Bitte staatsfrei machen
Von Nico Popp
Im halbleeren Plenum des Bundestages ist am Donnerstag abend über zwei Gruppenanträge beraten worden, die auf ein Verbot der AfD zielen. Einer der beiden Anträge, unterstützt von über 120 Abgeordneten um Marco Wanderwitz (CDU), Carmen Wegge (SPD), Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen), Martina Renner (Die Linke) und Stefan Seidler (SSW), würde, wenn so beschlossen, zur Einleitung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht führen – mit dem Ziel, festzustellen, »dass die Partei ›Alternative für Deutschland‹ verfassungswidrig ist«.
Außerdem werden in dem Antrag, eingedenk des einst wegen der reichlichen Ausstattung der Führungsgremien mit V-Leuten gescheiterten ersten NPD-Verbotsverfahrens, die Bundesregierung und die Regierungen der Länder aufgefordert, »unverzüglich auf die Herstellung der vom Bundesverfassungsgericht für Parteiverbotsverfahren formulierten Anforderung strikter Staatsfreiheit hinzuwirken«. Ein zweiter Antrag, eingebracht von 43 Abgeordneten der Grünen, spricht sich ebenfalls grundsätzlich für ein Verbotsverfahren aus, will das aber nicht übergangslos einleiten, sondern erst einmal die Erfolgsaussichten prüfen. Dafür soll die Bundestagspräsidentin Gutachter benennen. Da für keinen der beiden Anträge eine Mehrheit in Sicht war, wurden sie mit Einverständnis der Antragsteller an den Innenausschuss überwiesen.
In der teilweise hitzigen Debatte setzte sich eine Mehrheit der Rednerinnen und Redner von der AfD ab, äußerte aber – mit unterschiedlichem Nachdruck – mindestens Vorbehalte gegen die im ersten Antrag geforderte sofortige Einleitung eines Verbotsverfahrens. Renate Künast betonte für die Einbringer des zweiten Antrags, dass auch eine vom Inlandsgeheimdienst vorgenommene Einstufung der AfD als »extremistisch« nicht hinreichend sei für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit, also ein Verbot der Partei. FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagte, es gebe im Land eine Entfremdung von den Institutionen der liberalen Demokratie. Diese Entwicklung werde durch ein Verbotsverfahren nicht beendet, sondern verstärkt: Eine Zustimmung zu den vorgelegten Anträgen sei gleichbedeutend damit, das Gespräch mit Menschen, die »legitime Anliegen« hätten, abzubrechen.
Der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling wiederum hatte grundsätzliche Zweifel an den Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens. Die Vorbereitung sei aufwendig; Beweise, die den Anforderungen des Verfassungsgerichts genügten, müssten jetzt vorliegen. Das dafür nötige Zusammenwirken von Bundestag, Bundesregierung und Landesregierungen sei aber nicht zu erkennen. Für das BSW nannte Jessica Tatti die Anträge ein »Wahlkampfgeschenk an die AfD«; eine Politik gegen die Interessen der Menschen habe die AfD groß gemacht, ein Verbotsverfahren werde das nicht ändern.
Für die AfD trat der Abgeordnete Peter Boehringer betont selbstsicher ans Rednerpult. Das Verbot werde trotz lediglich »anekdotischer Evidenz« angestrebt, weil man unfähig sei, die AfD inhaltlich zu stellen. Ein solches Verfahren jedoch werde scheitern – bislang sei ja noch nicht einmal die Einstufung als »Verdachtsfall« rechtskräftig, höhnte Boehringer.
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