Kapitulation oder Krieg
Von Knut Mellenthin
Unter welchen Umständen Irans Außenminister Abbas Araghtschi und Donald Trumps Sonderbotschafter für den Nahen Osten, Steve Witkoff, am Sonnabend in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, miteinander kommunizieren werden, steht immer noch nicht fest. Selbst eine Absage in letzter Stunde ist nicht ausgeschlossen.
Aber es scheint inzwischen eindeutig, wie der »Deal« aussieht, den der US-Präsident der Gegenseite mit dem gewichtigen Argument aufzwingen will, dass ihre einzige Alternative zur Kapitulation in »militärischen Optionen« bestehe, deren Folgen »sehr, sehr schlimm für Iran« würden. Die Trump-Administration will die Demontage des iranischen Atomprogramms durchsetzen. Nur das von russischen Unternehmen gebaute Atomkraftwerk Buschehr dürfe weiterlaufen, aber alles übrige müsse »vollständig abgebaut« werden, soll Trump zu Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gesagt haben, der ihn am Montag im Weißen Haus besuchte. So berichtete es die Jerusalem Post am Dienstag unter Berufung auf »eine Quelle, die mit den Details der Diskussion vertraut ist«. Am Donnerstag behauptete das Blatt, Netanjahu habe die Minister seines Sicherheitskabinetts informiert, dass Trump weitgehend mit der »israelischen Position zur Demontage des iranischen Atomprogramms« übereinstimme. Netanjahu habe den Ministern außerdem mitgeteilt, dass der US-Präsident eine »klare Deadline für das Erreichen einer Vereinbarung« festgelegt habe und nicht hinnehmen werde, »dass sich der Prozess in die Länge zieht«. Von einem Ultimatum an den Iran war auch schon früher die Rede. Seine Dauer wird mit 60 Tagen angegeben, die ab Sonnabend gerechnet werden.
Seine eigene Position hatte Netanjahu nach der Begegnung in Washington öffentlich dargelegt: Ein »Deal« mit dem Iran müsse sich am Beispiel Libyen orientieren: »Wir gehen rein, sprengen die Anlagen und bauen alle Einrichtungen unter amerikanischer Aufsicht und Leitung ab.« Das libysche Außenministerium hatte am 19. Dezember 2003 den vollständigen Verzicht auf die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen bekanntgegeben und damit zum ersten Mal offiziell eingestanden, dass es Arbeiten auf diesem Gebiet gab. Vorangegangen waren seit März 2003 intensive Geheimverhandlungen mit den USA und Großbritannien. Neben Rohstoffen und Baumaterial für Chemiewaffen wurde im Januar 2004 das gesamte Atomprogramm des Landes zerlegt und in die USA geflogen. Schon damals hoben US-Politiker öffentlich hervor, dass dieses Vorgehen auch ein Modell für die Behandlung anderer Länder sei.
Von einer ähnlichen Vereinbarung mit dem Iran könne die US-Regierung »nur träumen«, konterte Außenminister Araghtschi. Es falle schwer, sich vorzustellen, dass Trump »ein weiterer US-Präsident werden will, der in einem katastrophalen Krieg im Nahen Osten versackt – ein Konflikt, der sich schnell über die ganze Region ausbreiten und exponentiell mehr kosten würde als die Billionen Dollar der Steuerzahler, die seine Vorgänger in Afghanistan und im Irak verbrannt haben«.
Ob vorstellbar oder nicht: Das Pentagon hat im März mindestens sechs Langstreckenbomber vom Typ B-2 auf den Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean geschickt, den sich die USA mit Großbritannien teilen. Die Insel liegt weit außerhalb der Reichweite aller iranischen Raketen. Die B-2 kann die schwersten verfügbaren Bomben transportieren, die für das Zerstören von Anlagen in unterirdischen Bunkern erforderlich wären. Experten machen darauf aufmerksam, dass die U. S. Air Force nur 20 Flugzeuge dieses Typs besitzt. Die Verlegung von sechs B-2 sei daher als schwerwiegend zu werten. Nur mit der Bombenkampagne gegen Jemen, die Trump seit März führen lässt, sei diese Stationierung nicht zu erklären. Ungefähr am Sonnabend wird außerdem der Flugzeugträger »Carl Vinson« in der Region eintreffen, so dass die US-Marine dort mit zwei Kampfgruppen präsent ist.
In einer früheren Version des Artikels hieß es fälschlicherweise »B-20«-Bomber und dass der Stützpunkt Diego Garcia im Pazifik liege.
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