Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 26.03.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Er kennt keinen Schmerz

Die Krimikomödie »Mr. No Pain«
Von Harald Ringel
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Gut zu Fuß: Nathan Caine (Jack Quaid)

»Mr. No Pain« ist garantiert nicht jedermanns Sache. Eine Krimikomödie im Stil der 80er/frühen 90er Jahre, nur sehr viel brutaler. Brutal wie die 2000er. Zartbesaitete Gemüter werden daran zu knabbern haben. Der Film beginnt wie eine romantische Komödie. Nathan Caine ist ein zurückhaltender Mensch mit einem seltenen genetischen Defekt, der sogenannten hereditären sensorischen und autonomen Neuropathie Typ IV (englisch CIPA, »Congenital insensitivity to pain and anhidrosis«). Anders gesagt, er spürt keinen Schmerz. Was zunächst vorteilhaft klingt, ist in Wirklichkeit eine Katastrophe. Man kann sterben, nur weil der Körper nicht in der Lage ist, die Warnzeichen zu erkennen.

Nathan nimmt nur flüssige Nahrung zu sich, weil er sich sonst seine Zunge abbeißen und daran ersticken könnte. Da wird ein Bissen Kirschkuchen zu einer echten Offenbarung. Er muss sich auch den Alarm an seiner Uhr stellen, um auf die Toilette zu gehen, da sonst seine Blase platzen könnte. Aber Nathan hat sich an dieses Leben gewöhnt und ist mit allem vorsichtig. Neben seinem Job als stellvertretender Bankdirektor hat er nur einen Freund, den er persönlich praktisch gar nicht kennt, mit dem er aber online Videospiele spielt.

Heimlich ist er in Sherry (Amber Midthunder) verliebt, eine Kassiererin in der Filiale der San-Diego-Trust-Bank, für die er arbeitet. Als sie ihn einmal zum Essen einlädt, merkt er, dass auch sie ihre Geheimnisse hat. Und jeder sucht doch jemanden, mit dem er seine Geheimnisse teilen kann. Nach einer Liebesnacht meint er zu wissen, dass Sherry die Frau seines Lebens sein könnte. Doch dann überfallen drei Bankräuber die Bank, erschießen die Wachleute und nehmen Sherry als Geisel. Da keine Cops zuhanden sind, um die Bankräuber zu stellen, stiehlt Nathan ein Polizeiauto und beginnt selbst eine wilde Verfolgungsjagd.

Die »Romcom« verwandelt sich in einen Mix aus Krimi, Groteske und Splatterfilm. Nathan kennt nur ein Ziel: Sherry zu retten. Dabei kämpft er ohne Rücksicht auf Verluste. So greift er in eine Wanne aus kochendem Fett, um nach einer Pistole zu greifen, um jemanden zu erschießen. Zugleich bleibt er noch mitfühlend genug, sich um die Befindlichkeit des Gegners Sorgen zu machen. Es gibt ein »Safe House«, in dem Fallen aufgestellt sind wie seinerzeit bei »Kevin – Allein zu Haus«, nur tun die hier richtig weh. In einer Folterszene werden Nathan Fingernägel gezogen, aber er spürt ja nichts und kann so fast übermenschlich alle Hindernisse bewältigen.

Das klingt nach einem wirklich fiesen Film, doch weil die Hauptfigur so sympathisch ist und alles stets mit einem Witz überspielt wird, funktioniert er vor allem auch als Komödie. Auch ein Verdienst des Hauptdarstellers Jack Quaid. Der Sohn von Dennis Quaid und Meg Ryan überzeugt hier als Superheld wider Willen. Und wie gut er ist, weiß man schon deshalb, weil er in seinem vorherigen Film »Companion« ebenfalls sehr überzeugend einen echten Widerling darstellte. Sein Hauptgegenspieler, der sadistische Gangsterboss Simon, wird genauso überzeugend von Ray Nicholson gespielt, dem Sohn von Jack Nicholson. In einigen Momenten glaubt man, die Mimik des Vaters wiederzuerkennen. Genug Gründe dafür, dass sich dieser Film vor Vorbildern wie »Mr. Nobody« (2009) oder »Crank« (2006) nicht zu verstecken braucht.

»Mr. No Pain«, Regie: Dan Berk und Robert Olsen, USA/Kanada/Südafrika 2025, 110 Min., bereits angelaufen

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