Deutsche Autobauer werden Nachzügler
Von Wolfgang PomrehnDie Automobilindustrie gerät in der EU mehr und mehr ins Schlingern. Neueste Zahlen zeigen, dass der Pkw-Absatz regelrecht eingebrochen ist. Im August lag die Zahl der Neuzulassungen 18,3 Prozent niedriger als im August 2023, teilt der Verband der europäischen Automobilhersteller ACEA mit. Mit einem Minus von 27,8 Prozent war der Rückgang hierzulande besonders drastisch. Auch in Frankreich ging er mit annähernd 25 Prozent überdurchschnittlich zurück. Aufs Jahr gerechnet gibt es allerdings bisher EU-weit noch ein leichtes Absatzplus, während in Frankreich und Deutschland die Märkte stagnieren. Ob die Augustzahlen einen vorübergehenden Einbruch darstellen oder eine grundsätzliche Absatzkrise markieren, ist noch offen.
In absoluten Zahlen ging die Zahl der Neuzulassungen in der EU binnen Jahresfrist um rund 144.000 zurück. Immerhin die Hälfte dieses Minus entfällt auf den Sektor batteriebetriebener Elektroautos. Im vergangenen Jahr hatte ihr Marktanteil noch bei 21 Prozent gelegen, im August 2024 betrug er nur noch 14,4 Prozent. Dabei gelten E-Autos eigentlich als die Zukunft der Branche, denn auf dem mit Abstand weltweit größten Automarkt, in China, hält ihr Siegeszug weiter an. Dort betrug im August der Anteil der reinen Elektroautos bereits 30 Prozent am Absatz der Industrie und der der hybriden Fahrzeuge weitere 18 Prozent. Letztere haben sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor.
Es sieht also ganz danach aus, als könnten die hiesigen Hersteller den Anschluss verlieren. Das gilt insbesondere für die deutsche Industrie, der der Heimatmarkt gerade abhandenkommt. Hierzulande ging der Absatz von E-Autos um fast 70 Prozent zurück. Beim deutschen Herstellerverband VDA sieht man allerdings vor allem einen statistischen Effekt. Im August 2023 sei die Zulassungszahl der E-Autos »stark erhöht« gewesen, weil zum Monatsende ein Umweltbonus auslief. Doch dieser Sondereffekt kann offenbar nicht alles erklären. Der VDA geht in seiner Jahresprognose für 2023 inzwischen davon aus, dass die Neuzulassung reiner Elektroautos um 25 Prozent zurückgehen, die der sogenannten Plug-in-Hybride jedoch um fünf Prozent zunehmen wird.
Letztere sind als steuerlich begünstigte Firmenwagen beliebt und können sowohl mit einer aufladbaren Batterie als auch mit einem Verbrennungsmotor gefahren werden. Umweltschutzorganisationen haben in der Vergangenheit jedoch darauf hingewiesen, dass diese Fahrzeuge meist mit Kraftstoff betrieben werden und die Batterie kaum oder gar nicht zum Einsatz kommt. Wegen des durch die doppelten Motoren höheren Gewichts haben sie aber einen höheren Verbrauch und sind daher für die Umwelt noch schädlicher als konventionelle Pkw.
Die Ursachen für die abnehmende Beliebtheit der reinen Batteriefahrzeuge könnten unter anderem auf den zum Jahresbeginn ausgelaufenen »Umweltbonus« zurückgehen. Die Bundesregierung hatte das Vergünstigungsprogramm zur Anschaffung von E-Fahrzeugen auslaufen lassen. Das auf EU-Ebene bereits beschlossene Aus für Autos mit Verbrennermotoren ab 2035 sorgt ebenso für Verunsicherung in der Branche wie die ab 2025 geltenden Flottengrenzwerte zum CO2-Ausstoß. Der ACEA hatte erst am Wochenende vor »unnötigen Produktionskürzungen, Arbeitsplatzverlusten und einer geschwächten europäischen Liefer- und Wertschöpfungskette« gewarnt.
Dem Aus für Verbrenner entsprechend hatte der VDA im August gefordert, ab 2045 ein Verkaufsverbot für Diesel und Benzin aus Erdöl einzuführen. Allerdings will der Verband nicht ganz von der alten Technologie lassen und hält am Verbrennungsmotor fest. Nur soll dieser künftig mit Kraftstoffen betrieben werden, die entweder aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen oder mit Hilfe von Strom als sogenannte E-Fuels synthetisiert werden. Wegen der absehbaren Knappheit dieser Kraftstoffe und ihrem vermutlich entsprechend hohen Preis wird das allerdings eher eine Luxuslösung sein, die für das Gros der heute auf deutschen Straßen herumstehenden Autoflotte nicht in Frage kommt.
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