Träume vom Genozid
Von Dieter Reinisch, Wien
Er möchte bald in Gaza Golf spielen, »egal, ob euch das gefällt oder nicht«, ist in dem Video zu hören. Wer derart die jüngsten Pläne des US-Präsidenten Donald Trump aufgreift, ist vermutlich der ehemalige österreichische Honorarkonsul in den USA, Günter Wiehl-Volgger. Aufgenommen wurde der Clip bei einem Treffen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck am Donnerstag abend. Zu Besuch war dort der israelische Botschafter in Österreich, David Roet. Freitag abend wurde die Aufnahme jW zugespielt. Die Echtheit konnte verifiziert werden. Gefilmt wurde heimlich, der Filmer möchte anonym bleiben, wurde jW mitgeteilt. Auf dem X-Account der israelischen Botschaft ist ein Bild des Treffens veröffentlicht worden, auf dem Roet und 14 Teilnehmer zu sehen sind. Wiehl-Volgger hat auf seinem Linked-in-Account ein ähnliches Bild gepostet.
Nach dem Satz über das Golfspielen in Gaza ist auf dem zweiminütigen Video zu verfolgen, wie Roet zu den Anwesenden in englischer Sprache spricht: »Ich repräsentiere mit Stolz den Staat Israel.« Es gebe keine »unbeteiligten Personen« in Gaza: »Es sollte eine Todesstrafe für alle in Gaza geben, die während eines Kriegs eine Waffe in der Hand halten«, auch wenn »du 16 Jahre alt bist«. Die Todesstrafe solle auch gelten, wenn man »unter UN- – oder wie auch immer das genannt wird – Charta steht«, wie er seine offene Zurückweisung und Herablassung für internationale Organisationen ausdrückt. Zu europäischen Wiederaufbauplänen hat er eine klare Meinung: »Wenn Europa verrückt genug ist, Geld in Gaza zu investieren, dann müssen wir es halt das nächste Mal wieder zerstören.«
Auch über zukünftige Möglichkeiten zur Kontrolle von Gaza spricht Roet in dem Video: Wenn es keine Hamas mehr gebe, dann sei die Reihe »vielleicht an Trump, vielleicht an der Welt, vielleicht überzeugen wir andere, vielleicht die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien und europäische und amerikanische Kräfte, vielleicht finden wir eine interne palästinensische Führung, vielleicht wird diese die Palästinensische Nationalbehörde beinhalten«. Womöglich sind es aber auch Leute, die Gaza führen sollen, die nicht »Palästinenser genannt werden«. All diese Optionen seien vorhanden: »Tut also bitte alles, was ihr denkt, das notwendig ist.« Solange die Hamas in Gaza sei, werde es aber keine Lösung geben.
Am Ende des Videos betont Roet seine engen Beziehungen zum Bundeskanzler Christian Stocker von der konservativen ÖVP: »Ich habe die Whats-App des Kanzlers, und das bedeutet, dass wir die einzige Botschaft sind, die einzigen Diplomaten sind, die bisher Herrn Stocker getroffen haben.« Das Treffen zwischen dem Chef der neuen Regierung und der israelischen Botschaft sei auf Wunsch des Kanzlers zustande gekommen. Laut Roet habe dieser ihm versichert: »Ich, wir werden die Beziehungen mit Israel aufrechterhalten.« Wie Roet dem Boulevardblatt Kronenzeitung bereits erzählt habe, werde er sich demnächst mit den anderen Ministern treffen, um über Gaza zu sprechen, ist am Ende des Videos zu hören, an dem nur noch die Stimme zu vernehmen ist. Der Filmer hatte sich gedreht und Teilnehmer des Treffens gefilmt, dahinter ist eine Bücherwand zu erkennen.
Die Jüdisch-Antizionistische Initiative Österreich (JAIÖ), eine Gruppe von antizionistischen Juden, die solidarisch mit Palästina sind und im Juni einen jüdischen antizionistischen Kongress in Wien planen, hat das Video am Samstag abend auf Youtube und der Homepage der Palästina-Solidarität Österreich veröffentlicht. In einer Pressemitteilung schreibt die JAIÖ: »Die Videoaufnahme wurde zwei Tage, nachdem Israel die Waffenruhe am 18. März brach und es bereits zu über 700 Toten gekommen war, aufgenommen. Weder die anhaltenden Antikriegsproteste in Israel noch der Haftbefehl aus Den Haag noch die UN-Untersuchungen zum Völkermord noch das Urteil zur Apartheid kamen zur Sprache.« Während seines Besuchs in Innsbruck traf Roet auch Bürgermeister Johannes Anzengruber, den Landtagsvizepräsidenten Dominik Mainusch und die Rektorin der Universität, Veronika Sexl.
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