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Aus: Ausgabe vom 08.02.2025, Seite 7 / Ausland
US-Außenpolitik

Südafrikas Schrecken

US-Machthaber kündigt Streichungen von HIV-Hilfsprogrammen an. Musk will Geschäfte machen, aber nicht teilen
Von Christian Selz, Kapstadt
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Protest gegen die Blockade der Mine Stilfontein durch Sicherheitskräfte (Kapstadt, 5.2.2025)

Südafrika, das sind Safariabenteuer mit Löwen und Elefanten und endlose Traumstrände. Doch aufgepasst, »schreckliche Dinge« passieren im Land am Kap der Guten Hoffnung, sagt zumindest Donald Trump. Der Staat behandle »gewisse Klassen von Menschen sehr schlecht«, verkündete der US-Regimechef vergangenen Sonntag durch sein Sprachrohr Truth Social. Man kann nur hoffen, dass die Verwendung des Klassenbegriffs ihm keine Beobachtung durch den deutschen Verfassungsschutz einbrockt. Doch Spaß beiseite, denn nach der ersten Salve alternativer Fakten folgte die Ankündigung realer Schandtaten. Trump will sämtliche Hilfen für Südafrika streichen, was vor allem Menschen mit HIV/AIDS trifft, deren Gesundheit von US-finanzierten Medikamenten abhängt.

Doch was meint Trump eigentlich mit den »schrecklichen Dingen«? Die 78 illegalisierten Bergarbeiter, die die südafrikanische Polizei jüngst in einem aufgegebenen Bergwerk verhungern ließ? Natürlich nicht. Den schaurigen Rekord Südafrikas, auch gut 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid noch das Land mit der weltweit brutalsten Ungleichverteilung von Einkommen und Reichtum zu sein? Im Gegenteil. Trump zog sich an einem neuen, vor einem Jahr vom Parlament beschlossenen, aber erst im Januar von Präsident Cyril Ramaphosa unterzeichneten Landreformgesetz hoch. Es löst eine Regelung aus der Apartheidära ab und bietet der Regierung die theoretische Möglichkeit, unter eng begrenzten Umständen brachliegendes Land kompensationslos zu enteignen. In der Praxis ist das in 30 ANC-Regierungsjahren mit absoluter Mehrheit nicht passiert, statt dessen sind noch immer mehr als drei Viertel der kommerziellen Farmen in Besitz von Angehörigen der weißen Minderheit.

Derlei Fakten können einem Trump jedoch nichts anhaben, zumal er sich auf meinungsstarke Einflüsterer mit südafrikanischen Wurzeln verlassen kann. Der prominenteste, Elon Musk, fragte am Montag auf seiner persönlichen Hassschleuder X den südafrikanischen Präsidenten: »Warum haben Sie offen rassistische Besitzgesetze?« Musk, dessen Großvater explizit deshalb aus Kanada nach Südafrika umsiedelte, weil er Fan des Apartheidregimes war, wurde in Südafrika geboren, verließ das Land aber 1989, als ihm der Einzug zum Militär drohte, um als illegaler Einwanderer in den USA sein Imperium zu gründen. In Trumps Dunstkreis können zudem der deutsche Paypal-Mitgründer Peter Thiel sowie der Großspender David Sacks auf eine Kindheit in Apartheid-Südafrika zurückblicken.

Gemeinsam attackieren sie nun die demokratische Regierung des Landes. Vor allem für Musk dürfte es dabei aber weniger um den Kampf gegen vermeintlich rassistische Gesetze gehen, sondern vielmehr um Unternehmensinteressen. Der Technologieunternehmer möchte mit seinem Satellitenprojekt Starlink auch in Südafrika Fuß fassen, stört sich aber an der dortigen Vorschrift, 30 Prozent der Anteile eines zu gründenden lokalen Tochterunternehmens an ehemals benachteiligte Menschen – also in aller Regel Schwarze – veräußern zu müssen. Trump kündigte nun bereits an, sämtliche Zahlungen an Südafrika einzustellen. Das trifft zunächst ausschließlich die HIV-Programme. Die ebenfalls bereits angekündigte, dann aber teilweise zurückgenommene Einstellung von Projekten von USAID verursacht weitere Verwerfungen. Zusätzlich könnte Südafrika seinen zollfreien Zugang für wichtige Produktpaletten verlieren.

Präsident Ramaphosa erklärte in seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag anlässlich der Eröffnung des Parlamentsjahrs in Kapstadt jedoch bereits, dass man sich »nicht schikanieren lassen« werde. Südafrika werde weiterhin für »Frieden und Gerechtigkeit, für Gleichberechtigung und Solidarität« einstehen. Sein Bergbauminister Gwede Mantashe hatte bereits am Montag auf der afrikanischen Bergbaumesse in Kapstadt gedroht, man werde den USA notfalls keine Rohstoffe mehr liefern. Diese Sprache können selbst Trump und Musk verstehen: Südafrika verfügt über 80 Prozent der globalen Vorkommen an insbesondere für die Automobilindustrie wichtigen Platingruppenmetallen.

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