Alles auf Anfang in Wien
Von Dieter Reinisch, Wien
Es hatte sich schon seit Tagen abgezeichnet, nun ist es offiziell: Die Verhandlungen in Österreich zur Bildung einer neuen Regierung aus rechter FPÖ und konservativer ÖVP sind gescheitert. Nach einem Treffen von FPÖ-Chef Herbert Kickl mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstag waren die Verhandlungen kurzfristig wieder aufgenommen worden. Kickl traf sich am Abend mit ÖVP-Chef Christian Stocker, doch Informationen der Medien nach soll die neue Verhandlungsrunde gerade einmal 20 Minuten gedauert haben.
Am Mittwoch gab es dann Kompromisspapiere. Die ÖVP lehnte jenes der FPÖ ab, deren Vorschlag blieb von der ÖVP unbeantwortet. Statt dessen kam es zu gegenseitigen öffentlichen Anschuldigungen. Am Nachmittag begab sich Kickl abermals zu Van der Bellen. Dort legte er den Regierungsbildungsauftrag zurück. Kurz vor 15 Uhr schrieb er in einer Presseaussendung: »Ehe jedoch die noch strittigen Punkte auf Chefverhandlerebene geklärt werden konnten, bestand die ÖVP Anfang Februar darauf, die Ressortverteilung zu klären.« Und weiter: »Obwohl wir in den darauffolgenden Gesprächen der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sind, waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt.«
Die ÖVP wollte den Ultrarechten neben dem Kanzlerposten nicht auch noch Innen- und Finanzministerium geben. Der von Kickl erwähnte »Kompromissvorschlag« hatte vorgesehen, dass die Konservativen mehr Ministerposten als die FPÖ bekommen, an sie aber weiterhin die mächtigen Ministerien gehen sollten. Auch das lehnte die ÖVP ab. In einer ersten Reaktion von ÖVP-Seite sagte der Wiener Landesparteiobmann Karl Mahrer: »Die Regierungsverhandlungen sind gescheitert und das aus gutem Grund.« Kickl sei »im Machtrausch und versucht, zentrale Bereiche des Staates unter seine Kontrolle zu bringen«.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Die liberalen Neos fordern die Wiederaufnahme von Dreiergesprächen. Auch die SPÖ verkündete ihre Hand sei »weiter ausgestreckt«, so deren Vorarlberg-Chef Mario Leiter. Kickl erklärte jedoch, Gespräche mit den Sozialdemokraten sehe er als »nicht zielführend an«, denn »die Vorgespräche mit (SPÖ-Chef) Andreas Babler haben gezeigt, dass nicht nur unsere Positionen in entscheidenden Punkten weit auseinander liegen«.
Siehe auch
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- SEPA.Media/IMAGO14.01.2025
FPÖ und ÖVP schon einig
- photonews.at/imago07.01.2025
Kickl am Ziel
- Andreas Stroh/IMAGO06.01.2025
Volkskanzler ante portas
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
US-Regierung will noch »tödlichere« NATO
vom 13.02.2025 -
Israel bricht Waffenstillstand
vom 13.02.2025 -
Beste Beziehungen
vom 13.02.2025 -
Gleich und doch verschieden
vom 13.02.2025 -
Gefangenenfamilien ohne Hilfe
vom 13.02.2025