Daten gegen Rohstoffe
Von Reinhard Lauterbach
Die USA haben einen Tag nach den laufenden Waffenlieferungen auch die Weitergabe von elektronischen Aufklärungsdaten an die Ukraine unterbrochen. Das erklärte am Mittwoch ein hoher Beamter der CIA in Washington. Gleichzeitig deutete US-Präsident Donald Trump an, die Lieferungen von Waffen und Daten wiederaufzunehmen, sobald sich die Ukraine zu Friedensgesprächen mit Russland bereit erkläre und ein neues Rohstoffabkommen unterschreibe. Dieses solle weiter gehen und konkreter ausfallen als die Vereinbarung, die vergangene Woche kurz vor dem im Eklat geendeten Washington-Besuch des ukrainischen Präsidenten bekanntgeworden war.
In welchem Maße die Ukraine für ihre Kriegführung auf die elektronische Unterstützung der USA angewiesen ist, ist unklar. Sie hat keine eigenen Satelliten im All und verlässt sich daher für Informationen über russische Truppenbewegungen auf die Informationen, die ihr die westlichen Alliierten bereitstellen. Auf die Nachricht vom Datenstopp reagierten ukrainische Militärs trotzig: Einen großen Teil der bisherigen Schläge gegen Ziele im russischen Hinterland könne Kiew auch ohne die Satellitendaten der USA ausführen. Dazu tragen eigene Kapazitäten der EU und Großbritanniens in der Satellitenaufklärung bei, die weiterhin mit Kiew geteilt werden sollen. Jedenfalls ist nichts davon bekannt, dass sich Frankreich oder Großbritannien dem Datenboykott Trumps anschließen wollen. Zu diesem berichtete am Donnerstag die New York Times, er sei ohnehin nicht ernstgemeint gewesen und habe von Trump auf ein bis zwei Wochen befristet werden sollen – bis die Ukraine in der Rohstoffrage »weichgekocht« sei.
Nach einem Bericht des US-Portals Politico haben die USA damit begonnen, diskrete Gespräche mit möglichen Nachfolgern von Präsident Wolodimir Selenskij zu führen. Die Seite berichtet, solche Sondierungen hätten die USA sowohl mit Expräsident Petro Poroschenko als auch mit der über Jahre kaum in Erscheinung getretenen Julija Timoschenko und dem Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko geführt. Die Auswahl der Partner deutet darauf hin, dass die USA offenbar beabsichtigen, sich in der Ukraine auch weiter auf Kräfte zu stützen, die aus dem »Euromaidan« hervorgegangen sind, und damit auch auf die antirussische Orientierung des Landes.
Russland hat unterdessen mit scharfer Ablehnung auf den Plan des französischen Präsidenten Emmanuel Macron reagiert, als angeblich erste Etappe eine einmonatige Waffenruhe in der Luft und zu Wasser zu verkünden. Das Außenministerium in Moskau erklärte, der Plan sei einseitig, weil Russland über dem Gefechtsfeld die faktische Lufthoheit besitze, während Kiew auf nichts zu verzichten hätte. Als Zeichen von Größenwahn und Realitätsverlust kritisierte das russische Außenministerium außerdem Überlegungen Macrons, den französischen Atomschirm auch auf andere Länder EU-Europas auszudehnen.
In der Ukraine setzte Russland seinen Raketenbeschuss fort. In der Nacht zum Donnerstag wurden ein Objekt der Stromversorgung in der Hafenstadt Piwdenne bei Odessa sowie ein Hotel in Kriwij Rig getroffen. In letzterem waren unmittelbar zuvor einige Dutzend »Freiwillige« einer nicht näher benannten NGO aus Bürgern der Ukraine, der USA und Großbritanniens einquartiert worden. Den Aktivisten geschah nichts, dagegen starben vier weitere Bewohner des Objekts.
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