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Aus: Ausgabe vom 04.03.2025, Seite 6 / Ausland
Ukraine-Krieg

Spekulationen über das Danach

Ukrainische und russische Medien analysieren das turbulente Treffen von Selenskij und Trump im Weißen Haus
Von Lars Lange
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Sternstunde des Fernsehens: Der Streit im Weißen Haus war auch in Kiew zu sehen (28.2.2025)

Nach dem turbulenten Treffen zwischen Wolodimir Selenskij und US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus am Freitag zeigen ukrainische und russische Medien ein breites Spektrum an Reaktionen zur Zukunft des Landes und derjenigen des ukrainischen Präsidenten.

Das englischsprachige Onlinemedium Kyiv Independent veröffentlichte Stimmen ukrainischer Soldaten, die sich zu einer Weiterführung des Krieges bekennen. Ein Scharfschütze mit dem Rufnamen »Bart« wird mit den Worten zitiert: »Ich und alle meine Jungs unterstützen Selenskij, ich würde dasselbe tun, wenn ich an seiner Stelle wäre.« Die Redaktion des Mediums geht in ihrem Leitartikel noch weiter: »Die Führung Amerikas hat die Seiten in diesem Krieg gewechselt. Das amerikanische Volk nicht.« Der Artikel führt aus: »Donald Trump ist für Russland. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat sich in dem Krieg, den Russland gegen seinen demokratischen Nachbarn begonnen hat, auf die Seite Russlands gestellt.«

Novynarnia.com brachte auf Ukrainisch eine KI-Analyse des Pressegesprächs, die die Kommunikationsdynamik beleuchtet, heraus. »Trumps Stil ist selbstsicher, dominant, demonstrativ überheblich. Er versucht, seine Stärke durch scharfe Rhetorik, Manipulation und Abwertung der Position seines Gesprächspartners zu zeigen.« Das ukrainische Staatsoberhaupt hingegen »verteidigt seine Position, versucht, die Realität des Krieges zu erklären, stellt Fragen.« Die Analyse kommt zum Schluss: »Dies ist kein Gespräch über Frieden, sondern über politische Dominanz und die Nutzung des Krieges als Druckmittel.«

Die russische Tageszeitung Prawda bot eine völlig andere Perspektive. Unter Berufung auf einen Geheimdienstexperten berichtete die Zeitung am Sonnabend, dass Selenskij nach dem Treffen mit Trump in großer Gefahr sei und »entweder der Tod oder die Verhaftung« drohe. Der Artikel behauptet, zahlreiche Akteure hätten Interesse an der Beseitigung des Mannes aus Kiew: »Selenskijs Tod würde Trump die Möglichkeit geben, die Agenda zu ändern, Schuldige zu benennen und seinen eigenen Präsidenten der Ukraine zu ernennen.« Auch Russland, Großbritannien und ukrainische Oligarchen könnten laut dem Artikel von seinem Verschwinden profitieren.

Über Reaktionen aus Moskau berichtete die russische Iswestia. Sie zitierte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow mit den Worten: »Der Konflikt im Oval Office hat gezeigt, wie schwierig es sein wird, den Weg der Einigung zu erreichen. Selenskij will den Konflikt fortsetzen.« Der Artikel führt weiter aus, dass »in Kiewer Regierungskreisen bereits über mögliche Nachfolger diskutiert wird« und eine »Neuausrichtung der ukrainischen Politik unvermeidlich erscheint«.

Die Onlineausgabe der in Lwiw ansässigen Tageszeitung Expres beleuchtete in einem Artikel das Dilemma des ukrainischen Präsidenten. Der Politikexperte Wolodimir Fesenko erklärt darin: »Wenn Selenskij eine von Trump initiierte Friedensvereinbarung unterzeichnet, könnte er beschuldigt werden, die nationalen Interessen zu vernachlässigen. Unterzeichnet er nicht, könnten die USA ihre militärische Hilfe einstellen.« Der Artikel zitiert auch Ruslan Bortnik, Direktor des Ukrainischen Instituts für Politik: »Laut Umfragen wünschen sich 50 bis 70 Prozent der Ukrainer ein Ende des Krieges. Zwischen der Position der Regierung und der Position der Gesellschaft wächst ein Abgrund.« Besonders brisant ist Bortniks Einschätzung: »Für das Präsidententeam würde ein Friedensabkommen Wahlen bedeuten. Und wenn dieses Abkommen auch nur Kompromisselemente enthält, besteht ein hohes Risiko, dass Selenskij bei den Wahlen verliert.«

Die ebenfalls englischsprachige Kyiv Post warnte in ihrem Artikel »5 Reasons Why Giving Up on Ukraine Would Be Biggest US Strategic Mistake« (Fünf Gründe, warum die Aufgabe der Ukraine einer der größten strategischen Fehler der USA wäre) vor den Folgen eines solchen Vorgehens und argumentiert aus einer militärischen Perspektive: Die Ukraine verfüge heute über »die größte Armee in Europa« und wertvolles Know-how. Sollte das Land fallen, würde »all dieses Wissen, diese Technologie und diese Kampfexpertise von Russland absorbiert werden«.

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