Aktivisten der Free-Gaza-Flottille bei Pressekonferenz in Athen zuversichtlich. Start auf Donnerstag oder Freitag verschoben
In den kommenden Tagen sollen sich zehn Schiffe treffen, die gemeinsam die von Israel verhängte Seeblockade um den Gazastreifen durchbrechen und Hilfsgüter in das palästinensische Gebiet bringen wollen.
Nach Angaben der Organisatoren der »Free-Gaza-Flottille« am Montag soll sich der Schiffskonvoi am »Donnerstag oder Freitag« vor der Küste der griechischen Mittelmeerinsel Kreta treffen, um die Fahrt gemeinsam fortzusetzen.
Die Schiffe seien bereit, es gebe allerdings kleine Probleme, da die griechischen Behörden ein Auslaufen durch buchstabengetreue Prüfung der Gesetze zu verhindern versuchten, erklärte Vangelis Pissias am Montag in Athen auf einer Pressekonferenz.
Der von Israel und »Großmächten dieses Planeten« ausgeübte Druck auf Aktivisten und die griechische Regierung, die Schiffe nicht auslaufen zu lassen, sei groß, sagte der griechische Fachhochschulprofessor für Technologietransfer. Pissias hatte bereits die erste »Freedom-Flottilla« vor einem Jahr mitorganisiert. Israelische Soldaten hatten den Konvoi am 31. Mai 2010 gestürmt und neun türkische Aktivisten erschossen.
Pissias war seinerzeit von Soldaten gezielt herausgesucht und zusammengeschlagen worden. Trotz aller bürokratischen Hindernisse und Sabotageversuche sei man zuversichtlich, bald loszufahren und Gaza zu erreichen, erklärte Pissias auf der Pressekonferenz unter dem Beifall von Dutzenden Aktivisten. Sie seien »einfache Menschen, die mit einfachen Mitteln zwei Ziele erreichen wollten: Humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen und mit politischen Mitteln die Propagandawaffe Israels außer Kraft setzen«. Mehrmals habe man EU-Stellen und internationalen Organisationen angeboten, die Ladung der Schiffe zu kontrollieren. »Wir kämpfen weder gegen das Land Israel, noch gegen dessen Regierung oder gar seine Bevölkerung«, betonte Pissias, »wir kämpfen gegen die menschenrechtsverletzende Politik der israelischen Regierung«.
Menschen und Motivationen
Sie fahre nach Gaza aus Protest gegen US-Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton, die das Unternehmen als Provokation bezeichnet hätten, erklärte die pensionierte Offizierin der US-Armee Ann Wright. Schiffe mit Hilfsgütern und Briefen für die Palästinenser in Gaza könnten unmöglich eine Provokation darstellen, sagte die 2003 aus Protest gegen den Irak-Krieg aus dem diplomatischen Dienst ausgeschiedene Menschenrechtsaktivistin.
»Wir werden fahren, und wenn sie uns mit Gewalt aufhalten, wird es einen neuen Versuch geben, immer wieder, bis die Blockade aufgehoben wird«, bekräftigte Dror Feiler von der Initiative »Juden für einen gerechten Frieden«. Der in Israel geborene Künstler erinnerte an die beim ersten Versuch vor einem Jahr von israelischen Soldaten getöteten türkischen Aktivisten der »Mavi Marmara«: »Für uns sind sie auch diesmal wieder dabei«.
Die palästinensische Rechtsanwältin Huwaida Arraf bezeichnete die Blockade als kriegerischen Akt und Kollektivstrafe für Unschuldige. Somit sei sie »illegal«. Die Free-Gaza-Flotte sei Teil einer Jahrzehnte alten Bewegung von zivilen Aktivisten, die heute besonders von der Jugend in Palästina getragen werde.
USA und Israel sollten den anderen Staaten nicht vorschreiben können, welche Schiffe von ihren Häfen auslaufen dürfen, meinte Thomas Sommer. Der französiche Autor der Buches »La Flottille« lobte seinen eigenen Staat für dessen Entscheidung, das französische Schiff trotz des ausgeübten Drucks legal abfahren zu lassen.
Buhari Cetinkaya von der türkischen Hilfsorganisation IHH, die seinerzeit die »Mavi Marmara« gechartert hatte, sagte am Montag in Athen, seine Organisation habe dieses Mal kein Schiff beisteuern können. Er werde aber als IHH-Vertreter an Bord des spanischen Schiffes an der Freedom-Flottilla II teilnehmen. »Wir mögen nicht so stark und durchtrainiert sein wie die israelischen Soldaten, aber wir sind im Recht«, so Cetinkaya.
Alice Walker fährt nach Gaza, »weil meine Regierung versagt hat«. Die US-amerikanische Schriftstellerin erinnerte daran, daß auch für die Abschaffung der Sklaverei in den USA die Hilfe von außen notwendig gewesen sei. »Wir haben die Verantwortung als Menschen, immer dort aufzutauchen, wo wir gebraucht werden.«
Für Robert Lovelace ist jede Verlängerung der Blockade eine Verlängerung der »Kolonialisierung Gazas« durch Israel. »Gaza ist das größte Reservat für Eingeborene, das ich je gesehen habe«, erklärte der Indigena-Aktivist und Professor an der Queen's Universität in Kanada. Aus Jahrhunderten Kolonisation und Kampf dagegen habe man gelernt, daß man nie den Aggressor um Erlaubnis fragen dürfe, kommentierte Lovelace die Aufforderung des kanadischen Außenministers, man hätte Israel doch einfach bitten können, die Hilfsgüter in den Gazastreifen weiterzuleiten.
Südlich von Kreta
Fragen der anwesenden Journalisten nach Einzelheiten über Häfen, Treffpunkt, Besatzung und Auslaufdaten wurden mit Hinweis auf die Versuche, die Flotte mit allen Mitteln zu sabotieren, nicht beantwortet. Geplant sei, sich in internationalen Gewässern südlich von Kreta zu treffen. Von einem in israelischen Medien berichteten Auslaufverbot für 6 in Griechenland befindliche Schiffe wisse man nichts, erklärte Vangelis Pissias auf Nachfrage. »Wir gehen davon aus, daß die griechische Regierung geltendes Recht einhält und uns fahren läßt. Wenn nicht, sehen wir uns hier wieder. Aber letztendlich werden wir fahren, komme, was wolle.«