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Aus: Ausgabe vom 12.12.2024, Seite 10 / Feuilleton
Literatur

Ciao, PEN

Prominente Mitglieder verlassen den PEN Berlin im Streit über eine Nahostresolution
Von Peter Merg
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Ziel heftiger Anwürfe: PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel

Lange hat man es nicht miteinander ausgehalten. Der PEN Berlin, vor zwei Jahren auf Betreiben des Welt-Journalisten Deniz Yücel unter Beteiligung von viel Prominenz aus Medien- und Literaturlandschaft gegründet, muss den Austritt einer Reihe namhafter Mitglieder verkraften. Grund ist die Haltung des Schriftstellerverbandes zum Nahostkonflikt. Konkret: Die durch die israelische Armee in Gaza und Libanon getöteten Journalisten und Autoren. Erst am Wochenende hatte die Internationale Journalistenföderation (IFJ) gemeldet, dass in diesem Jahr 104 Journalisten während ihrer Arbeit getötet wurden – die Hälfte davon in Gaza.

Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des PEN Berlin am Sonntag wurde ein Resolutionsentwurf, der deutliche Kritik an der Tötung von Autoren sowie der Zerstörung kultureller Infrastruktur übt, mit 82:83 Stimmen abgelehnt. Statt dessen wurde ein »Kompromissantrag« verabschiedet, dessen Kritik milder ausfällt. Ein weiteres, israelfreundliches Papier hatte keine Chance. Nun haben am Montag 25 Mitglieder ihren Austritt erklärt und dies mit einem offenbar maßgeblich vom Historiker Per Leo verfassten gemeinsamen Schreiben begründet, das die Frankfurter Rundschau am Montag veröffentlichte. Dazu zählen u. a. Dima Al-Bitar Kalaji, Yassin Al-Haj Saleh, Diederich Diederichsen, Deborah Feldman und Susan Neiman. In dem Text heißt es, der Verband habe strukturelle Probleme: »Eine PEN-Sektion, die nur noch den Regeln der Machtpolitik und der Logik der Selbsterhaltung folgt, hat ihre Daseinsberechtigung verloren.« Der Verein habe sich »in die Geiselhaft einer kleinen Gruppe begeben, deren Daseinszweck im Erschnüffeln antisemitischer Verdachtsmomente besteht«.

Scharfe Kritik wird an den beiden Vereinssprechern geübt – Yücel und der erst Anfang November neu gewählten Schriftstellerin Thea Dorn: »Das Führungsduo des PEN Berlin verbindet Orientierungslosigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht. (…) Intellektuell überfordert, historisch uninformiert, von einem strategischen Bewusstsein, das an der Vereinstür endet, hat diese Führung der Politisierung des PEN Berlin alle Schleusen geöffnet.« Deshalb sage man nun »Ciao, PEN Berlin«. Der Verband hat sich bislang nicht dazu geäußert.

Die Sektion der internationalen Schriftstellervereinigung PEN (Poets, Essayists, Novelists) war 2022 mit dem Anspruch formiert worden, sich mit zeitgemäßen Methoden und mit weniger Vereinsmeierei für die Belange verfolgter Autoren und die Meinungsfreiheit einzusetzen, als es das deutsche PEN-Zentrum mit Sitz in Darmstadt bislang vermocht hatte. Dessen Präsident war Yücel 2021/22, trat aber nach heftigem Streit über seine Amtsführung und insbesondere seine Forderung nach Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine durch die NATO aus dem Verband aus. Auch das deutsche PEN-Zentrum plagen derzeit wieder interne Auseinandersetzungen. Ebenfalls am Wochenende hatten 21 Mitglieder unter dem Dach des Verbandes eine »Gruppe Leipzig« mit eigenen Sprechern formiert, um die Anliegen ostdeutscher Autoren besser zur Geltung zu bringen. Im aktuellen Vorstand sei kein ostdeutsches Mitglied vertreten.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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