Fluchtursache Nummer eins ist der globale Kapitalismus. Die Kriege des Westens und seine Waffenexporte, die rücksichtslose Ausbeutung und die Ausplünderung ganzer Länder zwingen Menschen dazu, ihrer Heimat zu entfliehen, um ein Auskommen in den reichen kapitalistischen Metropolen zu finden.
Wie verhält sich die Linke in Deutschland bzw. in Europa zu diesen Fragen? Antwort darauf sollte die Podiumsdiskussion, Abschluss und Höhepunkt der Rosa-Luxemburg-Konferenz, geben. Es diskutierten Selma Schacht, Mitglied der Partei der Arbeit und Arbeiterkammerrätin in Wien, Günter Pohl, Sekretär für Internationales im Parteivorstand der DKP, Lorenz Gösta Beutin, Abgeordneter der Partei Die Linke im Bundestag und Canan Bayram, für die Grünen im Bundestag.
Der Chefredakteur der jungen Welt, Stefan Huth, konfrontierte die Teilnehmer des Podiums mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen Zuständen, also Rechtsruck und Flüchtlingsabwehr der europäischen Staaten sowie mit dem beklagenswerten Zustand der Linken. Schacht erläuterte den Rechtsruck in Österreich und machte darauf aufmerksam, dass ÖVP, FPÖ und Neos zusammen eine »verfassungsmehrheit« im österreichischen Parlament besitzen und deshalb auch Institutionen wie die Arbeiterkammer unter Druck geraten könnten. Gegen diesen rechten Block, gegen den Sozialabbau müsse ein linker gewerkschaftlicher Kampf aufgebaut werden. »Als Marxisten müssen wir deutlich machen, dass alle Arbeiter unabhängig von ihrer Herkunft gemeinsame Interessen haben. Das müssen wir denjenigen sagen, die derzeit rassistisch verblendet sind.
Angesprochen auf die Debatten innerhalb der Partei Die Linke sagte Beutin: »Es ist ein Irrweg, zu glauben, man könne diejenigen, die rechts gewählt haben, erreichen, wenn man mit populistischen Parolen spielt.« Man müsse die Ursachen der gesellschaftlichen Krise benennen, eine Antwort geben auf die soziale Frage und die Krise des Parlamentarismus. »Die Linke muss klare und solidarische und systemüberwindende Positionen vertreten. Wir müssen grundsätzlich in der BRD etwas verändern. Ein Fehler ist dagegen die Annahme, man müsse den Rechten ihre Parolen wegnehmen – das hat noch nie funktioniert.«
Pohl erinnerte daran, dass die Arbeiter immer in einer Konkurrenzsituation stehen, dies werde aber verschärft durch die Menschen, die nach Deutschland kommen. »Wir als DKP haben aber gesagt: Unsere Willkommenskultur heißt: Gemeinsam kämpfen!« Unabhängig von Herkunft und Pass. »Wir schauen auf die Ursachen. Kapitalismus und Krieg sind nicht voneinander zu trennen, der Krieg ist das Geschäftsmodell des Kapitalismus. Wir dürfen den Kampf dagegen nicht aufgeben, aber wir müssen auch sagen, was danach kommen soll. Wir wollen den Sozialismus.«
Bayram versicherte, sie werde Angela Merkel niemals ihre Stimme geben und unter keinen Umständen für Kriegseinsätze votieren. Zum Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der wie sie Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen ist, sagte Bayram: »Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten.«