Leitfaden für den Krieg
Von Mawuena Martens
Schon in fünf Jahren soll es sie geben: eine gemeinsam hochgerüstete Europäische Union. Den schriftlichen Leitfaden für die dahinterstehenden Kriegsvorbereitungen hat die EU-Kommission am Mittwoch, einen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel, vorgestellt. Im sogenannten Weißbuch zur »Zukunft der europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030« legt sie sieben Schlüsselbereiche fest, auf die man sich in den kommenden Jahren konzentrieren will. Dazu gehören die Luftverteidigung und Raketenabwehr, Artilleriesysteme, Drohnen, künstliche Intelligenz sowie militärische Transportkapazitäten. »Wenn Europa einen Krieg vermeiden will, muss es sich auf einen Krieg vorbereiten«, behauptete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Kopenhagen.
Da der Kauf solchen Kriegsgeräts die finanziellen Möglichkeiten vieler Mitgliedstaaten übersteige, sollten EU-Länder dieses primär gemeinsam beschaffen. Vor allem aber plant Brüssel, alle Hürden und gesetzlichen Vorschriften für die Rüstungsindustrie zu lockern. In ihren Worten: Sie werde in einen »strategischen Dialog« mit der »Verteidigungsindustrie« eintreten. Bedenken gegenüber Abhängigkeiten von den USA werden in dem Dokument – anders als zuvor zum Beispiel von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas erwünscht – nicht mehr explizit erwähnt.
Schon vor zwei Wochen hatte die EU-Kommission auf einem Sondergipfel Vorschläge zur Finanzierung ihres gigantischen Aufrüstungsvorhabens gemacht: EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro sowie Ausnahmen bei den strengen Schuldenregeln. Innerhalb von vier Jahren sollen so insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden. Schon damals kritisierte Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von Die Linke im Parlament der Europäischen Union: »Jahrzehntelang wurden die EU-Staaten in das Schuldenkorsett gezwängt, nun, wo es darum geht, der Rüstungsindustrie den roten Teppich auszulegen, öffnen sich alle Schleusen.« Und weiter: »Von der Leyens wahnwitziger Aufrüstungsplan wird die Welt keinen Deut sicherer machen – im Gegenteil! Eine hochmilitarisierte Europäische Union wird nur weiter Öl ins Feuer vieler Konflikte gießen, während die Zeche für diesen Aufrüstungsplan die breite Bevölkerung bezahlen muss.«
Abgesehen von der entlarvenden Aussage, es gebe keine »inspirierenderen Menschen« vor denen sie sprechen könne, richtete von der Leyen in ihrer Rede in der Königlichen Militärakademie in Kopenhagen den Fokus auf die nächsten Schritte: Die »Verteidigungsausgaben« müssten steigen, dazu sollten auch private Geldgeber herangezogen werden. Es müsse ein »funktionierendes EU-weites Netz von Landkorridoren, Flug- und Seehäfen, die den schnellen Transport von Truppen und militärischem Gerät erleichtern«, geschaffen werden. Vor allem aber müsse die Ukraine weiter hochgerüstet und die Kampferfahrung des Landes müssten genutzt werden.
Was die Aufrüstung des osteuropäischen Landes angeht, hatte Kallas in den vergangenen Tagen Forderungen von bis zu 40 Milliarden Euro neuer Militärhilfen gestellt. Nachdem jedoch Spanien, Italien und Frankreich Zweifel äußerten, ruderte sie am Mittwoch zurück. Anstatt der 40 Milliarden für das laufende Jahr strebt sie nun eine Einigung auf Artilleriemunition im Wert von fünf Milliarden Euro an. Verhandlungen über die Höhe des neuen Militärpakets für die Ukraine und seine Details dürften den an diesem Donnerstag beginnenden zweitägigen EU-Gipfel bestimmen. Italien geht es dabei vor allem ums Finanzielle. Gleichzeitig steht Premierministerin Giorgia Meloni US-Präsident Donald Trump nahe. Der französische Präsident Emmanuel Macron hingegen versucht gemeinsam mit dem britischen Premier Keir Starmer eine »Koalition der Willigen« zu bilden, der vor allem europäische Staaten, aber auch die üblichen Verdächtigen Kanada, Australien und Neuseeland angehören sollen. Das Ziel des Zusammenschlusses: eine 10.000 Mann starke Truppe in die Ukraine zu schicken.
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