Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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  • · Nachrichten

    NPD-Demonstration in Rostock verboten

    Rostock - Die Polizei hat eine für Donnerstag in Rostock geplante Demonstration der NPD verboten.
    Die NPD-Landtagsfraktion hatte die Demonstration mit rund 500 Teilnehmern bei der Stadtverwaltung in Rostock angemeldet, wo sich zeitgleich mehrere tausend linke Gipfelgegner aufhalten. »Das ist völlig unmöglich«, sagte Polizeisprecher Axel Falkenberg von der G8-Sondereinheit Kavala.

    (AP/jW)

  • · Ansichten

    Die Spirale der Gewalt

    Elisabeth Wöckel

    Der Urheber des Begriffes von der »Spirale der Gewalt« war Helder Camara, der »rote Erzbischof« von Olinda-Recife, Brasilien.
    Ein Blick auf seine Thesen erleichtert die Wahrnehmung auf die »Kollateralschäden« der Globalisierung.

    1. Stufe der Gewalt

    ... sind Unrechtsstrukturen des Staates, die einen Teil der Menschen in der Gesellschaft daran hindern, in Freiheit und Würde als Mensch zu leben, ohne strukturell bedingten Hunger, Krankheit oder mangelnde Bildung.

    2. Stufe der Gewalt

    ... ist die Auflehnung, der Protest eines Teils der Gesellschaft gegen die auferlegte "strukturelle Gewalt des Staates".

    3. Stufe der Gewalt

    ... ist die »Antwort des Staates« in Form von Repression durch Polizei und Gesetze gegen die Auflehnung von Unten.

    4. Stufe der Gewalt

    ... ist die organisierte »Guerillaorganisation«, heute nennt man sie »Terroristen«, die wiederum mit einer Gewaltstrategie gegen den Obrigkeitsstaat und seine Repressionen kämpfen.

    5. Stufe der Gewalt

    ... ist die totale Überwachung durch den Staat, die Polizei und Spitzeldienste, Einsatz des Militärs und Todesschwadronen gegen die Bürger.

    Fazit: Es liegt an jedem noch klar denkenden Menschen selber den Schluß zu ziehen, daß unsere Politik der »Globalisierung« und den auferlegten »Armutsstrukturen« für die Mehrheit der Menschen weltweit eine »Spirale der Gewalt« in Gang gesetzt hat, die letztlich zum Krieg aller gegen alle führt, global.

    Die friedlichen Gegenaktionen von Unten, in Lateinamerika als »basisdemokratische Bewegung« bekannt, hat Kardinal Ratzinger, heute: Papst Benedikt XVI., 1984 und 1986 kirchlichen Kreisen verboten. Dennoch gelangt die Bewegung in Südamerika allmählich zu neuen Gesellschaftsformen und Sozialordnungen. Von der neoliberalen Gesellschaft des Westens wird das nicht begriffen und nicht gewollt. Folglich wird diese Bewegung diffamiert und verfolgt.

    Argentinien hat hinter sich, was Europa, besonders aber Deutschland mit seinen übereifrigen neoliberalen Politikern, noch bevorsteht. Wenn sich die Gesellschaft nicht selbst befreit von den staatlichen Strukturen des Unrechts, der ersten Stufe der Gewalt, ist das Chaos der Gewalt, der Krieg gegen alle, unvermeidlich.

    Die Autorin war Mitbegründerin der basisdemokratischen Bewegung und Befreiungstheologie in Südamerika. Sie war von 1967 bis 1971 theologische Beraterin von Dom Helder Camara, dem "roten Erzbischof" von Olinda-Recife in Brasilien.
  • · Pressespiegel

    G8 in der heutigen Weltpresse

    Presseschau: Neues Wettrüsten und Verkrampfung zwischen Rußland und USA drohen, den Gipfel zu dominieren.

    Neue Züricher Zeitung

    Aus Sicht des Schweizer Blattes „empfängt Bundeskanzlerin Merkel vor der Kulisse eines neuen Wettrüstens zwischen Russland und den USA an diesem Mittwoch die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte“. … „Zurückhaltend bewertete Merkel Möglichkeiten, die an den Kalten Krieg erinnernde Konfrontation zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem amerikanischen Präsidenten Bush über ein amerikanisches Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa zu entschärfen“. Dennoch habe sich Merkel in einem Interview „von einem Erfolg des Treffens fest überzeugt“ gezeigt und sie wolle „beim G-8-Gipfel in Heiligendamm eine handlungsfähige Allianz im Kampf gegen den Klimawandel und die Armut schmieden“. Weiter stünden auf der Tagesordnung der G-8 Regierungschefs „auch die festgefahrene Welthandelsrunde, der Schutz von Erfindungen und die sozialen Folgen der Globalisierung, gegen die Zehntausende protestierten“.

    Externer Link: Quelle

     

    Die französische Tageszeitung Le Monde schreibt:

    „Die Eröffnung der Treffens der industrialisiertsten Länder G8 am Mittwoch den 6. Juni in Deutschland findet unter Hochspannung statt, wobei die wachsende Verkrampfung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland zunehmend das vorgesehenen Programm mit Schwerpunkt Klima dominiert. … Ihre (die russisch-amerikanische) Konfrontation riskiert die vorgesehenen Debatten über den Klimawandel, den Deutschland zur Priorität dieses Gipfels gemacht hat, zu verdecken.“

    Externer Link: Quelle

     

    New York Times (NYT)

    Sie beschäftigten sich in ihren Mittwochausgaben mit dem G-8 Gipfel nur im Zusammenhang mit Präsident George W. Bushs Rede am Dienstag in Prag. So zitiert die NYT Präsidenten Bush: “Chinas Führung glaubt, sie könnte weiterhin die Wirtschaft des Landes öffnen, ohne ihr politisches System zu öffnen, wir sind da anderer Meinung. In Rußland sind die einst viel versprechenden Reformen zur Ermächtigung der Bürger zum Entgleisen gebracht worden, mit besorgniserregenden Implikationen für die weitere demokratische Entwicklung“. Die NYT bewertet diese Passage wie folgt: “Das war die bisher negativste Einschätzung die Bush bis dato gemacht hat und Rußland mit China zu vergleichen riskiert Putins Zorn Ärger zu erregen“.

    Externer Link: Quelle

     

     Washington Post

    Auch diese Zeitung geht ausführlich auf die von Bush in Prag und die dort von ihm beschworene „Tagesordnung der Freiheit“ (Freedom Agenda) ein, in der er erneut „Amerika dem Ziel verpflichtet, die Welt von Tyrannei zu befreien“ und die Kriege in Irak und Afghanistan als „entscheidend für die Ausbreitung der Demokratie“ bezeichnete. Dazu zitiert die WP den Direktor der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Tom Malinowski: „Das war die eloquenteste Rede über den universalen Wert der Menschenrechte, die je ein amerikanischer Präsident gehalten hat. Aber sie wurde von einem Präsidenten gehalten, der die Menschenrechte rund um die Welt in Verruf gebracht hat. Es ist tragisch, daß dieser Präsident nicht mehr die moralische Autorität besitzt, um diese Werte zu fördern. Seine Politik hat dazu geführt, daß viele Menschen in Bezug auf Amerikas Einsatz für die Menschenrechte sehr zynisch geworden sind.“ 

    Externer Link: Quelle

    Washington Post: Harte Linie in Deutschland

    Unter dem Titel: “Deutschland verfolgt harte Linie, um G-8-Störungen zu vermeiden”,  berichtet die  Zeitung ausführlich und durchaus kritisch (mit Verweis auf die Ähnlichkeit mit polizeistaatlichen Methoden) über die deutsche Polizeiaktionen „mit 16.000 Beamten, unterstützt von Hubschraubern und Panzerfahrzeugen, und nicht zu vergessen, ein sieben Meilen langer Zaun, gekrönt mit Rasiermesser scharfem Draht. Die vielen Menschen, die aus Europa und Nord Amerka angereist sind, um ihren politischen Ansichten Gehör zu verschaffen, sind sich der riesigen Hindernisse bewußt und viele scheinen sich bereits mit einem unbefriedigenden Ergebnis abgefunden zu haben“, schreibt die WP und zitiert die 46 jährige Lisa Fithian, eine anti-G-8 Organisatorin aus Austin in Texas: „Unsere größte Sorge ist, ob wir unsere Botschaft los werden, oder werden wir von der Polizei vollkommen erdrückt? Werden wir eine Chance haben, daß unsere Stimen gehört werden, oder werden wir einfach nur geschlagen, zusammen geknüppelt, mit Reizgas besprüht und von Wasserkanonen beschossen?"

    Externer Link: Quelle

    Gaseta

    Die russische Tageszeitung schreibt am Mittwoch: „Der am Mittwoch beginnende G8-Gipfel in Heiligendamm wird wohl der kühlste sein, an dem Russland seit seiner Aufnahme in diesen elitären Klub teilnehmen wird. … Voraussichtlich wird Putin bei diesem Treffen die westlichen Partner auf Russlands Besorgnis über die Pläne der USA bezüglich des Raketenabwehrsystems sowie über die geplante schrittweise Gewährung der Unabhängigkeit an die Provinz Kosovo aufmerksam machen. George W. Bush und den europäischen Spitzenpolitikern wird es nicht gelingen, Putin zur Unterzeichnung der Energie-Charta zu bewegen“, schreibt Gaseta weiter und zitiert Dmitri Oreschkin, Leiter der soziologischen Gruppe Mercator: „Die Positionen Russlands und des Westens zu den aktuellen Fragen gehen immer weiter auseinander, und der Gipfel wird diese Tatsache fixieren“. Dennoch werde „die Kritik an Russland nicht allzu radikal sein“ betont Alexej Malaschenko vom Moskauer Carnegie-Zentrum in der Zeitung und Alexander Rahr, Experte des Deutschen Rates für Außenpolitik sagt in der Gaseta: „Niemand in den Regierungskreisen Deutschlands will Russland bei diesem Gipfel wie einen Prügelknabe wirken lassen. Dieses Treffen muss nicht nur Putin, sondern auch den russischen Eliten zu verstehen geben, dass Russland bereits integriert ist und nun ebenfalls Verantwortung für die Weltordnung trägt“.

    Externer Link: Quelle

    (Zusammenstellung Rainer Rupp)

  • Traue keiner Statistik...

    Die Zahl der schwer verletzten Polizisten bei den G8-Protesten in Rostock hätte nach statistisch üblichen Kriterien deutlich niedriger angegeben werden müssen, meldet das ideologisch unverdächtige Nachrichtenportal  von T-Online.

    Von den insgesamt 30 als schwer verletzt gemeldeten Polizebeamten mußten nur zwei stationär im Krankenhaus behandelt werden, von denen einer bereits wieder entlassen wurde. Der zweite Beamte  wird wegen eines offenen Oberarmbruchs weiter behandelt.

    ...die Du nicht selbst gefälscht hast

    Nach den gesetzlich festgelegten Kriterien für die Registrierung von Unfallopfern gilt aber nur als schwer verletzt, wer stationär behandelt wird. Die Polizei hatte von 433 verletzten Beamten, darunter 30 schwer verletzten, gesprochen.

    Ein Polizeisprecher erklärte, für die Einstufung der Art der Verletzungen habe es keine klaren statistischen Kriterien gegeben. Die Beamten der einzelnen Einsatzabschnitte hätten die Schwere der Verletzung selbst bewertet und ihre Zahlen dann an den zentralen Einsatzstab gemeldet, der sie lediglich addiert habe. In der Regel hätten sie eine Verletzung wohl als schwer klassifiziert, wenn der betroffene Polizist nicht mehr dienstfähig gewesen sei.

    Hauptursache Tränengas

    Die meisten der als schwer verletzt eingestuften Beamten haben Knochenbrüche, Prellungen und Bänderzerrungen erlitten, wie Polizeisprecher auf Nachfrage einräumten. Die hohe Zahl der insgesamt verletzten Polizisten sei vor allem durch Augenreizungen infolge von Reizstoffen entstanden - die Polizei hatte große Mengen an Tränengas gegen die Demonstranten eingesetzt.

    Ein Sprecher der Camp AG sagte, keiner der verletzten Protestierer sei stationär behandelt worden. Die als schwer verletzt eingestuften Demonstranten hätten vor allem Platzwunden und Zerrungen erlitten. Auch er berichtete, die hohe Zahl der verletzten Demonstranten sei auf Augenreizungen zurückzuführen.  Allerdings sei die Zahl von insgesamt 520 verletzten Demonstranten eher zu niedrig angesetzt - sie basiere auf den Rückmeldungen von Demonstrationssanitätern. Die AG habe aber nicht zu allen Sanitätern Kontakt gehabt.

    (jW)
  • · Nachrichten

    Tausende unterwegs zu Blockaden

    Viele Wege führen nach Heiligendamm
    Viele Wege führen nach Heiligendamm

    Aus den Camps in Rostock und Reddelich haben sich mindestens 8000 Gegner des G8-Gipfels auf dem Weg gemacht, um friedlich die Zufahrtsstraßen zum Tagungsort Heiligendamm zu blockieren, wie der Pressesprecher der Kampagne »Block G8«, Christoph Kleine, soeben jW mitteilte.

    Rund 5000 seien aus Reddelich aufgebrochen und weitere 3000 aus Rostock. Auf einer Wiese nahe Bad Doberan biete sich ein überwältigendes Bild: »Eine unglaubliche Menge von Menschen, die Stimmung ist super, alle sehr diszipliniert«.

    (jW)

  • · Nachrichten

    Bummelstreik auf Autobahn

    Bild 1

    Nach jW-Informationen findet derzeit auf der Höhe von Rostock-Laage in Fahrtrichtung Rostock ein »Bummelstreik« auf der Autobahn statt. Zahlreiche Fahrzeuge bewegen sich im Schritttempo fort und haben auf diese Weise einen Stau verursacht. Die Polizei winkt einzelne Fahrzeuge wegen Geschwindigkeitsunterschreitung zu Kontrollen heraus. (jW)

  • · Nachrichten

    Den G8 die Zähne zeigen

    erste-Proteste-laage.jpg

    Am Mittwoch ab 10 Uhr wird der Newsticker jW G8 spezial fortgesetzt - mit aktuellen Meldungen, Berichten unserer Reporter, Interviews und bissigen Kommentaren.

  • · Nachrichten

    Not Welcome

    gegen krieg.jpg

    Eindrücke vom heutigen Aktionstag gegen Militarismus und Folter und aus dem Hochsicherheitsbereich rund um Rostock und Heiligendamm.

  • · Nachrichten

    G8-Alternativgipfel eröffnet

    In der voll besetzten Rostocker Nikolaikirche ist heute der internationale G8-Alternativgipfel mit Podiumsdiskussionen und Workshops eröffnet worden.
    Ein breites Bündnis von Gewerkschaften und Organisationen wie Attac und Pro Asyl, sowie BUND Naturschutz und Greenpeace bis hin zum Evangelischen Entwicklungsdienst und Misereor hatte zu dem Kongreß eingeladen, um soziale, ökologische und friedenspolitische Alternativen zur Politik der G8-Staaten zu diskutieren. (jW)

  • · Fotostrecken

    Not Welcome

    5. Juni. Gegen Krieg und Krieger
    Die Dinge beim Namen nennen. Aktionstag gegen Militarismus
    Die wirklichen Sicherheitskräfte. Friedensdemo in Warnemünde
    Flowerpower vor der Mauer
    Im Wald und auf der Heide: Make Love, not War!
    Zum Weckdienst eingeteilt
    Leben im Camp: Nichts für Waschlappen
    Vermummt - aber frech werden!
    Wer hat hier die Hosen voll?
    Möge die G8 mit euch sein!
    Der Rechtsstaat macht dicht
    Und keiner grüßt zurück
  • · Pressespiegel

    Presseschau: Wider Hochrüstung und Provinzpolitiker

    Die mediale Hysterie über den »Schwarzen Block« weicht in den Mittwochausgaben der Tageszeitungen allmählich einer differenzierteren Berichterstattung über die staatliche Repression und ihre Folgen.

    Die Ulmer »Südwest Presse« meint: »Die blutigen Krawalle von Rostock sorgen verständlicherweise nach wie vor für Diskussionsstoff. Dennoch sollte bei der Debatte um das weitere Vorgehen der Polizei Augenmaß bewahrt werden. Wer jetzt nach dem Einsatz der Elite-Einheit GSG 9 oder gar nach der Verwendung von Gummigeschossen ruft, tut das Gegenteil. Die Vorschläge sind schon allein sachlich nicht haltbar: Die GSG 9 ist eine Antiterror-Einheit, die vor allem für Einzelaktionen wie das Befreien von Geiseln ausgebildet wurde, nicht aber für das Vorgehen gegen einen gewalttätigen Mob. Gummigeschosse sind für den Einsatz gegen Menschenmassen ebenfalls ungeeignet. Sie dienen wie Wasserwerfer nicht nur der Abschreckung, sondern sie können schwere Verletzungen hervorrufen, schlimmstenfalls sogar zum Tod führen.«


    Die »Mitteldeutsche Zeitung« in Halle verwahrt sich gegen die Hochrüstungsdebatte: »Gummigeschosse gegen Gewalttäter forderte etwa der SPD-Mann Sebastian Edathy. Und aus der Union wurde gar der Ruf nach der GSG 9 laut. Wer bietet mehr? Wie wäre es mit dem Kommando Spezialkräfte - kurz: KSK. Das ist offenbar seltener in Afghanistan im Einsatz als gedacht. Es müßte zwar die Verfassung geändert werden, um die KSK-Soldaten nach Rostock zu schicken. Aber wenn wir schon mal dabei sind ... Im Ernst: Diese Hochrüstung in der Sicherheitsdebatte ist verantwortungslos.«


    Noch schärfer reagiert die »Lausitzer Rundschau« in Cottbus: »Es gibt bei diesem Gipfel an der Ostsee eines, was sie einen könnte, die drinnen hinterm Zaun, die draußen davor und die in sicherer Distanz, die glauben, ohne ihre Anmerkungen gehe es auch nicht. Es ist der Hang zur Superlative. Der Gipfel der Gipfelstürmerei ist ohne Zweifel die absurde Forderung, die für den Antiterroreinsatz trainierte GSG 9 auf die Straße und in den Kampf gegen den schwarzen Block zu schicken. Da mischen sich Supermann-Fantasien mit einer völligen Unterschätzung der Fähigkeiten weniger spezialisierten Polizeieinheiten. (...) offensichtlich ist in diesen Tagen auf allen Hinterbänken und Stammtischen der Hang groß, allumfassend aufzurüsten. (...) Was in Rostock passierte an schlimmen Gewaltexzessen, mußte man andernorts auch schon ertragen. (...) Neu ist die grenzenlose Aufgeregtheit, die sich weniger aus der Wirklichkeit als vielmehr aus dem Drang zu Spitzenleistungen im verbalen Kraftakt erklären läßt. Es bleibt immerhin noch die Hoffnung, daß das in Heiligendamm versammelte Spitzenpersonal sich nicht anstecken läßt von der bei deutschen Provinzpolitikern offenbar weit verbreiteten Sucht nach der finalen Rettungsforderung.


    Der »Kölner Stadt-Anzeiger« kritisiert schließlich die gerichtlich abgesegneten Polizeiauflagen für Heiligendamm, Demonstranten sollen sich vor dem 24 Stunden vor dem Protest registrieren lassen: »Aus Protest gegen die gerichtlichen Auflagen wurde gestern die einzige im näheren Umkreis von Heiligendamm genehmigte Kundgebung von den Veranstaltern wieder abgesagt. (...) Das Grundgesetz schützt Demonstrationen als relativ unreglementiertes Ventil für Unmut aller Art. Wer daraus einen Verwaltungsakt mit vorheriger Sicherheitsüberprüfung macht, pervertiert die Versammlungsfreiheit. Das Verfassungsgericht hat dazu in seiner gestrigen Eilentscheidung leider gar nichts gesagt und holt dies hoffentlich im Hauptverfahren noch nach.«


    Die »Saarbrücker Zeitung« sieht einen politischen Aufbruch und wettert klischeestark: »Was die Bundesrepublik im hohen Norden auch erlebt, ist eine unerwartete Politisierung großer Teile der Bevölkerung, besonders der als träge und selbstverliebt geltenden Jugend. Respekt. Das tut dem Land gut. Die Vielfalt, Buntheit und Offenheit der Demonstranten ist genau das Gegenteil dessen, wofür der G8-Gipfel in seiner jetzigen Form steht: Er ist starr, verschlossen, elitär, entrückt. Die Fernsehbilder aus Rostock zeigten auch Demonstranten, die versuchten, Randalierern die Pflastersteine zu entreißen. Hut ab vor so viel Zivilcourage. Die Politik der G8 wird in Zweifel gezogen, nicht der Rechtsstaat. Die Krawallmacher im 'schwarzen Block' tragen hingegen Sonnenbrillen, die in China gefertigt wurden. Sie stülpen sich Kapuzenjacken aus Korea über und gehen nach der Randale amerikanische Hamburger essen und Cola trinken.«

  • · Nachrichten

    Volkszorn bei n-tv: 87 Prozent für Gummigeschosse

    Die Berichterstattung der Massenmedien über die Auseinandersetzungen auf der Anti-G8-Demonstration am vergangenen Wochenende in Rostock ist scheinbar nicht ohne Folgen geblieben:

    Eine Zuschauerumfrage des Nachrichtensenders n-tv ergab soeben eine Zustimmung von 87 Prozent der Teilnehmer für den Einsatz von Gummigeschossen bei Demonstrationen. Nur 13 Prozent beantworteten die Frage »Soll die Polizei mit Gummigeschossen gegen gewalttätige Demonstranten vorgehen dürfen?« mit Nein. Die Teilnehmerzahl dieser Umfrage erwähnte der Sender allerdings nicht.

    (jW)

  • · Nachrichten

    FDP-Innenexperte: Gefahrenzulage für G8-Polizisten

    Der FDP-Innenexperte Max Stadler hat eine Gefahrenzulage Polizisten gefordert, die beim G8-Gipfel im Einsatz sind.
    »Die besondere Gefahrenlage solcher Einsätze gegen menschenverachtende Angreifer wie in Rostock rechtfertigt eine Gefahrenzulage für die Polizisten«, sagte Stadler der »Bild«. »Schließlich halten sie dort den Kopf hin für uns alle gegen die Feinde des Rechtsstaats.« Demnach bekommen die Beamten bisher abgesehen von einer Wochenendzulage keine besonderen Zuwendungen.

    (AFP/jW)


  • · Nachrichten

    Polizei durchsucht und verhaftet Campschutz

    Bild 1

    In der vergangenen Nacht hat die Polizei die Sicherheitscrew im Camp Rostock über Stunden kontrolliert und zwei Personen in Unterbindungsgewahrsam genommen.

    Gegen zwei Uhr in der Frühe wurde die Sicherheitscrew,,die gerade am Lidl-Parkplatz ihre Kontrollrunde machte, von der Polizei angehalten. Obwohl sie deutlich machen konnten, dass sie zum Campschutz gehörten, wurden alle neun Personen mit den Begründungen „Gefahr im Verzug“ und „Drogenkontrolle“ durchsucht. Anschließend wurden sie fotografiert, wobei sie gezwungen wurden, sich zu vermummen.

    Zwei der Betroffenen wurden in Gewahrsam genommen. Die Polizei behauptete, sie würden mit den mitgeführten Funkgeräten Straftaten planen. Beide befinden sich jetzt in Unterbindungsgewahrsam. Die Funkgeräte, die der Kommunikation des Campschutzes dienen, wurden beschlagnahmt.

    Der Campschutz soll die Sicherheit der CamperInnen gewährleisten und mögliche Sachbeschädigungen unterbinden. Diese Auflagen waren von der Stadt  erlassen worden. „Wie sollen denn die Leute, die hier für Sicherheit sorgen sollen, dies tun, wenn sie mit Gewalt von der Polizei daran gehindert werden?“ so ein Sprecher der Camp-AG. „Solche Vorfälle heizen die Stimmung weiter auf und die Verantwortung dafür trägt die Polizei.“

    (Gipfelsoli/jW)

  • · Nachrichten

    B 103 kurzzeitig blockiert

    Rund 200 Menschen haben nach der Kundgebung am Flughafen Rostock-Laage die Bundesstraße 103 bei Weitersdorf blockiert.
    Die Aktion lief betont friedlich ab - die Teilnehmer demonstrierten ihren Gewaltverzicht durch Zurufe an die Polizei: »Wir sind friedlich!« und erhobene Hände. Die Polizei war mit Schäferhunden im Einsatz und drohte den Demonstraten mehrfach Zwangsmaßnahmen an. Nach etwa einer Stunde löste sich die Blockade freiwillig auf. Mindestens zwei Demonstranten wurden während der Aktion in Gewahrsam genommen.

    (jW)

  • · Nachrichten

    Italienische Gipfelgegner bei Einreise festgenommen

    München - Einen Tag vor Beginn des G8-Gipfels in Heiligendamm sind heute an der deutsch-österreichischen Grenze zwei italienische Staatsbürger festgenommen worden.

    Bei dem 44jährigen Mann und der 32jährigen Frau soll es sich um »mutmaßliche gewalttätige Demonstranten« handeln, die nach Polizeiangaben »der italienischen Hausbesetzerszene zuzuordnen« sind.

    Das Paar war mit seinem Auto am ehemaligen Grenzübergang Kiefersfelden bei Rosenheim kontrolliert worden. Bei der Überprüfung des Fahrzeugs stellten die Polizeibeamten zwei spezielle Brillen sicher, die vor Reizgas schützen. Außerdem sollen die Festgenommenen »einschlägig vorbestraft« sein. Am Mittwoch sollen die beiden Italiener einem Richter vorgeführt werden – nachdem sie bereits zugegeben hätten, auf dem Weg nach Rostock zu sein.

    (ddp/jW)

  • · Nachrichten

    Bush am Boden

    Bild 1

    Heiligendamm. US-Präsident George W. Bush ist in Deutschland. Die Airforce One landete vor wenigen Minuten aus Prag kommend in Rostock-Laage.
    Auf dem Flughafen wurde Bush von Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) begrüßt. Vor dem Airport demonstrieren hunderte Menschen friedlich gegen die Politik der USA und der G8. Der US-Präsident verzichtete auf ein Bad in der Menge und bestieg einen amerikanischen Hubschrauber, der ihn nach Heiligendamm bringt. Dort beginnt am Mittwochabend unter strengen Sicherheitsbestimmungen und weitgehender Aussetzung des Demonstrationsrechts der Weltwirtschaftsgipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands. Vor dem G8-Gipfel wird Bush morgen mittag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem bilateralen Treffen zusammenkommen, bei dem Fragen des Klimaschutzes im Mittelpunkt stehen sollen.

    (ddp/jW)
  • · Nachrichten

    Demonstranten erwarten Bush-Landung

    Rostock - Mehrere hundert G8-Gegner haben sich zur Stunde am Flughafen Rostock-Laage versammelt. Der Start der für 17.00 Uhr angemeldeten Kundgebung verzögerte sich allerdings wegen drastischer Sicherheitsmaßnahmen.

    Unter anderem wurde ein Bus mit anreisenden Teilnehmern der Kundgebung in Weitersdorf aufgehalten. Die Demonstranten werfen den G8-Staaten auf Transparenten Kriegstreiberei vor. Auf dem Flughafen soll um 19.20 Uhr US-Präsident George W. Bush landen.

    Ein starkes Polizeiaufgebot soll Ausschreitungen verhindern - alle Zufahrtsstraßen zum Flughafen wurden hermetisch abgeriegelt, auch Polizeihubschrauber sind im Einsatz. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor strenge Auflagen für die Demonstration bestätigt.

    (AP/jW)

  • · Pressespiegel

    Presseschau: Ein »Myfest« auch für Rostock

    Die in Berlin erscheinende tageszeitung fragte in ihrer Dienstagausgabe auf der Titelseite »Wer hat Angst vorm Schwarzen Block?«
    Unter dem Motto »Vom Umgang mit Hooligans« gab sie Ratschläge zur Ausgrenzung der Autonomen: »Ein bißchen ist es wie beim Fußball: Das Eingeständnis der Vereine, daß es ein Hooligan-Problem gibt, mußte der Befriedung der Stadien vorangehen. Auch dort herrschte gegenüber den angeblichen Fans lange Zeit eine Toleranz, über die Außenstehende nur staunen konnten. Geholfen haben beim Fußball die Fanprojekte, in Kreuzberg das ›Myfest‹ mit Beteiligung der Anwohner. Was es braucht, sind keine Sprechblasen, sondern solche Formen der Einflußnahme und der Ausgrenzung von Gewalttätern.« Im Innenteil konstatierte die Zeitung dann allerdings nach einem »Besuch im G-8-Camp«: »Die Basis führt die Debatte über den Schwarzen Block – und solidarisiert sich mit den Autonomen.«

    Auch die Financial Times Deutschland fand den Kampfbegriff des Polit-Hooligans chic, wußte im Gegensatz zu den Kollegen in der Berliner Kochstraße aber nicht, wie gegen sie vorzugehen ist: »Mehr Härte! Nein, weiter deeskalieren! Nach den Pflastersteinen linksextremer Krawalltouristen prasseln nun wohlfeile Forderungen auf die Polizeieinheiten nieder, die den G-8-Gipfel sichern. (...) Der Umstand, daß es in Rostock zu Straßenschlachten mit vielen Verletzten gekommen ist und daß die Chaoten am Montag weiter randaliert haben, kann noch nicht als Beweis dafür gelten, daß die Polizeistrategie völlig gescheitert ist. Denn es kann umgekehrt niemand den Beweis führen, daß es mit einer anderen Strategie weniger schlimm gekommen wäre.«

    Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist nach den Rostocker Protesten »am Boden«: »Die Niederlage des Rechtsstaats zeigt sich nicht nur in der Zahl der verletzten Beamten, sondern auch in der geringen Anzahl dingfest gemachter Gewalttäter.« Die Lübecker Nachrichten leisten massive Abbitte: »Wir entschuldigen uns. Bei Wolfgang Schäuble. Beim Bundes­kriminalamt. Bei den Polizisten. Wir entschuldigen uns für eine Fehleinschätzung, die wir in den vergangenen Wochen immer wieder publiziert haben. (...) Die Realität vertreibt die Flausen.«

  • · Ansichten

    »Deeskalation ist ein paradox gebildetes Neuwort«

    Interview: Ralf Wurzbacher
    Polizei hat ihren Auftrag umzusetzen. In Rostock mußte angekündigte Gefahrenlage hergestellt werden. Ein Gespräch mit Georg Sieber



    Georg Sieber ist Polizeipsychologe aus München. Er entwickelte u. a. Einsatztechniken für Sicherheitskräfte bei Großveranstaltungen





    Wurde bei der Großdemonstration gegen den G-8-Gipfel am Samstag in Rostock seitens der Polizei alles falsch gemacht, was sie hätte falsch machen können?


    Es gibt keine »falschen« oder »richtigen« Einsatzmethoden. Die Einsatzleiter haben die Auftragslage umzusetzen. In Rostock ging es dem Bundesminister des Inneren vor allem darum, die »Deutungshoheit« über den G-8-Gipfel gegen ATTAC und andere zu verteidigen. Dazu hatte man die Teilnehmer bereits im Vorfeld unter Generalverdacht gestellt und als zumindest unterwandert von gewaltbereiten Gruppen dargestellt. Und so wurde die Demonstration dann auch begleitet. Die Bilder aus Rostock liefern Anschauungsunterricht, wie so etwas zu machen ist.  

    Also kein Versagen, sondern Kalkül?


    Weder noch. Die multimedial angekündigte angebliche Gefahrenlage war ja vom normalen TV-Zuschauer und Zeitungsleser in den Rostocker Ereignissen klar wiederzuerkennen. Die Rostocker Veranstalter und Teilnehmer stehen heute de facto in der unmittelbaren Nähe von Schlägern und Chaoten. Sie haben an Glaubwürdigkeit ganz erheblich eingebüßt. Damit wurde der Anspruch auf die Deutungshoheit sehr erfolgreich verteidigt. Der dramatische Zaun um Heiligendamm, die Warnungen vor Chaoten, die bundesweiten Razzien Anfang Mai, die Schnüffelproben, die Kontrollen – all das erscheint nun gerechtfertigt. Das war vielleicht nicht das Kalkül, aber ganz sicher auch kein Versagen.  

    Was ist mit der sogenannten Deeskalationsstrategie der Polizei?


    Deeskalation ist ein paradox gebildetes Neuwort. Übersetzt würde es wörtlich heißen: Herunterstufung der Heraufstufung. Die Worterfinder waren wohl keine großen Lateiner. Es gibt aber auch keine nachprüfbare Polizei-»Strategie« dazu. Das Planen eines Polizeieinsatzes beginnt mit der Lage und der Lagebeurteilung. Seit Wochen waren im Falle von Rostock Demonstranten mit erheblichem Gewaltpotential angekündigt. Das erfordert ein sehr großes Polizeiaufgebot und massive Kontrollen. Auffällige Personen sind vorab zu blockieren, und die Bevölkerung ist auf eine enorme Polizeipräsenz einzustimmen. Wenn zwei Verkehrsbeamte mit weißen Mützen einen Bus kontrollieren, würde das doch niemanden nachdenklich machen. Wenn dazu aber gleich ein ganzer Trupp martialisch ausgerüsteter Beamter auftritt, dann signalisiert das jedermann: Gefahr im Verzug.

    Die späteren Krawalle wurden aus Ihrer Sicht also gezielt provoziert?


    Man müßte sagen: vorbereitet. Im Einsatzbefehl hieß das wahrscheinlich: Kräfte zeigen. Die Demonstranten wurden von dem gedrängten Polizeiaufgebot in Kampfmontur nicht nur psychisch eingeengt. Würde man etwa eine Fronleichnamsprozession in der gleichen Weise begleiten, käme es ganz sicher zu den gleichen Widerständen, Spannungen und Reibungen. Überdies finden sich in jeder Großgruppe immer auch einzelne Personen, die diese Situation zu Straftaten nutzen. Diese sogenannten Aktionsstraftäter beschädigen sozusagen im Vorübergehen ein Auto oder ein Verkehrsschild und finden im Erfolgsfall gleich auch unbedachte Nachahmer. Gegen solche Leute richtet ein geschlossener Einsatzverband als Stoßtrupp oder Kette nichts aus. Wird dies trotzdem versucht, kommt es unweigerlich zur Konfrontation – siehe Rostock. Wer dann »unschuldig« da hineingerät, muß nicht mehr zum Mitmachen überredet werden. Das ist es, womit Krawallmacher rechnen – und der Absolvent der Polizeiakademie weiß das auch genau.

    Wie spielte sich nach Ihren Informationen die Attacke auf den Polizeiwagen ab, der die Ausschreitungen ausgelöst haben soll?


    Bis zu diesem Zeitpunkt war die Demonstration überwiegend friedlich verlaufen. Eine Stimmung irgendwo zwischen Karneval und Loveparade. Die Leute schienen den martialischen Auftritt der Einsatzkräfte hinzunehmen. Dann stand da ein Polizeifahrzeug am Kundgebungsplatz. Das empfanden einige Teilnehmer offensichtlich als Herausforderung. Das Fahrzeug wurde attackiert, ein Gruppe von Polizeibeamten versuchte einzugreifen, und danach überstürzten sich die Ereignisse. Im geschlossenen Einsatz bleibt da nur noch, den Schlagstock freizugeben und Riegel zu bilden. Na ja.

    Augenzeugenberichte weisen auf den Einsatz sogenannter Agents provocateurs hin. Erscheint Ihnen das denkbar?


    Die Möglichkeit besteht jedenfalls, zumal dies in der Einsatzausbildung behandelt wird. Aber in dieser Situation bedurfte es keiner besonderen Provokateure.  

    Haben Sie Kenntnisse von derlei Versuchen in Rostock?


    Wir haben keine Erkenntnisse, allenfalls Hinweise. Soweit bekannt, ist kein einziger aus dem sogenannten schwarzen Block festgenommen oder vernommen worden, obschon doch gerade von diesem Block die Gewalt ausgegangen sein soll.