Dasselbe Leben
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Im Dolby Theatre in Los Angeles brandete kräftiger Applaus auf: »Wir rufen die Welt auf, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um die Ungerechtigkeit zu beenden und die ethnische Säuberung des palästinensischen Volkes zu stoppen«, rief Basel Adra (Foto, l.) von der Bühne, nachdem der u. a. in seiner Regie gedrehte »No Other Land« in der Nacht zu Montag mit dem Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet worden war. Das von einem vierköpfigen israelisch-palästinensischen Regiekollektiv gedrehte Werk behandelt die fortwährende Entrechtung und Vertreibung von Palästinensern durch Israel im Westjordanland. Von dort stammt auch Adra, der bei der Preisverleihung zuvor gesagt hatte: »Vor etwa zwei Monaten bin ich Vater geworden, und ich hoffe für meine Tochter, dass sie nicht dasselbe Leben führen muss wie ich jetzt. Immer in Angst vor Siedlergewalt, den Abriss unserer Häuser und Vertreibung (…) ›No Other Land‹ spiegelt die harte Realität wider, die wir seit Jahrzehnten ertragen müssen und gegen die wir uns immer noch wehren.« Auch Koregisseur Yuval Abraham (Foto, r.), ein Israeli, fand deutliche Worte: Zwar sei der 7. Oktober 2023 »ein Verbrechen« gewesen und müssten die israelischen Geiseln freigelassen werden, doch müsse die Zerstörung des Gazastreifens ebenso enden wie die Ungleichbehandlung von Israelis und Palästinensern. »Mein Volk kann erst wirklich sicher sein, wenn Basels Volk wirklich frei ist.« Dabei schloss er Kritik an den USA an: »Ich muss sagen, dass die Außenpolitik in diesem Land dazu beiträgt, diesen Weg zu blockieren.«
Erwartungsgemäß bezeichnete der israelische Kulturminister Miki Zohar die Auszeichnung des Films auf X als »traurigen Moment für die Welt des Kinos«. »No Other Land« hat noch immer keinen US-Verleih gefunden, in Deutschland wurde der Film bisweilen nur mit distanzierenden Voreinblendungen gezeigt. »No Other Land« war bereits 2024 bei der Berlinale prämiert worden, auch damals hatten die Filmemacher bei der Preisverleihung den Krieg gegen Gaza scharf kritisiert. Es schloss sich ein heftiger kulturpolitischer Streit über vermeintlichen Antisemitismus an, der »Skandal« dient noch immer zur Begründung für repressive Maßnahmen gegen kritische Künstler. (jW)
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