Wahlkampfhilfe (2). Tote Oma
Von Pierre Deason-Tomory
Endspurt im Bundestagswahlkampf, die Parteien geben alles. Ob es lohnt, lesen Sie hier. (jW)
In der Weimarer Innenstadt hängen keine Wahlplakate der AfD. War auch bei den letzten Wahlen so. Ist hier die Antifa fleißig oder die Hitlerjugend faul? Letzteres, es liegen keine heruntergepflückten blauen Pappen herum. Ich wollte wissen, warum das so ist, und rief im Erfurter Führerhauptquartier an. Keiner hat abgehoben.
Vielleicht gibt es die AfD gar nicht mehr. Vielleicht plaudern Maischberger, Miosga, Hinz und Lanz nicht dreimal täglich mit der Weidel, sondern mit einem 3D-Chatbot aus dem Hause Musk. Das Qualitätsfernsehen merkt eh nichts, jetzt alles für die Quote – später Alice für Deutschland. Miosga fragt: »War Hitler Kommunist?« Weidel: »Ja. Und Jude.« – »Man macht keine Scherze über den Holocaust.« – »Wir werden das beherzigen, wenn es wieder soweit ist.«
Was würden die Weimarer Kameraden auf ihre Wahlplakate drucken, wenn sie lesen und schreiben könnten und Leitern besteigen, ohne sich die Beine zu brechen? Mit Goethes Versfuß in Soldatenstiefeln: »Wenn Ali nix machen an Grenze halt, dann dönern wir Ali in Buchenwald.« Zum leidigen Thema Wokeness und Zigeunerschnitzel: »Tote Oma statt Sinti und Roma!«
Ich muss für Ortsunkundige die »tote Oma« erklären, das ist hierzulande ein beliebtes Gericht, gebratene Blut- und Leberwurst an Kartoffelpüree. Unsere Ureinwohner essen ihre Oma nicht wirklich, auch nicht die Rechten, sie muss ja am Sonntag die Klöße machen. Während Vati im Badezimmer ein Schwein schlachtet und die Kiddies besoffen vom Flüchtlingsheime anzünden nach Hause kommen.
Jedenfalls ist der fade Verlauf der Bundestagswahlkampagne in der deutschen Klassikerstadt ein unhaltbarer Zustand. Als aufständige Demokraten sollten wir der Gurkentruppe von der AfD aushelfen und für sie in der Weimarer Innenstadt plakatieren gehen! Wir verwenden natürlich ihre echten Parolen, zum Beispiel »Neue Deutsche? Machen wir selber.« Und zeigen darunter ein Foto mit der RTL-Fernsehfamilie Ritter aus Köthen. Oder: »Runter vom Sofa! AfD wählen!« Als Bild Trümmerfrauen in Berlin 1945. Und: »Mut zur Wahrheit«, ergänzt durch den Satz: »An dieser Laterne könnte Habeck hängen.« Das ist doch authentisch AfD, nicht? Eben »Deutschland. Aber normal.«
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (9. Februar 2025 um 22:18 Uhr)Da »Sorglich schenkte die Mutter des güldenen Weines« anscheinend kein Goethe-Zitat ist, meine nordfriesische Getränkeempfehlung zur »Toten Oma«: »Tote Tante«. Was ist der Unterschied zwischen »Tote Tante« und »Lumumba«? »Wird für einen Lumumba auch Rum verwendet, besteht kein Unterschied zwischen den beiden Getränken.«
Ähnliche:
- Martin Schutt/dpa13.12.2024
Ramelow wählt Nachfolger
- Christoph Worsch/IMAGO10.12.2024
Eine Stimme für ein Papier
- Michael Reichel/dpa09.12.2024
BSW will regieren
Regio:
Mehr aus: Feuilleton
-
Alle Wege offen
vom 10.02.2025 -
Fischen gehen
vom 10.02.2025 -
Sprachgebrauch
vom 10.02.2025 -
Zum Diktat
vom 10.02.2025 -
Nachschlag: Tricks
vom 10.02.2025 -
Vorschlag
vom 10.02.2025 -
Veranstaltungen
vom 10.02.2025