Es war sicher keine Übertreibung, als das Veranstalterbündnis der Demonstration »Grenzenlose Solidarität statt G20« auf der Abschlusskundgebung am Millerntor von »handgezählten 76.000 Teilnehmern« sprach. Selbst die Polizei korrigierte ihre Schätzungen auf mehr als 50.000 Menschen, die von den Deichtorhallen zum Millerntor marschiert seien. Das Boulevardblatt Hamburger Morgenpost schrieb von über 100.000 Teilnehmern. Eine Mitorganisatorin sagte am Nachmittag, alle könnten sich gegenseitig gratulieren, weil es nicht gelungen sei, die Protestbewegung zu spalten.
Mit einem kurdisch-internationalistischen Block an der Spitze war die Demonstration um die Mittagszeit gestartet. Es folgte ein endloser, vielfältiger und bunter Zug: Fans des FC St. Pauli, Klimaschützer, ein Block von gewerkschaftlichen und linken Jugendverbänden, kommunistische Parteien und viele Menschen, die »einfach so« ihren Protest gegen die Politik der G20 auf die Straße tragen wollten.
Entgegen mancher Befürchtungen hatten die Ereignisse der vergangenen Nacht im Schanzenviertel die Mobilisierung für die Großdemonstration offenkundig nicht bremsen können. Manche Teilnehmer reagierten allerdings auf ihre Weise und forderten auf Schildern »friedlichen Protest«. Einer kommentierte auf einer Pappe: »Wenn ihr euch über die Schanze empört, sagt nicht, Afghanistan sei sicher«.
Die Polizei setzte trotz der friedlichen Stimmung ihre Provokationen gegen die G-20-Proteste fort. Schon zu Beginn zogen behelmte und gepanzerte Beamte auf. Polizeifahrzeuge steuerten mitten in die Menge und wendeten. Es kam zu mehreren Festnahmen, ohne dass dafür Anlässe erkennbar waren. Trotzdem blieb der Demonstrationszug geschlossen und ließ sich nicht provozieren.
Zu einer größeren Störung kam es allerdings, als Greiftrupps der Polizei während des Marsches eine türkische kommunistische Gruppierung attackierte. Die Einsatzleitung begründete die Aggression damit, dass es in dem Block zu Vermummungen gekommen sei. Laut der Pressemitteilung der Polizei gelang es den Aktivisten jedoch, sich dem Zugriff der Beamten »in alle Richtungen« zu entziehen.
Auch während der Abschlusskundgebung störte der staatliche schwarze Block die ordnungsgemäße Durchführung durch wiederholte Übergriffe. Unter anderem in der Nähe des Verkaufsstandes der jungen Welt kam es zu einem Einsatz von Wasserwerfern und Pfefferspray, Die Hintergründe waren zunächst unklar.
Sollte das Ziel der Provokationen gewesen sein, das breite Bündnis zu spalten, ist diese Rechnung nicht aufgegangen. So solidarisierte sich beispielsweise der Klimaschutzblock mit den von der Polizei angegriffenen und direkt hinter ihnen gehenden Kommunisten. Die gesamte Demonstration stoppte, um ein Ende der Polizeiübergriffe zu erzwingen.
Die Breite der Bewegung wurde auch während der Abschlusskundgebung deutlich, während der unter anderem Vertreter von »Black Lives Matter« aus den USA sowie der Hamburger Kampagne »Recht auf Stadt« das Wort ergriffen.
Mit dieser Großdemonstration hat die Protestbewegung ein erfolgreiches und deutliches Signal gesetzt, dass sich der Widerstand gegen die unsoziale Politik der G20 nicht durch Polizei und Medienhetze spalten und schwächen lässt. Die Aktion am Sonnabend war ein großartiger (vorläufiger) Abschluss der Aktionswoche gegen das Gipfeltreffen in Hamburg.