Treueschwüre in Ramstein
Von Arnold SchölzelElf Tage vor dem Ende seiner Amtszeit trommelte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Donnerstag im deutschen Ramstein zum 25. Mal alle zusammen, die sich der Kriegsverlängerung in der Ukraine verschworen haben. Es erschienen u. a. NATO-Generalsekretär Mark Rutte, die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Austin gab zu Beginn vor: »Die Ukraine ist für uns alle wichtig.« Und: »Wir dürfen nicht nachlassen.«
Donald Trumps Ankündigung, den Krieg rasch zu beenden, wirkte hier als Drohung. So versicherte Kallas, die EU sei bereit, die Führung zu übernehmen, »falls die Vereinigten Staaten nicht dazu bereit sind«. Sie gehe aber davon aus, dass die USA egal unter wessen Führung »kein Interesse daran haben, dass Russland die stärkste Macht in der Welt ist«. Die USA haben bisher Militärhilfe im Wert von fast 65 Milliarden US-Dollar an Kiew geliefert, in Ramstein legte Austin jetzt noch einmal 500 Millionen Dollar drauf. Rutte verlangte, alles zu tun, damit die Ukraine das bekomme, »was sie benötigt, um den Kampf fortzusetzen und zu bestehen«. Ruttes Hintertür: mögliche Verhandlungen. Sollte bei denen kein gutes Abkommen herauskommen, könnten China, Nordkorea und Iran stärker werden.
Auch Pistorius will weitermachen wie bisher: »Die Ukraine kann (…) sich auf Deutschland verlassen, unabhängig davon, wie der Wahlausgang am 23. Februar sein wird.« Er kündigte neben Waffenlieferungen die Ausbildung von 10.000 ukrainischen Soldaten in diesem Jahr an. Sollte die neue US-Regierung das Ramstein-Format aufkündigen, müsse es eben in anderer Form fortgesetzt werden. Selenskij wiederum sieht mit Donald Trumps Amtsantritt als US-Präsident am 20. Januar eine Zeit beginnen, »in der wir noch mehr zusammenarbeiten, uns noch mehr aufeinander verlassen und gemeinsam noch bessere Ergebnisse erzielen müssen«. Er sprach sich zu diesem Zweck für die Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine aus: »Unser Ziel ist es, so viele Instrumente wie möglich zu finden, um Russland zum Frieden zu zwingen.« Und: »Ich glaube, dass eine solche Entsendung von Kontingenten der Partner eines der besten Instrumente ist.«
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (10. Januar 2025 um 10:34 Uhr)Ohne Zweifel ist eine Neujustierung dringend notwendig! Doch es ist politisch naiv zu glauben, dass sich die grundlegenden Interessen der USA mit einem Präsidentenwechsel verändern würden. Das strategische Ziel der USA, Russland langfristig zu schwächen, bleibt weiterhin plausibel. Dies würde verhindern, dass Russland seinen Vorsprung in der Arktis weiter ausbaut – auf Kosten der NATO-Anrainerstaaten. Nicht ohne Grund zeigte Trump Interesse an einem Erwerb Grönlands und spielte mit der Idee, Kanada als 51. Bundesstaat zu integrieren, um die geopolitische Position der USA in der Arktis zu stärken und zumindest mit Russland gleichzuziehen. In den bereits im Hintergrund laufenden Verhandlungen über ein Abkommen mit Russland dürfte die Arktisfrage daher eine noch zentralere Rolle spielen als die Ukraine. Für die USA ist die Arktis geostrategisch weit bedeutender als die Ukraine, während es für Russland genau umgekehrt ist. Ein weiterer Punkt betrifft die Rolle Deutschlands: Die US-Airbase Ramstein ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg militärisch und außenpolitisch nicht vollständig souverän agieren kann. Die Behauptung, »Die Deutschen wollen näher ans Kommando«, erscheint vor diesem Hintergrund fragwürdig. Vielmehr spiegelt sie die selbstgefällige Erwartungshaltung einer politisch unselbstständigen Elite wider, die innerhalb der dominierenden transatlantischen Strukturen aufgewachsen ist und deren Handlungsspielraum damals wie heute stark begrenzt bleibt.
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