Auch Spanien rüstet auf
Von Carmela Negrete
»Ich kündige an, dass Spanien mit dem heute vorgestellten Plan im Jahr 2025 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sicherheit und Verteidigung aufwenden wird«, hat Ministerpräsident Pedro Sánchez von der sozialdemokratischen Partei PSOE am Dienstag gesagt. Konkret soll das Land noch in diesem Jahr knapp 10,5 Milliarden Euro zusätzlich für das Militär ausgeben, was einer Steigerung von rund 50 Prozent entspricht.
Damit würde Spanien – das im Gegensatz zu Portugal erst nach dem Fall der Diktatur im Land der NATO beitrat – das bisherige Ziel der Allianz erfüllen, dass alle Mitgliedstaaten zwei Prozent ihres BIPs für Verteidigungsausgaben aufwenden. 2014 hatte die damalige konservative Regierung unter Mariano Rajoy mit der NATO vereinbart, die Militärausgaben bis 2029 auf zwei Prozent des BIPs zu steigern. Mit dem nun von Sánchez angekündigten Plan würde die Marke bereits in diesem Jahr geknackt werden. NATO-Generalsekretär Mark Rutte erklärte bei X, dass er mit Sánchez gesprochen habe und die Entscheidung begrüße, das Militärbündnis »stärker, fairer und tödlicher« zu machen.
Das linke Bündnis Sumar, das gemeinsam mit der PSOE und der Unterstützung katalanischer und baskischer Regionalparteien die Regierung bildet, hat derweil ihren Unmut über Sánchez’ Entscheidung kundgetan, die nicht abgesprochen gewesen sei. »Es ist weder mit der notwendigen Genauigkeit bekannt, wofür die Ausgaben, deren Genehmigung angestrebt wird, tatsächlich verwendet werden sollen, noch ob sie den identifizierten Bedürfnissen in Bezug auf die auszubauenden Fähigkeiten und die Sicherstellung strategischer Autonomie entsprechen«, erklärte dazu Arbeitsministerin, Vizepräsidentin und Vorsitzende des Sumar-Bündnisses, Yolanda Díaz. Zugleich hatten sich sie und ihre Koalition nicht per se gegen die Steigerung der Militärausgaben gestellt. Man müsse eine »Bedarfsanalyse durchführen«, bevor man entscheide, soll Sumar in einem Dokument festgeschrieben haben, über das die Tageszeitung El Diario am Dienstag berichtete. Das Bündnis betont, dass es die Aufrüstungspläne der EU ablehnt und sich dafür einsetzen will, dass die Ausgaben nicht zu Kürzungen in anderen Bereichen führen – was jedoch mehr als fraglich erscheint.
Die Vereinigte Linke (Izquierda Unida, IU), zu der auch die kommunistischen Partei PCE gehört, ist immer noch Teil von Sumar. Deren Generalkoordinator Antonio Maíllo bewertete Sánchez’ Vorstoß bei X als »eine Entscheidung, die nicht gemeinsam beraten wurde, die in letzter Minute eingeführt wurde und dem Geist des Regierungsabkommens widerspricht« – zudem sei sie in keiner programmatischen Vereinbarung enthalten. Das ist nicht der einzige Punkt, in dem sich das Sumar-Bündnis uneins ist. Im Hinblick auf den Kauf von Waffen aus Israel herrscht ebenfalls Zoff zwischen der IU und dem Rest des Bündnisses. Die Regierung hat den Erwerb von Munition im Wert von 6,6 Millionen Euro von einer israelischen Firma besiegelt, obwohl sie angekündigt hatte, den Auftrag zu stornieren. Laut der Tageszeitung El Pais soll die IU deswegen mit dem Ausstieg aus der Regierung gedroht haben.
Die linke Partei Podemos, die 2023 unter anderem wegen Waffenlieferungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine aus der Regierung und dem Sumar-Bündnis ausgestiegen war, kritisierte die Entscheidung scharf. Es sei die »größte Erhöhung von Militärausgaben« der jüngsten Geschichte Spaniens und Sánchez führe eine »Regierung des Krieges« an. Außerdem sei die Regierung »Komplize des Genozids« in Gaza – nicht nur wegen des Waffendeals, sondern auch, weil der Hafen in Algeciras unverzichtbarer logistischer Knotenpunkt für die US-Waffenlieferungen an Israel sei. Podemos glaubt nicht, dass man gleichzeitig aufrüsten und soziale Kürzungen verhindern kann: »Pedro Sánchez wird das Geld, das eigentlich für Wohnungsbau, Gesundheit und Bildung vorgesehen ist, für Waffen und Verteidigung ausgeben«, sagte die Parteichefin Ione Belarra auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.
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