Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 14.03.2025, Seite 6 / Ausland
Irland und USA

Gazas Schatten über Washington

US-Besuch des irischen Premiers war von Konflikten wegen Abgaben und der Nahostpolitik geprägt
Von Dieter Reinisch
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Der irische Nationalfeiertag war dieses Jahr früher als üblich – zumindest auf der anderen Seite des Atlantiks. St. Patrick’s Day wird eigentlich erst 17. März begangen, doch in den USA hat er auf der politischen Bühne bereits stattgefunden. Der irische Regierungschef Micheál Martin von der konservativen Partei Fianna Fáil (FF) hatte sich am Montag aufgemacht, um irischstämmige US-Amerikaner und Politiker zu den alljährlichen Feierlichkeiten zu besuchen. Bis zu diesem Freitag bleibt er in den USA. Der traditionelle Besuch im Weißen Haus fand am Mittwoch statt. Er war geprägt von den Spannungen zwischen Irland und der US-Regierung. Von seinen Parteifreunden wurde Martin für seinen Auftritt gelobt. Kritik hagelte es von der Opposition um die republikanische Sinn Féin (SF), die ihn als Kniefall bezeichnete. SF hatte dieses Jahr eine Teilnahme an den offiziellen Feierlichkeiten abgelehnt.

Seit der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben die Spannungen zwischen Irland und den USA merklich zugenommen. Irland ist Sitz mehrerer US-Techunternehmen wie Apple und Google, die es als Niedrigsteuerland nutzen. Trump hatte nach seinem Wahlsieg angekündigt, Wirtschaftshürden zu errichten, damit diese Firmen ihren Sitz in Irland verlassen. Dadurch würde die Insel ihre Position als führendes Land für multinationale IT-Unternehmen verlieren, was Ökonomen als schweren Einschnitt für die irische Wirtschaft werten.

Beim gemeinsamen Presseauftritt am Mittwoch abend zog Trump über die EU, seinen Vorgänger Joe Biden, Palästina und die ukrainische Regierung her. Martin saß lächelnd daneben und pries Trumps »unerbittlichen Fokus auf Frieden«. Das zu loben sei ein Schlag ins Gesicht der hungernden Bevölkerung Palästinas, so die irische, sozialistische Parlamentsabgeordnete Ruth Coppinger. Der Abgeordnete Richard Boyd Barrett von der trotzkistischen Formation People Before Profit warf dem Regierungschef »absolut erbärmliche Schmeichelei« vor: »Trump droht mit ethnischer Säuberung Gazas, rüstet das völkermörderische israelische Regime bis an die Zähne auf und fordert die EU auf, mehr für Waffen auszugeben«, das sei »beschämend«, schrieb er auf X.

Scharfe Kritik erntete Martin, da er amüsiert lachte, als Trump sich über die Wohnungsnot lustig machte. Der US-Präsident behauptete, Irland habe eine Immobilienkrise, weil »es ihnen so gut geht, dass sie nicht schnell genug Häuser bauen können«. Martin lächelte und fügte hinzu, das sei eine »gute Antwort des Herrn Präsidenten«. Der wohnungspolitische Sprecher von SF, Eoin Ó Broin, schrieb daraufhin in einer Stellungnahme, Witze über die Wohnungskrise, die unter anderem 4.000 Kinder obdachlos gemacht habe, seien »niemals eine gute Antwort«.

Zum Handelsstreit mit Irland und den auf der Insel ansässigen US-Techgiganten sagte Trump: »Wir wollen Irland nicht schaden, aber wir wollen Fairness.« Martin betonte daraufhin, Irland habe Wohlstand »durch fairen und freien Handel und liberale Gesetze« errungen. Doch Trump entgegnete, frühere US-Regierungen hätten US-amerikanische Multis nicht daran gehindert, ihre Betriebe in Irlands Niedrigsteuerumfeld zu verlagern: »Diese wunderschöne Insel hat unsere Pharmaindustrie«, sagte er. Trump sprach das »massive« Handelsungleichgewicht zwischen den beiden Ländern an und sagte, Irland nutze die USA »natürlich« aus.

Bei der traditionellen Übergabe einer Schüssel Kleeblätter zu Ehren der Freundschaft zwischen den beiden Ländern waren auch die stellvertretende Regierungschefin Nordirlands, Emma Little Pengelly von der loyalistischen Democratic Unionist Party (DUP), und weitere unionistische Politiker anwesend. Andere irische Parteien waren dagegen dieses Jahr nicht ins Weiße Haus gekommen. Sie begründeten ihren Boykott mit Trumps Haltung zu Gaza.

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