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Aus: Ausgabe vom 01.02.2025, Seite 4 (Beilage) / Wochenendbeilage
Westsahara

Greta in der Wüste

Westsahara: Die schwedische Aktivistin Thunberg fordert ein Ende kolonialer Ausbeutung und Unterdrückung
Von Jakob Reimann
Pflichtprogramm auch für Greta Thunberg: Besuch einer Schule. Bildung und Gleichberechtigung waren von Anfang an zentrale Programmpunkte der Polisario-Front, und sie wurden auch durchgesetzt
Das »Museum des Widerstands« ist ebenfalls ein Muss für jeden Besucher. Hier ist das Wrack einer marokkanischen »­Mirage« ausgestellt, die von der Polisario-Front im Krieg abgeschossen wurde. Frankreich eilte Marokko übrigens auch selbst mit der Luftwaffe zu Hilfe
Die sahrauische Fahne ähnelt nicht zufällig der palästinensischen. Auch im Westsahara-Konflikt geht es um Widerstand gegen Kolonialismus und den Kampf um Selbstbestimmung
Die Verteilung von Hilfsgütern und die medizinische Betreuung liegen in den Lagern ganz in den Händen des Sahrauischen Roten Halbmonds
Die Lebensbedingungen in der Wüste sind hart. Wenn die Häuser vergleichsweise improvisiert wirken, hat dies aber einen guten Grund: Die Sahrauis wollen hier nicht auf Dauer bleiben, sondern so bald wie möglich in ihr Land zurückkehren
Für Kinder bieten die Lager nur eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Im Sommer gibt es allerdings Austauschprogramme mit Spanien und Frankreich und die Gelegenheit, die heiße Jahreszeit im Kreis dortiger Gastfamilien zu verbringen. Viele Jugendliche werden zudem zur Ausbildung in befreundete Länder wie Kuba geschickt oder studieren an algerischen Hochschulen
Die traditionelle Bekleidung der Frauen ist die Melhfa, ein langes, meist phantasievoll gefärbtes Tuch, das kunstvoll um den Körper gewickelt wird und vor Sonne und Wind schützt
Auch Männer sind in der Wüste »verschleiert«. Der Litham ist ein langer Schal und schützt vor den harschen Umweltbedingungen; ihn anzulegen erfordert allerdings Übung. Hinzu kommt der traditionelle Umhang der Nomaden, wie er auch im benachbarten Mauretanien ­getragen wird

Sie gilt als »letzte Kolonie in Afrika«: Mit westlicher Unterstützung hält Marokko seit 50 Jahren die Besetzung der Westsahara aufrecht, beutet ihre Ressourcen aus, führt Krieg gegen die Bevölkerung und sperrt Aktivisten hinter Gittern, foltert sie. 1975 wurde die Westsahara in einem schmutzigen Deal Spaniens mit Marokko und Mauretanien von einem Kolonialisten an die nächsten übergeben. Mauretanien zog 1979 ab, seitdem sind zwei Drittel des Gebiets von Marokko besetzt, während die »befreiten Gebiete« von der Polisario-Front kontrolliert werden.

»Das sahrauische Volk hat ein Recht auf Selbstbestimmung, auf Freiheit und ein Recht auf Würde«, erklärte die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg im Interview mit dem sahrauischen Onlineportal Saharawi Voice. Diese Rechte würden den Menschen »jedoch gewaltsam verweigert«. Thunberg war Anfang Januar Rednerin auf einer Konferenz im sahrauischen Vertriebenencamp Boujdour bei Tindouf im äußersten Westen Algeriens, auf der Aktivisten aus mehr als einem Dutzend Ländern ihre Solidarität zum Ausdruck brachten. Die Welt hingegen bleibe still, so Thunberg, und diese Stille gehe mit Komplizenschaft einher.

»Die Ausbeutung und Plünderung der natürlichen Ressourcen« der Westsahara gehe »Hand in Hand mit der Besetzung und Unterdrückung von Menschen«, so Thunberg. In der Tat verfügt die Westsahara über enorme Phosphorvorkommen. Auch ihre Fischgründe sind üppig und werden von internationalen Konzernen ausgebeutet. Sonne und Wind im besetzten Gebiet sind zentrale Elemente in der Strategie zur Energietransformation der EU. Mit Windparks und Photovoltaikfarmen wird hier auf angeblich ökologische Weise Strom gewonnen, künftig soll auch »grüner« Wasserstoff produziert werden. Während der Krieg in der Ukraine und deren teilweise Besetzung als Begründung herangezogen wurden, jegliche Energiekooperation mit Russland einzustellen, unterstützt die EU mit seinen Projekten Marokkos Krieg gegen die Westsahara und betreibt so Greenwashing der Besetzung.

Auftritt Annalena Baerbock: Im August 2022 reiste die Bundesaußenministerin nach Rabat zum Besuch bei ihrem marokkanischen Amtskollegen Nasser Bourita und brachte dort die deutsche Unterstützung für den Plan des marokkanischen Königshauses zum Ausdruck, sich die Westsahara als integralen Teil Marokkos mit teilweiser »Autonomie« einzuverleiben. Die Besetzung würde so zementiert, sahrauische Selbstbestimmung begraben. Dass die UNO den Sahrauis bereits vor Jahrzehnten ein Unabhängigkeitsreferendum zugesichert hat, interessiert Baerbock, die nach eigener Aussage »aus dem Völkerrecht« komme, anscheinend nicht. Ihre Aufgabe als Chefdiplomatin ist es, deutsche Kapitalinteressen im Ausland zu vertreten. Zu den Hauptprofiteuren der Besetzung gehören der deutsche Multi Siemens und dessen Tochterunternehmen, die an sämtlichen marokkanischen Windparks in dem besetzten Gebiet beteiligt sind, ohne dabei ausreichend die sahrauische Bevölkerung zu konsultieren und finanziell zu beteiligen.

Unter extremen klimatischen Bedingungen leben Hunderttausende Sahrauis derweil seit Jahrzehnten in den Lagern in Algerien und trotzen dort Sonne und Kolonialismus. Am Ende des Solidaritätsgipfels stimmten alle gemeinsam ein: »Sahara libre!«

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