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Aus: Ausgabe vom 08.04.2025, Seite 5 / Inland
Rüstungsindustrie

»Full Shot« von Rheinmetall

Düsseldorfer Kriegskonzern übernimmt Produzenten von Treibladungen für Munition
Von Oliver Rast
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Bombenbastler am Werk: Rohlingsgeschosse am laufenden Band vor der Lackierung (Unterlüß, 6.6.2023)

Es ist ein weiterer Schritt, zivile Nutzung zu militarisieren. Am Montag verkündete der Düsseldorfer Kriegskonzern Rheinmetall die Übernahme der Hagedorn-NC GmbH mit Hauptsitz im niedersächsischen Osnabrück. Ein entsprechender Kaufvertrag werde geschlossen.

Das traditionsreiche Unternehmen mit seinen rund 90 Beschäftigten fertigt seit mehr als einhundert Jahren industrielles Zellulosenitrat – bisher für zivile Zwecke. Der Stoff aus Zellulose und Salpetersäure wird unter anderem in Lacken und Farben verarbeitet. Zellulosenitrat, auch als Schießbaumwolle bekannt, ist eine brennbare Verbindung, die ferner als energetischer Bestandteil von Treibladungspulvern für Munition aller Art verwendet werden kann. Darauf zielt der Zukauf von Rheinmetall.

Relevante Teile der Produktion würden nun auf »militärische Anwendungen« umgestellt – besonders, um Kapazitäten für die Fabrikation von Artilleriemunition zu erweitern. »Die Übernahme hilft uns dabei, einen strategischen Engpass bei der Treibladungsherstellung zu schließen«, wurde Rheinmetall-Boss Armin Papperger in der Mitteilung zitiert. Der Konzern sichere sich mit dem neuen Unternehmenserwerb »den Zugang zu einer wichtigen Rohstoffquelle«. Zudem setze die Waffenschmiede vom Rhein »bei der Munitionsfertigung den Fokus auf die gesamte Wertschöpfungskette«.

Schon jetzt produziert Rheinmetall Zellulosenitrat an drei Standorten: Wimmis (Schweiz), Murcia (Spanien), Wellington (Südafrika). Mit der Übernahme von Hagedorn in Osnabrück als viertem Produktionsort bauen die Rheinmetaller ihre Position als einer der weltweit führenden Hersteller von Mittel- und Großkalibermunition weiter aus. Eine langfristige und unabhängige Versorgung »mit essentiellen Komponenten für die Produktion« sei damit gesichert worden.

Verwundbar ist Rheinmetall dennoch. Zumindest auf dem Börsenparkett. Die Aktie rauschte am »Panic Monday« zum Handelsauftakt rund zwanzig Prozentpunkte nach unten, berichtete die Wirtschaftswoche am Montag online. Im Verlauf des Wertpapierzockens verringerte sich der Kurssturz. Der Anteilsschein blieb aber größter Verlierer im deutschen Leitindex Dax und zweistellig im Minus.

Und das, obwohl am vergangenen Freitag das Bundeskartellamt olivgrünes Licht für das deutsch-französische Joint Venture von Rheinmetall, KNDS und Thales gegeben hatte. Ziel des Kriegsprojektes namens Main Ground Combat System (MGCS) ist es, ab 2040 einen neuen Kampfpanzer vom Band rollen zu lassen; einen, der den Leopard 2 und den Leclerc ablösen soll.

Zunächst bietet das »Systemhaus Rheinmetall« aber eigenen Angaben zufolge den »Full Shot«. Alles aus einer Hand: Geschoss, Zünder, Sprengladung – und nicht zuletzt die Treibladung.

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