Blockade gegen Zementkonzern
Von Ben Francke
An diesem Freitag geht das »End Cement«-Protestcamp in Heidelberg zu Ende. Aktivisten der Umwelt- und Klimabewegung waren nicht für das Musikfestival »Heidelberger Frühling« gekommen, sondern hatten den langjährigen Sponsor des Kulturstadtfestes, den Baustoffkonzern Heidelberg Materials (HM), ehemals Heidelberg Zement, im Blick. Denn direkt am Neckar betreibt dieser seine Unternehmenszentrale. Der Konzern ist ein Global Player im Zementgeschäft, einer Branche mit katastrophaler CO2-Bilanz. HM macht unter anderem in Togo, Indonesien, Palästina und der Westsahara Geschäfte und begünstigt dort Umweltzerstörung, Unterdrückung und Besatzung. Am Montag hatten Aktivisten von »End Cement« daher die Werkszufahrt über einen ganzen Arbeitstag lang blockiert.
Die Organisation Western Sahara Resource Watch (WSRW) hatte auf dem Camp über die Geschäfte des Baustoffkonzerns aufgeklärt. Obwohl HM-Tochter Ciments du Maroc zwei Mahlwerke in den besetzten Gebieten betreibt, behaupte der Konzern, keine selbstabgebauten Rohstoffe aus der Westsahara zu verarbeiten, erklärten zwei Aktivistinnen gegenüber junge Welt. »Doch allein das Wirtschaften in diesem Gebiet verleiht der Besatzung Legitimität und verhindert eine politische Lösung, die den Saharauis ihr Selbstbestimmungsrecht einräumen würde.« Im Jahr 2022 produzierte der Konzern WSRW zufolge einen Rekordwert von 896.000 Tonnen Zement im von Marokko besetzten Gebiet.
HM hatte auf eine Anfrage der Kritischen Aktionäre hin auf seiner Hauptversammlung 2022 erklärt, ein Großteil des produzierten Zements sei nicht exportiert worden. Der Baustoff sei vielmehr für den lokalen Markt bestimmt. Wenn dem so ist, könnte der Zement beim Bau eines neuen Hafens in Laâyoune und einer Phosphatverarbeitungsanlage verarbeitet worden sein. Die Häfen Dakhla und Laâyoune sind ein wichtiger Teil der wirtschaftlichen Infrastruktur der marokkanischen Besatzung und ein Drehkreuz für den Transport der Ressourcen aus der Westsahara durch Marokko. Sie sind außerdem Teil der nationalen Hafenstrategie Marokkos.
Auch ein im Camp-Workshop gezeigter Film, der Szenen aus den Archiven der Frente Polisario sowie heimlich gedrehte Aufnahmen aus den besetzten Gebieten enthielt, hob die Bedeutung der Ressourcen in der Westsahara hervor. Denn auch Fischfangabkommen zwischen Marokko und der EU sind ein wichtiger Teil der Ausbeutungsinfrastruktur vor Ort. Der Europäische Gerichtshof hatte das Abkommen zwischen der EU und Marokko erst im Oktober 2024 für nichtig erklärt, da es »unter Verstoß gegen die Grundsätze der Selbstbestimmung« erzielt worden war; der Handel mit Ressourcen aus der Westsahara dürfe nur mit Zustimmung und Beteiligung der Saharauis erfolgen.
Ein Sprecher von Heidelberg Materials bezifferte den Schaden durch die Blockaden gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung auf den »sechsstelligen Bereich«. Auf eine Einladung zum Dialog mit den Aktivisten hatte der Konzern am Montag mit einem offenen Brief geantwortet, der auf das »ehrgeizigste Dekarbonisierungsziel unserer Industrie« verwies. Grundsätzlich sei man an einer Klimadebatte interessiert, sehe aber durch die »nicht gesetzeskonformen Protestaktionen« der ›End Cement‹-Aktivisten »keine Basis für einen konstruktiven Austausch« und betrachte sie als »völlig unangemessen« gegenüber dem Publikum des »Heidelberger Frühlings«.
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