Rettungsplan für Ostgaragen
Von Oliver Rast
Ein Ort des Bastelns, des Tüftelns, des Probierens: Was ist nicht schon alles in Garagen entstanden – oder auch verworfen worden. Der große Hit, das kleine Werk. Hinter zwei hölzernen Flügeltüren, bisweilen etwas verwittert, oft indes farblich aufgehübscht und mit stabilem Vorhängeschloss.
Besonders im Osten gibt es sie noch, ganze Komplexe von Einstellräumen und Unterstellplätzen. Mitten im Wohngebiet, mal mit gepflasterten oder geteerten Wegen, mal nur sandig, holprig und bucklig. Davon unabhängig, in der Exhauptstadt der DDR etwa hatten Garagenbesitzer auf öffentlichem Grund in Eigenbau ihren überdachten Unterschlupf errichtet. Für dessen Erhalt setzt sich Katalin Gennburg (Die Linke) ein, vehement. Warum? Ostgaragen seien ein Zeugnis ostdeutscher Baukultur, so die Sprecherin für Stadtentwicklung, Umwelt und Tourismus ihrer Abgeordnetenhausfraktion am Freitag zu jW. Und nicht nur das, ferner »ein wichtiger sozialer Mikrokosmos von Nachbarschaften.«
Das Problem: Abrissgefahr, fehlender Denkmalschutz. Deshalb hat die Linksfraktion jüngst einen Antrag ins Plenum gebracht – Titel: »Transparente Liegenschaftspolitik im Umgang mit DDR-Garagenkomplexen umsetzen.« Denn ein Teil der Garagengrundstücke (Stand 2021: 1.285 Garagen) befindet sich heute in landeseigenem Besitz und wird durch die Berliner Immobilienmanagement (BIM) verwaltet.
Das Gros dieser Flächen ist laut Linksfraktion im Portfolioausschuss der BIM als »Grundstück mit Entwicklungsperspektive« ausgewiesen. Übersetzt: Die Liegenschaften bleiben nicht als Garagengrundstücke erhalten. Mehrheitlich würden sie nachverdichtet mit Wohnraum. Nur, die entstehenden Wohnungen seien »weder mietpreisgebunden noch bezahlbar«, weiß Gennburg. Zudem fehle eine kooperative Stadtentwicklungsplanung samt ernstzunehmender Information und Beteiligung von Garagenbesitzern und Anwohnern.
Das muss sich ändern. Wie? Gennburg: »Durch einen Garagenentwicklungsplan bei landeseigenen Flächen.« Die BIM solle vom Senat verpflichtet werden, Nutzungsperspektiven, Bestandschancen und Zeitpläne für Umbauten zu erstellen. Ganz im Sinne einer partizipativen, gemeinwohlorientierten, nachbarschaftsverträglichen Nutzung der Areale. Denn es könne nicht sein, »dass die Garagen ohne Informationen und Mitsprache verschwinden, nur weil Investoren ihre Profite maximieren wollen und die BIM zu deren Handlanger wird«, betonte die Linke-Politikerin. Und: Ostgaragen dürften nicht als Relikte einer vergangenen Zeit abgetan werden. »Sie sind Orte mit Geschichte, Identität und Potenzial.«
Übrigens, eine Vorlage für einen solchen Plan existiert in der Landeshauptstadt Brandenburgs mit dem »Integrierten Stadtentwicklungskonzept Potsdam 2035«. Aber wie geht’s in Berlin weiter? Der Antrag der Linksfraktion wurde auf der Plenarsitzung am 13. Februar vertagt und zwei Wochen später an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen überwiesen. Dort liegt er nun, ohne bislang auf die Tagesordnung gekommen zu sein. Parlamentarisches Prozedere halt – auf Kosten des Erhalts der Ostgaragen.
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