Berliner Senat legt die Axt an
Von Gudrun Giese
Die Proteste gegen die massiven Kürzungen des Berliner Senats in den Bereichen Bildung, Soziales, Wissenschaft und Kultur reißen nicht ab. Am vergangenen Wochenende haben zuletzt rund 10.000 Menschen gegen den sozialen Kahlschlag demonstriert. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin warnt seit Wochen vor den Folgen der Einschnitte, denn die Kürzungen würden dauerhaft Strukturen zerstören, die für junge Menschen und Familien, für Migranten, queere Menschen, für Menschen mit wenig Geld und auch für Pädagogen unverzichtbar seien, betonte die GEW in einer Mitteilung vom 21. Februar So würden Angebote zerstört, »die wir in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung dringend brauchen«. Die GEW lässt nun vermehrt Vertreter betroffener Institutionen aus der Praxis zu Wort kommen, um darzulegen, welche verheerenden Folgen die Mittelkürzungen für ihre Arbeit nach sich ziehen werden.
Die Streichungen im Bildungssektor summieren sich auf 39 Millionen Euro, wovon bewährte Programme der Bildungs- und Aufklärungsarbeit gegen Antisemitismus, der queeren Bildungsarbeit sowie weiterer Jugend- und Familienprojekte betroffen seien, so die GEW. Die Kürzungen müssten umgehend zurückgenommen werden, da sie gravierende Folgen für die Berliner Bildungslandschaft hätten. »Schulen können nicht alles allein leisten – sie sind auf die Expertise externer Fachkräfte angewiesen«, wurde Gökhan Akgün, Vorsitzender der GEW Berlin, in der Presseinformation zitiert. Ausgerechnet Organisationen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen, sind besonders stark von den Streichungen betroffen. Das sei unfassbar, so Akgün, »gerade jetzt, wo Antisemitismus in der Gesellschaft zunimmt«. So solle die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) keine Fördermittel mehr erhalten. Das Projekt Meet 2 Respect, das gemeinsame Unterrichtsbesuche von jüdischen und muslimischen Religionsvertretern organisiere, sei ebenfalls betroffen. »Diese Kürzungen sind nicht nur kurzsichtig, sondern auch zutiefst unglaubwürdig«, kritisierte der Berliner GEW-Vorsitzende.
Starke finanzielle Einschnitte sehe die Senatsbildungsverwaltung zudem für queere Bildungsprojekte vor, die ihre Arbeit vermutlich nicht fortsetzen können. Betroffen seien die Fachstelle Queerformat, die in Bildungseinrichtungen für die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt wirbt, sowie die »Inter*Trans*Beratung Queer Leben«. »Die CDU-geführte Bildungsverwaltung legt die Axt an die Strukturen, die junge Menschen, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern in Zeiten zunehmender Diskriminierung dringend brauchen«, erklärte dazu Gökhan Akgün. Kürzungen in diesem Sektor seien ebenso unverantwortlich wie die Einschnitte in der Jugendarbeit sowie bei Angeboten, die sich an geflüchtete Familien richteten. Damit werde ein Bereich beschnitten, der präventiv Jugendgewalt eindämme. Insgesamt sind rund hundert Projekte im Bildungsbereich von den Streichungen betroffen. Einige von ihnen erhalten ab dem 1. April keine Zuschüsse mehr, berichtete vergangenen Freitag der RBB. Auch die Urania Berlin, die Bildungsangebote für alle anbietet, werde ab April keine Mittel mehr bekommen.
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