Kigali weist Diplomaten aus
Von Gerrit Hoekman
Ruanda hat am Montag die diplomatischen Beziehungen zu Belgien abgebrochen. Alle belgischen Diplomaten müssen bis spätestens Mittwoch das ostafrikanische Land verlassen. Belgien habe in dem Konflikt mit der Demokratischen Republik Kongo »eindeutig Partei gegen Ruanda ergriffen« und erzeuge auf internationaler Ebene mit »Lügen und Manipulationen« eine »ungerechtfertigte feindliche Meinung gegenüber Ruanda«, hieß es in einer Presseerklärung des Außenministeriums in Kigali. Belgien erklärte daraufhin seinerseits alle ruandischen Diplomaten zu unerwünschten Personen.
»Die Entscheidung Ruandas wurde nach sorgfältiger Abwägung mehrerer Faktoren getroffen, die alle mit den kläglichen Versuchen Belgiens zusammenhängen, seine neokolonialen Illusionen aufrechtzuerhalten«, teilte Ruanda weiter mit. Im Kurznachrichtendienst X bezeichnete der belgische Außenminister Maxime Prévot den Schritt als unverhältnismäßig. Er zeige, »dass Ruanda es vorzieht, keinen Dialog zu führen, wenn wir mit der Situation nicht einverstanden sind«. Darauf erwiderte die ruandische Regierungssprecherin Stephanie Nyombyire am Montag ebenfalls auf X: »Sie suchen keinen Dialog, sondern Gehorsam. Und zwar den Gehorsam, den Sie von der Demokratischen Republik Kongo erhalten, für deren Volk Sie angeblich sprechen, während Sie es im vergangenen Jahrhundert ausgebeutet haben.«
Aktueller Anlass der diplomatischen Eskalation zwischen den beiden Staaten sind die Sanktionen, die die EU am Montag gegen drei Generäle der ruandischen Armee verhängt hat. Die Militärs sollen laut einem UN-Bericht rund 4.000 Soldaten einer Spezialeinheit nach Kongo entsandt haben, um an der Seite der Miliz der »Bewegung 23. März« (»M 23«) gegen die kongolesischen Regierungstruppen zu kämpfen. Ruanda bestreitet das. Auch der Vorstandsvorsitzende des staatlichen Bergbaukonzerns »Rwanda Mines, Petroleum and Gas Board« steht auf der Liste. Er nutzt nach Ansicht der EU den Konflikt, um die an der Grenze zu Ruanda vorhandenen Bodenschätze auszubeuten und damit die Kämpfer zu finanzieren. Aus gleichem Grund treten Sanktionen gegen die Gasabo-Goldraffinerie in Kraft, die eine wichtige Einnahmequelle für die Regierung in Kigali darstellt.
Auch fünf Kommandanten der »M 23« werden von der EU sanktioniert, darunter ihr Anführer Bertrand Bisimwa. Die EU beschloss, die auf Konten in ihren Mitgliedstaaten vorhandenen Vermögen aller betroffenen Personen einzufrieren und erließ außerdem ein Einreiseverbot gegen sie. Der Zeitpunkt der Bestrafung hätte schlechter nicht sein können. Als Folge sagte die »M 23« kurzfristig die Teilnahme an den Friedensgesprächen ab, die am Dienstag in Luanda stattfinden sollten, der Hauptstadt Angolas. Ruanda war ohnehin nicht eingeladen.
In Afrika findet Ruandas harsche Reaktion gegenüber Belgien durchaus Beifall. »Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen ist ein starkes Signal an die ehemaligen Kolonialherren, dass nicht alle afrikanischen Staaten ihre Souveränität und Würde für ein paar Brosamen Wirtschaftshilfe aufgeben werden«, schrieb zum Beispiel der Menschenrechtler und Abgeordnete der sozialdemokratischen People’s Redemption Party in Nigeria, Shehu Sani, am Montag auf X.
Ob belgische Entwicklungshelfer, Unternehmer und Touristen jetzt noch Visa für Ruanda erhalten, ist unklar. Bislang konnten sie am Flughafen der Hauptstadt Kigali ein Visum für 30 Tage bekommen. Ruanda hatte unlängst die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Belgien auf Eis gelegt.
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