei. Sie sollte das »frei« aus ihrem Namen streichen.

Die Solikundgebung findet am Dienstag, 12.30 Uhr, vor dem Amtsgericht Tiergarten statt. Auch die Kampagne »Hands off Student Rights« ruft zur Prozessbegleitung auf. Was ist zu erwarten?

Wir wollen zeigen: Niemand ist allein. Wir lassen uns nicht entmutigen. Der Kampf für ein freies Palästina wird weitergehen. Das wollen wir vor dem Gericht deutlich machen. Wir freuen uns auf Unterstützung.

Maxi Schulz ist Mitglied des Studierendenparlaments an der FU Berlin

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