In der vergangenen Nacht nahm die Polizei nach eigenen Angaben im Einsatzraum Bad Doberan rund 300 Personen in Gewahrsam. Davon seien 100 in den frühen Morgenstunden infolge der Blockade der Bundesstraße B 105 in Höhe Bartenshagen in Gewahrsam genommen worden, teilte die Polizeisondereinheit Kavala mit. Polizeiführer Knut Abramowski setze »weiterhin« auf die Strategie der Deeskalation. »Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Wahl des mildesten Mittel werden uns weiterhin bei diesem Einsatz leiten«, versprach Abramowski.
Der westliche Kontrollpunkt bei Kühlungsborn am Sicherheitszaun um den G8-Tagungsort Heiligendamm wird nach jW-Informationen zur Stunde von rund 2000 Menschen blockiert. Obwohl die Polizei Wasserwerfer und Pfefferspray einsetze, sei die Stimmung bei den Demonstranten überwiegend gut, berichteten Teilnehmer junge Welt. Einige Demonstranten seien jedoch durch Pfefferspray und den scharfen Strahl der Wasserwerfer verletzt worden, der sie mitten im Gesicht getroffen habe. Die Demo-Sanitäter leisteten hervorragende Arbeit, könnten aber die Verletzten derzeit nicht beziffern.
Berlin. Die Links-Fraktion im Bundestag hat den Einsatz von gepanzerten Bundeswehrfahrzeugen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel als grundgesetzwidrig bezeichnet. Diese militärische Präsenz erinnere an bürgerkriegsähnliche Zustände und sei vom Grundgesetz nicht gedeckt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Ulrich Maurer. Er fügte hinzu: »Mit militärischen Mitteln wird eine Drohkulisse aufgebaut, unter der die Grundrechte verkümmern.«
Die Bundeswehr ist zur Sicherung des G8-Gipfels mit 1 100 Soldaten und Mitarbeitern im Einsatz. Für Transporte wurden sechs so genannte Verbindungsboote und mehrere Hubschrauber bereit gestellt. Zur Überwachung des Ostseebades werden Panzerspähwagen vom Typ Fennek und eine Fregatte eingesetzt. Die Luftwaffe kontrolliert das Geschehen am Himmel. Außerdem sind zwei Minenjagdboote im Einsatz. (ddp/jW)
Rostock. Bei einer erneuten Straßenblockade in der Nähe des G-8-Gipfels in Heiligendamm sind heute morgen rund hundert Menschen vorübergehend festgenommen worden. Die Aktion fand auf der B 105 bei Bad Doberan statt, wie die Polizei in Rostock mitteilte. 200 weitere Festnahmen hatte es demnach schon zuvor im Zuge der nächtlichen Blockadeaktionen am Sicherheitszaun in Heiligendamm gegeben. Die Sicherheitskräfte stellten sich auf weitere Aktionen der Globalisierungsgegner ein. Es sei mit Massenblockaden zu rechnen, sagte ein Polizeisprecher. Gewaltbereite Demonstranten wollten sich demnach unter anderem mit Kartoffeln bewaffnen, die mit Nägeln gespickt sind, phantasierte er.
Dagegen machten die Organisatoren der seit Mittwoch andauernden Blockaden am Sicherheitszaun deutlich, daß sie ihre Aktionen nicht im größeren Stil ausweiten wollten. Christoph Kleine von der Initiative G8 Block wertete die fortdauernde Blockadeaktion im Gespräch mit Journalisten in Rostock als Erfolg und fügte hinzu: «Das ist nicht mehr zu toppen. Den Erfolg von gestern kann uns niemand mehr nehmen.» Die Initiatoren der Blockaden würden nun schauen, wie lange die Kräfte noch reichten, «und dann eine verantwortliche Entscheidung treffen». (AFP/jW)
Rostock - Nach jW-Informationen findet zur Stunde eine Mahnwache vor dem Polizeirevier Ulmenstraße nahe des S-Bahnhofs Parkstraße in Rostock statt, wo 60 festgenommene G8-Gegner untergebracht sein sollen. Für deren Freilassung hätten sich rund zehn Menschen zu einer Mahnwache versammelt, berichtete eine Teilnehmerin.
Heiligendamm. Die gestern erfolgreich blockierte Dampfeisenbahn »Molli« hat heute wie geplant Journalisten vom G-8-Medienzentrum in Kühlungsborn zum Gipfelort Heiligendamm und zurück gebracht. Bis zum Vormittag dampfte »Molli« problemlos zwischen beiden Orten. Am Mittwoch hatten Demonstranten zeitweilig die Strecke blockiert. Medienvertreter wurden daher mit Barkassen der Bundeswehr über den Seeweg transportiert. (ddp/jW)
Rostock - Organisatoren der Gipfelproteste werfen der Polizei den Einsatz von Zivilbeamten zur gezielten Provokation von Krawallen vor. Mehrere Demonstranten berichteten von einem Polizisten in Zivil, der am Mittwoch Blockierer zu Straftaten habe anstacheln wollen. Der Mann sei von Demonstrationsteilnehmern aus Bremen als Bremer Polizist identifiziert worden, sagte Henning Obens von der Blockadegruppe Block G8.
Fünferbande in schwarz
»Er gehörte zu einer Gruppe von fünf Leuten«, berichtete Obens in Rostock über den Vorfall, der sich am Blockadepunkt Rennbahn ereignete. Sprecher der Polizeisondereinheit Kavala wollten dies auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. Obens kündigte daraufhin an, Fotos des Mannes zu veröffentlichen, falls die Polizei den Vorfall nicht bestätige.
Laut Obens waren die fünf Männer in schwarz gekleidet und trugen Kapuzenpullover. Sie hätten versucht, eine Gruppe von tschechischen Autonomen aufzustacheln. Daraufhin seien die Männer von anderen Demonstranten zur Rede gestellt worden.
Mitdemonstranten plötzlich gesiezt
Während vier von ihnen flüchten konnten, sei ein Mann umringt worden. »Wir haben ihn aufgefordert, sich auszuweisen oder zu sagen, von wo er kommt«, sagte Obens. Daraufhin habe der Mann die übrigen Demonstranten nur noch mit »Sie« angesprochen und jede Auskunft verweigert. Als der mutmaßliche Zivilpolizist beharrlich alle Angaben verweigerte, sei er zu Polizeikette geführt worden und dort einer Festnahmeeinheit übergeben worden. Ein anderer mutmaßlicher Zivilpolizist aus der Gruppe sei schon vorher durch die Polizeikette verschwunden, sagte Obens.
Kühlungsborn. Die Umweltorganisation Greenpeace ist am Donnerstag mit zwei Schlauchbooten in die Sicherheitszone um den G-8-Gipfel in Heiligendamm eingedrungen. Die Boote vor der Ostseeküste von Kühlungsborn wurden von mehreren Polizeischiffen verfolgt und zum Stoppen gezwungen. Die Greenpeace-Besatzung präsentierte ein Plakat mit der Aufschrift »G 8 - Act now« (»G-8 - handele jetzt«»), wie auf live gesendeten Hubschrauberbildern des Senders n-tv zu sehen war.
Nach Angaben einer Greenpeace-Sprecherin zielte die Aktion auf die Verhandlungen der G-8 über den Klimaschutz ab, die für die zweite Arbeitssitzung in Heiligendamm am Nachmittag vorgesehen waren. In Kühlungsborn ist das Pressezentrum des G-8-Gipfels. Das Ostseebad ist etwa fünf Kilometer von Heiligendamm entfernt.
Die Polizei hatte am Mittwoch außerhalb des Sperrgebietes von Heiligendamm ein Schiff der Umweltschutzorganisation Greenpeace aufgebracht und mehrere Schlauchboote fahruntüchtig gemacht. Außerdem beschlagnahmten die Polizisten einen Heißluftballon an Bord. Nach Angaben der Organisation blieb nur ein Schlauchboot an Bord der »Arctic Sunrise« fahrtüchtig.
Rund 1000 Demonstranten haben nach Polizeiangaben über Nacht die Blockadeaktionen am Tagungsort des G8-Gipfels in Heiligendamm fortgesetzt. Die Organisatoren sprachen von insgesamt 2000 Menschen, die an der Kontrollstelle Rennbahn am Sicherheitszaun und in der Nähe des Ortes Börgerende verharrten. Im Laufe des Vormittags sei die Teilnehmerzahl der Blockaden wieder erheblich gewachsen. Die zweite Kontrollstelle Hinter Bollhagen, die am Mittwoch ebenfalls zeitweise gesperrt war, ist Polizeiangaben zufolge wieder frei. Auch die Molli-Bahn, mit der die Journalisten zum Tagungsort gebracht werden, nahm nach einer Unterbrechung vom Mittwoch wieder den Verkehr auf.
Mindestens zwei Schlauchboote der Umweltorganisation »Greenpeace« sind am späten Vormittag in die Sperrzone vor Heiligendamm eingedrungen.
Polizeiboote drängten sie zunächst in Richtung Kühlungsborn ab. Eines der Schlauchboote soll nach Informationen des Nachrichtensenders n-tv dabei gekentert sein. Ein weiteres Boot wurde von Bundesmarine und Hubschraubern gejagt. Mindestens vier der Greenpeace-Aktivisten landeten vorübergehend im Wasser, sollen aber unverletzt sein.
Nach Aussage eines Greenpeace-Sprechers wollten die Aktivisten den G8-Regierungschefs in Heiligendamm eine Petition mit einem Aufruf zum Klimaschutz überreichen. Das Boulevardblatt Bild beklagte auf der heutigen Titelseite riesige Löcher im Unterwasser-Sperrzaun. Ob ein Zusammenhang besteht, ist nicht geklärt.
Der Koordinierungskreis der G8-Proteste schätzt den bisherigen Verlauf der Blockaden als einen vollen Erfolg ein. An zwei Stellen wurden die Blockaden auch in der Nacht fortgesetzt, berichteten die Protest-Organisatoren auf einer Pressekonferenz heute morgen. Laut Anwaltlichem Notdienst kam es während der gestrigen Aktionen zu etwa 200 sogenannten Ingewahrsamnahmen. Anwälte wurden - vor laufenden Kameras - von Polizei massiv behindert und nicht zu den Gefangenen in der Gefangenensammelstelle vorgelassen. Thema der Informationsveranstaltung war auch ein intarnter Bremer Polizeiprovokateur. Dieser hatte mit einer Gruppe von vier weiteren Zivilpolizisten, die mit schwarzen Kapuzenpullis und Käppis auftraten, versucht, wirkliche Demonstranten zum Aufnehmen und Werfen von Steinen zu animieren. Er konnte von Blockadeteilnehmern überwältigt und festgehalten werden und wurde seinen Kollegen in den Polizeiketten übergeben. Zur Sprache kamen ebenso die zahlreichen Falschmeldungen der Polizei, die von der Presseagentur dpa ungeprüft weiterverbreitet worden seien.
Gegen die fortdauernden Schikanen von Camp-Teilnehmern durch die Polizei wendet sich die Fraktion DIE LINKE. Im Camp Wichmannsdorf, daß unter dem Motto "Campen für eine gerechte und ökologische Welt von unten" als Dauerversammlung angemeldet ist, würden die Bewohner immer wieder mit schikanösen Kontrollen, Durchsuchungen und Platzverweisen drangsaliert. Insgesamt seien in den letzten Tagen rund um das Camp 1.500 polizeiliche Maßnahmen durchgeführt worden - bei 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es dränge sich der Eindruck auf, erklärte die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. und Anmelderin des Camps in Wichmannsdorf, daß es sich um »eine systematische vorgelagerte Repression« handele, mit der den Betroffenen »das Gefühl vermittelt werden soll, einer illegalen Aktion beizuwohnen«. Der Protest gegen die G8 sei legitim. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist »rund um Heiligendamm zur Farce verkommen«, schätzt Heike Hänsel ein.
...auch wir machen erst mal dicht. Am Donnerstag ab 10 Uhr wird der
Newsticker jW G8 spezial mit aktuellen Meldungen, Berichten unserer
Reporter, Interviews und Kommentaren fortgesetzt.
Eindrücke von Blockierern und Blockierten. Aktionen mit Zaunblick rund um Heiligendamm. Von unserem Bildreporter Christian Ditsch/Version sowie AP-Fotografen.
Nach Information des anwaltlichen Notdienstes wurde der unter anderem für den Stern tätige Fotoreporter Daniel Rosenthal heute morgen während einer Blockadeaktion bei Börgerende von der Polizei festgenommen.
Nach rund zehn Stunden sei er nun wieder auf freiem Fuß, warte aber noch auf die Herausgabe seiner Fotoausrüstung, wie der Notdienst jW mitteilte.
Die Polizei warf dem offiziell für den G8-Gipfel akkreditierten Bildjournalisten Anstiftung zu schwerem Landfriedensbruch und Teilnahme an Sitzblockaden vor. Den Vorwurf der Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch konstruierte die Polizei nach Aussage seines Rechtsanwalts Lars Nümann daraus, daß Rosenthal in der Nähe des schwarzen Blocks fotografiert und dabei zum Selbstschutz einen Helm getragen habe. Die Polizei verdächtigte ihn offenbar, zu Zwecken des Sensationsjournalismus Autonome zu weiteren Steinwürfen aufgefordert zu haben.
In den Presseveröffentlichungen der Polizei wurde zum ersten Mal gegen 18 Uhr der Blockade an der Rennbahn unterstellt, Demonstranten würden sich u.a. mit Molotow-Coctails bewaffnen. Die Pressesprecher von »Block G 8« dementieren aufs Schärfste diese offensichtlich gezielt verbreitete Falschmeldung. »Bestätigt wird unsere Darstellung von diversen Journalisten, die vor Ort das Geschehen miterlebt haben«, so »Block G 8«. Richtig sei vielmehr, daß bei der Blockade an der Rennbahn am Osttor ein zeitweise vermummter Zivilbeamter enttarnt wurde, der Demonstranten vorher aufgefordert hatte, sowohl Steine zu werfen als auch den Zaun zu beschädigen. Weiterhin meldete die Polizei die Auflösung mehrerer Blockaden unter anderem in Börgerende. »Dies ist falsch«, so »Bock G 8«. Tatsächlich würden Teilnehmer von »Block G 8« seit 14 Uhr die Zugangsstraße nach Heiligendamm in Börgerende blockieren. »Dort sind zur Stunde noch immer 1.500 Blockierer auf der Straße.« Auch die Blockade an der Rennbahn beim Osttor ist seit 11.30 Uhr blockiert. Noch befinden sich etwa 2.000 Menschen dort auf der Straße und bereiten sich auf die Nacht vor. Die Kampagne »Block G 8« will morgen früh ausführlich auf der Pressekonferenz im Pressezelt Stadthafen über die Desinformation der Polizei informieren, appelliert aber schon jetzt: »Wir fordern alle Medien auf, sich nicht auf ungeprüfte Meldungen der Polizei zu verlassen.« (jW)
Wie der Sender n-tv berichtete, haben Demonstrationsteilnehmer am Blockadepunkt Galopprennbahn einen mutmaßlichen Polizeiprovokateur zur Rede gestellt und ihn aufgefordert, sich auszuweisen. Als der Mann der Forderung nicht nachkam, hätten die Demonstranten angefangen, ihn zu verprügeln. Er sei dann von Kräften des anwaltlichen Notdienstes aus der Notlage befreit und zur Linie der Polizisten gebracht worden, die ihn in ihre Reihen gezogen hätten. Wie ein Sprecher des Notdienstes bestätigte, hatten mehrere Demonstranten den Mann in szenetypischer Kleidung als Polizisten erkannt. Einer n-tv-Reporterin berichteten Demonstrationsteilnehmer, er wäre wie »ein gewaltbereiter Autonomer« gekleidet gewesen, und er habe zu Gewalttaten aufstacheln wollen. 2000 Demonstranten halten sich noch in Zaunnähe am östlichen Zugang zum G8-Tagungort Heiligendamm auf.
Während Blockadeaktivisten rund um Heiligendamm von der Polizei ausgehungert werden, haben sich die Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten am Abend außerhalb des zwölf Kilometer langen Sicherheitszaunes gewagt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Ehegatte Joachim Sauer hatten die Gipfelgäste und ihre Partner auf das Gut Hohen Luckow 25 Kilometer von Heiligendamm entfernt geladen. Musik von Bach, Beethoven und Mendelssohn-Bartholdy sowie ein Dinner im ehemals volkseigenen Rittersaal wurden den Gästen geboten. Laut ddp war es rund um den 300-Seelen-Ort ruhig, »von Demonstranten keine Spur«.
Bad Doberan - Die Polizei hat nach eigenen Angaben drei Blockaden rund um Heiligendamm aufgelöst. Die Beamten hätten nach 18.00 Uhr geräumt, weil die Straßen befahren werden müßten, um die Einsatzkräfte zu bewegen, sagte Polizeisprecher Reinhard Höing bei Bad Doberan auf Anfrage der Nachrichtenagentur ddp. Nur dann könnten sie ihrem Schutzauftrag für den G8-Gipfel nachkommen. Die Polizei verfolge jedoch trotzdem eine Deeskalationsstrategie und habe deswegen die Blockaden so lange geduldet. Nach Angaben Höings ist es aufgrund der Länge des Sicherheitszaunes gar nicht möglich, das Gelände komplett abzusperren und vor Demonstranten zu schützen. Am Mittwoch beteiligten sich nach Polizeiangaben zwischen 6000 und 8000 Menschen an den Protesten.
Bad Doberan. Die Lage am G-8-Sicherheitszaun hat sich am Abend wieder zugespitzt. Hunderte Demonstranten stürmten auf den Sicherheitszaun zu und rissen auf rund 200 Metern Maschendraht ab. Es ertönten Rufe: «Der Zaun muss weg». Insgesamt befanden sich bis zu 7.000 Teilnehmer bei einer Sitzblockade nahe des östlichen Kontrollpunkts im Sicherheitszaun. Die Polizei behauptet, mehrere Demonstranten hätten sich mit Molotow-Cocktails bewaffnet und Steine in die Hand genommen. (AP/jW)