Stahldividende muss sein
Von Susanne KnütterIn den letzten Jahren wurden mehrere Arbeitsunfälle bei Thyssen-Krupp bekannt. 2023 gab es drei Todesfälle, alle bei sogenannten Partnerfirmen. Im Oktober 2022 sorgte der Tod von Refat Süleyman auch überregional für Entsetzen. Der 26jährige Leiharbeiter erstickte in einem Schlammbecken im Werk von Thyssenkrupp Steel in Duisburg. Wie es zu dem Unfall gekommen war, wurde nicht geklärt. Im April 2024 wurde das Verfahren eingestellt. In der Nacht zum 25. Januar 2025 verunglückte wieder ein Arbeiter bei Thyssen-Krupp in Duisburg. Bei Reparaturarbeiten wurde er mit einer Arbeitsbühne zwischen einem Sicherungsgeländer und der Decke eingeklemmt. Nach jW-Informationen handelte es sich um einen externen Handwerker eines Subunternehmens. Eine Überprüfung der Arbeitssicherheit hätte nach WAZ-Informationen ergeben, dass Arbeitsschutzprozesse »den geltenden Normen entsprechen und ein systematisches Versagen ausschließen«. Angaben zur Anzahl der Arbeitsunfälle machte das Unternehmen demnach aber nicht.
Markus Stockert vom Betriebsrat von Thyssen-Krupp Steel in Duisburg fordert, dass mit der Arbeitssicherheit ernst gemacht wird und sich der Vorstand nicht hinter Ausfalltagen versteckt, weil sie die Schwere der Unfälle nicht abbildeten. Tatsächlich ist es in manchen Firmen gängige Praxis, dass Beschäftigte nach Unfällen nicht länger als drei Tage wegen Krankheit ausfallen. Zu den Maßnahmen zur Förderung der Arbeitssicherheit gehört auch, offene Stellen zu besetzen und nicht, Arbeitsplätze abzubauen, ist Stockert im jW-Gespräch überzeugt.
Das Gegenteil passiert. 5.000 Stellen sollen gestrichen, 6.000 ausgegliedert werden, das Werk in Kreuztal-Eichen soll komplett stillgelegt werden. Im November hatte das Stahlmanagement seine Eckpunkte zum Umbau der Stahlsparte bekanntgegeben. Die Stahlproduktion in Deutschland kann im internationalen Konkurrenzkampf nicht mithalten und soll deshalb halbiert werden, erklärt Stockert. Das geschehe auf dem Rücken der Stahlarbeiter und deren Familien. Während zehn Prozent der Löhne gekürzt werden sollen, will Thyssen-Krupp dennoch Millionen Euro an Dividenden an die Aktionäre ausschütten. Das halten die Kollegen für eine Sauerei, so der Betriebsrat.
Dass Thyssen-Krupp 15 Cent Dividende pro Aktie ausgeben will, stößt auch beim Verband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre auf Unverständnis. Vor der Jahreshauptversammlung von Thyssen-Krupp am Freitag forderten sie, in den Umbau zu CO2-neutraler Stahlproduktion zu investieren, anstatt überhaupt eine Dividende zu zahlen.
Den Thyssen-Krupp-Aktionären sind die Ausschüttungen indes noch viel zu klein. Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment monierte laut dpa am Freitag: »Das vergangene Jahr war wieder einmal ein verlorenes Jahr für uns Thyssen-Krupp-Aktionäre«, sagte der Aktionärsvertreter. Keinerlei Hoffnung auf eine Erholung hätte sich realisiert. »Der Aktienkurs ist im abgelaufenen Geschäftsjahr um 50 Prozent eingebrochen, im Vergleich mit der Branche sogar um fast 80 Prozent.« Die Dividende sei »mickrig« und werde letztlich aus der Substanz bezahlt. »Das Vertrauen des Kapitalmarkts in die Strategie und deren Umsetzung ist weg.«
Speich warf Miguel López, dem Vorstandschef des Stahlkonzerns, »Stillstand« vor und sprach ihn direkt an: »Sie machen es wie Ihre Vorgänger: viel versprechen und nicht liefern. Mit Pauken und Trompeten antreten, und dann kommt nichts heraus als heiße Luft.« So gebe es noch immer keinen konkreten Plan, wie der Umbau der Stahlsparte konkret aussehen solle. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mahnte Entscheidungen an. »Alte Zöpfe« müssten abgeschnitten werden, damit Thyssen-Krupp eine gute Zukunft habe. »Es geht um Realismus und Zukunft für den Stahl, das duldet keinen weiteren Aufschub.«
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