Milliarden verbrannt
Von Ralf Wurzbacher
Drei Jahre Krieg in der Ukraine haben die Menschen in Deutschland viel Geld gekostet. Zu den vielen Milliarden Euro für Waffen zur Verlängerung des Gemetzels kommen horrende Mehrausgaben für Lebensmittel und Energie. Letztgenannte Posten hat das Vergleichsportal Verivox mit neuen Zahlen belegt: Demnach liegen die Ausgaben für Strom, Heizung und Kraftstoff noch immer 31 Prozent über dem Stand der Zeit vor dem russischen Angriff 2022. Einer am Montag veröffentlichten Analyse zufolge muss ein durchschnittlicher Dreipersonenhaushalt aktuell 5.407 Euro jährlich dafür aufbringen, dass es zu Hause warm ist, die Waschmaschine und das Auto laufen. Übers Jahr 2021 hinweg brauchte es dafür noch 4.121 Euro, also knapp 1.300 Euro weniger.
Ein Profiteur ist der hierzulande führende Gashändler Uniper. 2024 hat dieser einen um Zinsen, Steuern und Abschreibungen bereinigten Überschuss in Höhe von 1,6 Milliarden Euro eingespielt, wie das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf am Dienstag mitteilte. Das sei ein Ergebnis auf »hohem Niveau«, welches jedoch absehbar nicht zu halten wäre, heißt es in einer Bekanntmachung. Für das laufende Jahr rechnet das Management mit Erträgen von maximal 550 Millionen Euro. 2023 betrug der Reingewinn noch mehr als 4,4 Milliarden Euro. Hintergrund waren enorme Preisschwankungen auf hohem Niveau an den Energiemärkten, die sich der Konzern durch sogenannte Sicherungsgeschäfte im Bereich der Stromerzeugung aus Kohle- und Gaskraftwerken zunutze machte. Zudem sorgte die Beschaffung von Ersatz für weggebrochene Gaslieferungen aus dem Osten für hohe Erträge. Der Wegfall dieser krisengetriebenen Effekte wird die Bilanzen zumindest auf kurze Sicht drücken.
Das muss die Bürger im Land nicht bekümmern, schließlich haben sie den Laden mit üppigen Hilfen vor dem Konkurs bewahrt. Uniper, 2016 von Eon abgespalten, hatte seine Gaskontingente lange Zeit weit überwiegend aus Russland bezogen. Mit dem durch die westliche Sanktionspolitik provozierten Lieferstopp Moskaus war damit plötzlich Schluss, Uniper sein Hauptgeschäftsfeld los und über Nacht ein Fass ohne Boden geschaffen. Per Verstaatlichung übernahm im Dezember 2022 der Bund zu über 99 Prozent das Ruder. Alles in allem dürfte die »Rettung« – der Kauf, die Beihilfen und Schuldenübernahme – die Steuerzahler mehr als 30 Milliarden Euro gekostet haben.
Dafür gibt es jetzt etwas zurück: In den kommenden Wochen will das Unternehmen rund 2,6 Milliarden Euro an die BRD zurückerstatten, nach 530 Millionen Euro, die es bereits im September 2024 überwiesen hatte. Zuvor hatte ein Schiedsgericht Uniper mehr als 13 Milliarden Euro an Schadenersatz wegen ausgebliebener Gaslieferungen seitens des russischen Gasprom-Konzerns zugesprochen. Das Urteil dürfte allerdings ohne Wirkung bleiben. Dass Russland die Rechnung begleicht, gilt als extrem unwahrscheinlich. Und weil eigentlich der Bund die Zahlungen zur Kompensation seines Engagements für sich beansprucht, kann man fast sicher sein, dass die Uniper-Rettung ein fettes Minus in der Staatskasse hinterlassen wird. Das Unternehmen selbst hat lediglich die Erstattung eines Teils der Beihilfen in Aussicht gestellt, sollten die Geschäfte wieder besser laufen.
Dieser Punkt ist längst erreicht, womit der Staat seine Schuldigkeit getan hat. Ein vor drei Jahren geschlossener Deal mit der EU-Kommission verlangt eine Reprivatisierung von Uniper bis zum Jahr 2028. Dann muss der Bund seine Anteile auf höchstens 25 Prozent plus eine Aktie zurückfahren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters jüngst berichtete, zielt die Bundesregierung aber wohl auf einen Komplettverkauf ab, wobei der kanadische Vermögensverwalter Brookfield ganz oben auf der Wunschliste stehen soll. Mit einem Abschluss ist laut einem Insider vielleicht schon nach dem kommenden Sommer zu rechnen. Dies jedoch unter der Bedingung, dass künftig wieder Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet werden können. Der dafür nötige Bundestagsbeschluss gilt als Formsache. Schließlich macht Verbraucherabzocke mit Gewinnbeteiligung erst richtig Spaß.
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