In Venezuela haben die Präsidentschaftswahlen begonnen. Um 6 Uhr morgens (Ortszeit) öffneten die Wahllokale. Die Venezolaner entscheiden heute zwischen dem Kandidaten der Revolution, Nicolás Maduro, und dem Vertreter der Opposition, Henrique Capriles Radonski.
Ab 3 Uhr nachts waren Gruppen von Anhängern Maduros in ganz Caracas unterwegs, um mit Feuerwerk, Sirenen und Musik die Menschen zu wecken und zur Wahl aufzurufen. Diese »Toque de diana« ist seit dem Amtsenthebungsreferendum 2004 Tradition der Chavistas geworden. Damals hatten die Anhänger von Hugo Chávez aufgerufen, sehr früh am Morgen zu wählen, um Manipulationen und Provokationen der Opposition den Boden zu entziehen.
Die Wahllokale sind bis 18 Uhr Ortszeit geöffnet. Allerdings können Wähler, die zu diesem Zeitpunkt noch in der Schlange warten, noch ihre Stimme abgeben, so daß sich das endgültige Ende der Wahl meistens um etwa eine Stunde verzögert. Mit ersten offiziellen Ergebnissen wird wenige Stunden später gerechnet.
Am Vorabend der Wahlen in Venezuela haben die Behörden die Menschen aufgerufen, sich nicht provozieren zu lassen und am Sonntag diszipliniert und fröhlich ein Fest der Demokratie zu feiern. In einer über alle Rundfunk- und Fernsehsender des Landes ausgestrahlten Ansprache würdigte die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE), Tibisay Lucena, die Unterstützung durch 157.276 Wahlhelfer, 88.928 Techniker und Informatiker sowie durch 170 internationale Wahlbegleiter und die Einheiten der Nationalen Bolivarischen Streitkräfte.
»Alle Garantien sind gegeben. Die politischen Organisationen verfügen über alle beantragten Bedingungen«, betonte Lucena. »Wir möchten die politischen Sprecherinnen und Sprecher um Aufmerksamkeit bitten. Es ist fundamental, daß ihre Mitteilungen konsequent einem Klima des Friedens dienen, das wir alle für diese Wahlen wollen. Es ist sehr wichtig, daß wir alle verantwortlich agieren, damit es keinerlei Ausbruch von Leidenschaften, keine Verletzung der guten Entwicklung des Prozesses gibt. (...) Mögen die Intoleranten sprachlos zurückbleiben. Diejenigen, die niemals zur Demokratie beigetragen haben und die heute versuchen wollen, sie zu stören, sollten ignoriert und als eine absurde Minderheit verurteilt werden, die der Vergangenheit angehört.«
Mit ihrer Mahnung spielte Lucena auf Gruppen wie die sich als Studentenbewegung präsentierende Organisation JAVU (Aktive Jugend Vereintes Venezuela) an. Medien hatten am Sonnabend über einen entdeckten Plan dieser Gruppe berichtet, der detaillierte Planungen für gewaltsame Protestaktionen in verschiedenen Teilen Venezuelas beinhaltet haben soll. Dem Papier zufolge, das offenbar auch an andere Regierungsgegner weitergeleitet wurde, war die Gruppe fest entschlossen, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen und mit Protesten auf angebliche »Manipulationen« zu reagieren.
JAVU selbst dementierte die Authenzität des Papiers und erklärte, ihre Proteste würden »strikt im Rahmen der Verfassung« ablaufen. Allerdings hatten sich in den vergangenen Tagen Sprecher der Opposition auf das in dem 1999 verabschiedeten Grundgesetz festgehaltene »Widerstandsrecht« berufen.
Ausgelassen haben Hunderte Menschen am Freitag abend (Ortszeit) den Start des ersten Digitalsenders Venezuelas gefeiert. Um 21 Uhr hatten der geschäftsführende Staatspräsident Nicolás Maduro und sein Stellvertreter Jorge Arreaza auf der Plaza de los Museos im Zentrum der Hauptstadt Caracas den offiziellen Startschuß für ConCiencia TV gegeben.
Der Name des neuen Kanals, der zunächst im Probebetrieb sendet, ist ein Wortspiel. Zum einen läßt er sich als »Con Ciencia« – »Mit Wissenschaft« – lesen, zum anderen bedeutet »Conciencia« allerdings auch »Bewußtsein«.
Betrieben wird der Sender vom Ministerium der Volksmacht für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTI). Im Programm sollen den Venezolanern neue technische Entwicklungen vorgestellt und Forschungsergebnisse präsentiert werden. Breiten Raum wird auch das Kinderprogramm einnehmen. Zur Illustration von dessen Machart führte einer der Moderatoren am Freitag seinem staunenden Präsidenten vor, wie man einen Bleistift in einen mit Wasser gefüllten Plastikbeutel stechen kann, ohne daß Wasser austritt. Fasziniert verfolgten auch die zahlreichen in- und wenigen ausländischen Journalisten das Schauspiel.
ConCiencia soll nur der erste von bis zu 100 neuen Programmen sein, die innerhalb der nächsten drei Jahre gestartet und über terrestrisches Digitalfernsehen (DVB-T) verbreitet werden sollen.So schlug Maduro vor, mehrere Jugendkanäle und ein eigenes Programm für die Arbeiterklasse zu lancieren.
Venezuela hat sein DVB-T erst vor wenigen Monaten gestartet, nachdem zunächst analysiert worden war, welches der international konkurrierenden Systeme das beste sei. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstaaten des südamerikanischen Marktes MERCOSUR entschied man sich dann für das in Japan entwickelte System, berichtete Maduro. Dadurch wurde erreicht, daß die meisten Staaten Südamerikas das selbe System benutzen und ein Programmaustausch vereinfacht wird.
Maduro erinnerte zudem daran, daß der Start des neuen Senders ein wichtiges Symbol sei. Exakt vor elf Jahren, am 12. April 2002, hätten die Putschisten den damals einzigen staatlichen Fernsehkanal, Venezolana de Televisión, abgeschaltet, während die Privatsender nur noch Zeichentrickfilme ausgestrahlt hätten, um den Protest des Volkes gegen den Staatsstreich zu verschweigen. Nun jedoch werde eine weitere Stimme des Volkes auf Sendung gebracht.
Ein Höhepunkt der Eröffnungsfeier war der Auftritt des uruguayischen Volkssängers Daniel Viglietti, der sein neues Lied »Bolivariano« vorstellte, das er Venezuela und Hugo Chávez gewidmet hatte. Im Gespräch mit junge Welt sagte er, daß er mit diesem Lied eine »Schuld begleichen« wolle, da er in Venezuela in den 70er Jahren, als in seiner Heimat eine Militärdiktatur herrschte, Zuflucht gefunden hatte. Zudem sei er begeistert, wie sich Venezuela in der Bolivarischen Revolution unter Hugo Chávez entwickelt habe.
Ein Hauptthema des Wahlkampfes von Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski war die angebliche Warenknappheit in den Geschäften Venezuelas. Er schlug den ihm nahestehenden Künstlern bei einer Kundgebung sogar vor, ein neues Lied zu verfassen: »No hay« – »Ham wa nich’«, »Gibt’s ned«
Aktuell gilt Klopapier als extrem knappes Gut, vor wenigen Tagen waren es noch weißer Zucker und Maismehl.
Doch merkwürdigerweise betrifft der Mangel normalerweise nur einzelne Waren. Klopapier ist rar, aber alle anderen Hyieneartikel sind ebenso zu haben wie alles andere, was aus Papier hergestellt wird: Windeln, Servietten und Damenbinden, Zeitungen und Schulhefte gibt es in Massen.
Für die Regierung ist das Fehlen einzelner Waren die Folge eines klaren Boykott-Gebarens der privaten Warenlieferanten und Ladenketten. In der staatlichen Supermarktkette »Abastos Bicentenario« ist von einem solchen Mangel nichts zu spüren. Die Regale sind voll mit Toilettenpapier.
»Nehmt euch viel Zeit mit, wenn ihr dorthin geht, und nehmt euch danach nichts vor«, riet uns eine Einwohnerin. In der Tat gleicht ein Besuch in diesem Supermarkt einem ganztägigem Familienausflug. So stellt sich halt das eine Familienmitglied schon mit dem Wagen in die kilometerlange Schlange vor der Kasse, während der Rest der Familie durch den riesigen Laden streift und die Sachen zum Einkaufswagen bringt: Flachbildschirme, Kleidung, Klopapier, Frischfleisch, Meeresfrüchte und was das Herz sonst noch begehrt und der familiäre Geldbeutel hergibt. Und das alles zum staatlichen Festpreis, der oft weit unter dem der privaten Supermärkte liegt.
Wir haben heute noch was vor, also verlassen wir unverrichteter Dinge und ohne Klopapier das Einkaufsparadies. Mal sehen, wieviele Papiertaschentücher wir noch haben...
Kurz nach Beendigung der Großkundgebung zum Wahlkampfabschluß am Donnerstag wurde im Stadtviertel La Campiña in Caracas ein junger Arbeiter des staatlichen Erdölkonzerns PDVSA von bislang unbekannten Tätern ermordet. Die Motive der Mörder sind noch unklar, ein politischer Hintergrund wird jedoch angenommen.
Das Opfer, Alejandro Dávila, hatte sich bei zahlreichen Veranstaltungen der sozialistischen Bewegung Venezuelas um das Abbrennen von Feuerwerk gekümmert. Auch zum Zeitpunkt der Tat hatten Arbeiter von PDVSA vor dem Firmensitz in der Avenida Libertador Raketen abgefeuert, so daß die Schüsse der Mörder im Krach der Böller untergingen.
Augenzeugen berichteten, daß die Täter zwei Männer auf schweren Motorrädern gewesen seien. Edgardo Lanz, der Vorsitzende der örtlichen Nachbarschaftsvereinigung, berichtete im staatlichen Fernsehen VTV, daß er gerade auf dem Heimweg gewesen sei, als er an der Ecke, an der das Feuerwerk abgeschossen wurde, mit einigen Fotografen ins Gespräch gekommen sei. Plötzlich seien die Leute an der nächsten Straßenecke auseinandergelaufen, während ein Mensch leblos auf dem Boden lag. »Die Täter flohen auf schweren Motorrädern. Das scheint ein Attentat von Söldnern gewesen zu sein«, sagte Lanz.
Die venezolanische Kriminalpolizei CICPC hat die Ermittlungen aufgenommen. Das Verbrechen ereignete sich nur kurze Zeit nachdem Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bei der Abschlußkundgebung über die Festnahme mehrerer Paramilitärs berichtet hatte, deren Auftrag offensichtlich gewesen sei, Mordanschläge auf soziale Aktivisten Venezuelas zu verüben.
Wahlkampfabschluß in Venezuela: Präsidentschaftskandidat der Linken informiert über Festnahme von Paramilitärs und ruft zu Wachsamkeit auf.
Vor mehreren Millionen Teilnehmern einer Großkundgebung zum Wahlkampfabschluß im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt Caracas hat der geschäftsführende Präsident des Landes, Nicolás Maduro, am Donnerstag über die Verhaftung mehrerer Paramilitärs informiert. Diese Terroristen seien aus Kolumbien in Venezuela eingesickert und mit Uniformen der venezolanischen Streitkräfte und Waffen ausgerüstet worden. Ihre Aufgabe sei es gewesen, mit Anschlägen die Lage im Land zu destabilisieren, so Maduro. Nähere Details sollten bei einer Pressekonferenz am Freitag bekanntgegeben werden.
Der Tag hatte in Caracas heiß begonnen. Die Temperaturen stiegen weit über 30 Grad, die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel. Doch auch politisch war das Klima schon vor den Enthüllungen Maduros aufgeheizt. Am 11. April jährte sich zum elften Mal der Putschversuch der rechten Opposition gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Hugo Chávez 2002, der innerhalb von 47 Stunden durch einen Volksaufstand niedergeschlagen werden konnte. Am Donnerstag endete jedoch auch offiziell der Wahlkampf um das Präsidentenamt Venezuelas.
Der Kandidat des Regierungslagers, Nicolás Maduro, hatte seine Anhänger dazu aufgerufen, nicht weniger als sieben große Avenidas im Zentrum der Hauptstadt zu füllen. Drei Millionen Menschen sollten so eine Antwort auf die Abschlußkundgebung des Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski geben, der am vergangenen Sonntag mehrere hunderttausend Menschen auf die Avenida Bolívar mobilisieren konnte.
Am Donnerstag war diese sechsspurige Hauptverkehrsstraße schon in den frühen Morgenstunden mit Menschen gefüllt, obwohl die Kundgebung offiziell erst um 14 Uhr beginnen sollte. Die ersten Teilnehmer hatten sich schon mitten in der Nacht dort eingefunden, um sich einen Platz in unmittelbarer Nähe der Hauptbühne zu sichern. Andere trafen sich am Vormittag in ihren Stadtvierteln, um gemeinsam in das Stadtzentrum zu ziehen. So trafen wir gegen 11 Uhr auf der Sabana Grande, einer Einkaufsstraße im Westen von Caracas, auf mehrere hundert Jugendliche, die einen Demonstrationszug gebildet hatten und sich lautstark auf den stundenlangen Weg zur Avenida Bolívar machten. Zum gleichen Zeitpunkt waren die Metrozüge bereits überfüllt mit Menschen, die mit ihren roten T-Shirts leicht als Chavistas, als Anhänger des am 5. März verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez und dessen Nachfolger Nicolás Maduro, zu erkennen waren. Nach vierzehn Uhr war es dann nicht mehr möglich einen Fuß auf die gut zwei Kilometer lange, sechsspurige Avenida Bolívar zu setzen, wenn man noch nicht auf ihr stand. Sie war schlichtweg voll.
Es herrschte Volksfeststimmung. Fahnen der linken Parteien wehten, auf Transparenten präsentierten sich Berufsgruppen und Gewerkschaften, bunte Luftballons stiegen in die Luft. Viele Eltern hatten ihre Kinder mitgebracht. Bei diesen sind die Wahlen auch beliebt, weil sie immer ein paar schulfreie Tage mit sich bringen. Der Nationale Wahlrat (CNE) nutzt die Gebäude der Bildungseinrichtungen, um dort die Wahllokale einzurichten.
Von zahlreichen Bühnen auf den sieben Avenidas spielten Bands, lief Musik und wurden Reden gehalten. Auch auf der Hauptbühne lösten bekannte Sängerinnen und Sänger einander ab. Einen kurzen Auftritt hatte Fußball-Legende Diego Armando Maradona. Er schoß den Menschen Fußbälle zu, die er zuvor unterschrieben hatte. Einen der Bälle köpfte auch Nicolás Maduro ins Publikum. Für die Teilnehmer der Kundgebung hatte die Präsenz Maradonas, der sich schon vor Jahren als Bewunderer von Hugo Chávez geoutet hatte, symbolische Bedeutung – stimmt doch Maradonas legendäre Rückennummer 10 mit dem Wahlziel der Chavistas überein, die Abstimmung am Sonntag mit zehn Millionen Stimmen zu gewinnen.
Immer wieder eingespielt wurde auch die Stimme von Hugo Chávez, besonders die Worte aus seiner letzten öffentlichen Ansprache vom 8. Dezember letzten Jahres in der er dazu aufrief, Nicolás Maduro zu wählen, wenn er aus dem Amt ausscheiden müsse. Dieser war auf dem Dach eines Busses durch die Menge auf den sieben Avenidas gefahren, begeistert gefeiert von Millionen Menschen. Als er schließlich gegen 19 Uhr die Hauptbühne erreichte, war die Sonne längst untergegangen. Große Scheinwerfer erleuchteten die Szenerie, Feuerwerk begeisterte die Massen.
Vor dem Hintergrund der Festnahme der Paramilitärs sowie Drohungen der Opposition, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen, rief Maduro seine Anhänger zu höchster Wachsamkeit auf. Soldaten, Arbeiter und Jugendliche müßten gemeinsam verhindern, daß die radikale Opposition Auseinandersetzungen provozieren könne: »Ich will keine Gewalt der Rechten gegen das Volk mehr!«
Mehrere Millionen Menschen haben am Donnerstag in Caracas für Nicolás Maduro demonstriert. Die Anhänger des Nachfolgers von Hugo Chávez füllten sieben große Avenidas im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt.
Die ersten Demonstranten hatten sich bereits in der Nacht zuvor um ein Uhr an der Hauptbühne eingefunden, um die besten Plätze zu bekommen. Andere nahmen ganze Tagesreisen aus anderen Teilen Venezuelas auf sich, um beim offiziellen Wahlkampfabschluß des Kandidaten der Revolution dabei zu sein.
Eindrücke von der Massenkundgebung gibt es auf unserer Fotostrecke: Hier klicken
Venezuela: Opposition will wahrscheinliche Niederlage nicht anerkennen. Wahlbehörde warnt vor »antidemokratischen Bestrebungen«
In zehn Tagen hat Nicolás Maduro die 23 Bundesstaaten Venezuelas
durchreist und in jedem von ihnen bei großen Kundgebungen um Stimmen für
die Präsidentschaftswahl am Sonntag geworben.
Abschluß und Höhepunkt
dieser Tournee sollte am gestrigen Donnerstag (nach jW-Redaktionsschluß)
eine gewaltige Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Caracas werden,
zu der mehrere Millionen Menschen erwartet wurden. Es war der offizielle
Abschluß des Wahlkampfes, seit Freitag um 0 Uhr sind keine Kundgebungen
mehr gestattet.
Bereits in den Tagen zuvor fanden in den
Straßen von Caracas unzählige kleinere Kundgebungen und Demonstrationen
statt. Autokorsos kurven mit roten Fahnen durch die Stadt. An nahezu
jeder Straßenecke stehen »rote Punkte«. An diesen Infoständen werben
Anhänger des Regierungslagers mit Werbematerialien und zumeist auch mit
lautstarker Musik um Stimmen. Am Mittwoch entrollten Jugendliche ein
rund 30 Meter langes Transparent mit dem Aufruf, im Sinne des am 5. März
verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez für Nicolás Maduro zu stimmen.
Dabei zeigte sich Daniel Rodríguez, ein 23jähriger Student, im Gespräch
mit junge Welt entschlossen, alles ihm mögliche für einen klaren
Wahlerfolg Maduros zu tun. »Wir schulden dem Comandante Hugo Chávez zehn
Millionen Stimmen«, gab er das Wahlziel aus.
Diese »zehn
Millionen Stimmen« sind unter den Chavistas Venezuelas zu einem Mythos
geworden. Hugo Chávez hatte dieses Ziel 2006 im Wahlkampf gegen Manuel
Rosales ausgegeben. Erreicht wurde es bis heute nicht. 2006 stimmten 7,6
Millionen Menschen für Chávez, bei der Wahl im vergangenen Jahr waren
es fast 8,2 Millionen. Es ist auch sehr unwahrscheinlich, daß die Marke
am Sonntag geknackt wird, auch wenn alle Umfragen auf einen klaren
Erfolg Maduros hindeuten.
Mehr Sorgen als um ihren Sieg am
Sonntag machen sich die Bolivarianos allerdings um die Reaktion des
wahrscheinlichen Wahlverlierers, Henrique Capriles. In Venezuela mehren
sich die Hinweise darauf, daß dieser eine Niederlage nicht anerkennen
will. Am Mittwoch präsentierte Parlamentspräsident Diosdado Cabello
Belege für derartige Planungen. So spielte er eine Tonaufnahme vor, auf
der ein Joao Nunes Rocha zu hören ist. Dieser Leibwächter des
Oppositionskandidaten äußert darin gegenüber dessen Fahrer, sein Chef
werde das Ergebnis im Falle einer Niederlage nicht akzeptieren: »Das
gibt Ärger!«
Weiter präsentierte Cabello die E-Mail eines
Carlos Lee, der gemeinsam mit anderen Regierungsgegnern der »Junta
Patriótica« angehört, ein von der Opposition gebildetes Schattenregime,
das bei einem Sturz der Regierung die Amtsgeschäfte übernehmen soll. In
diesem Schreiben an Vicente Díaz, den einzigen ausgewiesenen
Oppositionellen in der Spitze des Nationalen Wahlrates (CNE), wird offen
eine Verletzung der Gesetze angekündigt: »Wir informieren Sie hiermit
über die Nichtanerkennung der Artikel 350 und 333 der Verfassung.
Nichtanerkennung und Nichtbefolgung der Reports des CNE.« Offenbar
sollen am Wahlabend mit Hilfe der Oppositionsgruppe Esdata gefälschte
Ergebnisse verbreitet werden, um dann die offiziellen Zahlen des CNE als
»manipuliert« zurückweisen zu können.
Ein Beispiel für diese
Strategie hatte bereits bei der Wahl am 7. Oktober die ultrarechte
spanische Tageszeitung ABC geliefert, als sie in den Mittagsstunden auf
ihrer Homepage verbreitete, Capriles habe die Wahl gegen Chávez
gewonnen. Damals vereitelte ausgerechnet Capriles diese Kampagne, weil
er seine Niederlage unmittelbar nach der Bekanntgabe des offiziellen
Ergebnisses einräumte. Vom rechten Flügel der Opposition wurde er dafür
scharf attackiert. Nun befürchten viele, daß Capriles das Fehlen der
Autorität von Hugo Chávez diesmal zu einer solch abenteuerlichen
Strategie verleiten könnte.
CNE-Präsidentin Tibisay Lucena
verurteilte derartige Manöver am Mittwoch scharf. Begleitet von hohen
Offizieren des Oberkommandos der Nationalen Bolivarischen Streitkräfte
Venezuelas warnte sie bei einer Pressekonferenz: »Wir haben beobachtet,
daß erneut antidemokratische Strömungen, die nicht an Wahlen glauben,
versuchen, dem Land ihre Agenda aufzuzwingen.« Die Venezolaner dürften
nicht auf diese »groteske Provokation« hereinfallen, forderte Lucena:
»Sie können sicher sein, daß die Institutionen des Staates sehr stabil
sind und diesen antidemokratischen Bestrebungen Widerstand leisten
werden.«
Nicht weniger als drei Millionen Menschen erwartet Nicolás Maduro zur großen Abschlußkundgebung seines Wahlkampfes. Die Anhänger des Nachfolgers des am 5. März verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez wollen sieben große Avenidas im Zentrum der Hauptstadt Caracas füllen.
Die Kundgebung ist der Höhepunkt einer Tournee, die Maduro in zehn Tagen durch alle Bundesstaaten Venezuelas geführt hat. Bereits in den Hauptstädten der Bundesstaaten kam es dabei immer wieder zu Großdemonstrationen von Hunderttausenden Menschen. So bejubelten am Mittwoch allein in Barquisimeto 500.000 Chavistas den Auftritt Maduros.
Drei Auftritte an einem Tag waren für diesen in den zehn Tagen keine Seltenheit. Nach seinen meist etwa zwei Stunden langen Reden eilte er dann zum Flugzeug, um zum nächsten Kundgebungsort zu gelangen. »Ich würde lieber mit dem Bus fahren, aber das geht einfach nicht«, entschuldigte sich der einstige Busfahrer und Gewerkschafter dafür.
Begleitet wurde Maduro von zahlreichen Künstlern, die seine Reden kulturell umrahmten. Auch eine der Töchter von Hugo Chávez, María Gabriela, war oft zu Gast, vermied jedoch eigene Redebeiträge.
Für die heutigen »Marea Roja« (rote Flut) im Zentrum von Caracas, die um 14 Uhr Ortszeit beginnen soll, hat sich auch Argentiniens einstige Fußball-Legende Diego Armando Maradona angesagt.
Live-Übertragung bei Venezolana de Televisión: Hier klicken
Nach seinem wahrscheinlichen Wahlsieg am kommenden Sonntag will Nicolás Maduro weitgehend auf der Straße regieren. Das kündigte er am Mittwoch abend (Ortszeit) vor 500.000 Menschen in Barquisimeto im Bundesstaat Lara an.
Der Kandidat des revolutionären Lagers Venezuelas kündigte an, den Bereich des Präsidentenpalastes Miraflores, in dem Hugo Chávez 14 Jahre lang gearbeitet und gelebt hat, zu einem Museum umzuwandeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er selbst werde sich dort ein kleines Büro einladen und die bekannten Säle für die Regierungsarbeit nutzen.
Weiter kündigte Maduro an, im Militärhistorischen Museum, in dem Hugo Chávez seine letzte Ruhe gefunden hat, ein weiteres Büro einzurichten. In diesem wolle er arbeiten, um durch die Nähe zum Comandante nie zu vergessen, woher er gekommen ist und wo seine Wurzeln liegen. Die Gedenkstätte, eine frühere Kaserne, liegt mitten in dem für seine kämpferischen Traditionen bekannten Stadtviertel 23 de Enero.
Maduros Vereidigung soll am 19. April unter offenem Himmel in Caracas mit einer Massenkundgebung stattfinden. Der 19. April ist einer der wichtigsten historischen Gedenktage Venezuelas: An diesem Tag im Jahr 1810 hatten die Einwohner von Caracas dem von der spanischen Kolonialmacht eingesetzten Gouverneur die Gefolgschaft aufgekündigt und ihn zum Rücktritt gezwungen.
Anschließend will Nicolás Maduro im Autobus durch Venezuela reisen, um sich mit eigenen Augen einen Eindruck von der Situation zu machen. So wolle er mindestens eine Woche lang regierend durch Lara fahren, um sich zum Beispiel über den Zustand der Straßen in dieser Region zu informieren.
Henrique Carriles Radonski bekommt Gegenwind aus unerwarteter Richtung. Wie die in Maracaibo erscheinende Tageszeitung »Panorama« berichtet, will der frühere Gouverneur des Bundesstaates Zulia, Manuel Rosales, die Seiten wechseln und öffentlich gegen Capriles auftreten.
Rosales war 2006 für die Opposition gegen Hugo Chávez angetreten, damals aber nur 36,9 Prozent der Stimmen erreichen können, während die bolivarische Bewegung mit 62,84 Prozent ihren bislang größten Wahlerfolg feiern konnte.
Ende 2008 eröffnete die venezolanische Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Rosales wegen der Unterschlagung öffentlicher Mittel während seiner Amtszeit als Gouverneur von Zulia (2000-2008). Den anberaumten Anhörungen entzog er sich jedoch durch Flucht nach Peru, wo er politisches Asyl erhielt. Seither lebt er im Exil.
Nun jedoch will er offenbar die Seiten wechseln. »Panorama« zitiert eine namentlich nicht genannte Quelle aus Rosales’ Partei »Un Nuevo Tiempo« (UNT), derzufolge Rosales auch eine Rückkehr nach Venezuela erwägt.
Dasselbe gilt demnach für Eduardo Manuitt, bis 2008 Gouverneur des Bundesstaates Guárico, der aus der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) ausgeschlossen worden war, als er bei den Regionalwahlen 2008 seine Tochter Lenny Manuitt gegen den Kandidaten der PSUV, William Lara, unterstützte. Auch er setzte sich nach Korruptionsermittlungen ins Ausland ab, will aber offenbar nach Venezuela zurückkehren.
Capriles rechnet offenbar selbst mit solchen Überraschungen. Am vergangenen Sonntag sprach er auf einer Kundgebung davon, daß »sie« - die Chavistas – einen »Exgouverneur mit Problemen in seiner Partei« aufbieten würden.
»Panorama« berichtet, Rosales habe sich in der vergangenen Woche in Nicaragua mit Vertretern des venezolanischen Regierungslagers getroffen, um mit diesen einen inoffiziellen Wahlboykott der UNT in Zulia, einer Hochburg der Opposition, zu vereinbaren.
Von Seiten der PSUV wurden derartige Kontakte dementiert. Rosales selbst teilte über Internet mit: »Meine Rückkehr hängt nicht von Wahlergebnissen und nicht vom Schielen auf Ämter ab. Ich werde bald heimkehren.«
Venezuela: Tausende Gewerkschafter demonstrieren in Caracas ihre Unterstützung für Nicolás Maduro. Sozialistischer Kurs soll fortgesetzt werden.
Aus allen Teilen Venezuelas kamen am Dienstag Arbeiter in die Hauptstadt Caracas, um ihre Unterstützung für den sozialistischen Kandidaten Nicolás Maduro zu demonstrieren. Sie nahmen oftmals mehrere hundert Kilometer Anreise auf sich, um dabeizusein.
»Nicolás Maduro steht für eine Fortsetzung der Wirtschaftspolitik der bisherigen Regierung«, begründete etwa Luís Falcón im Gespräch mit junge Welt seine Reise nach Caracas. Der Arbeiter bei der Corporación Venezolana de Guayana (CVG), die mit der Ausbeutung der Bodenschätze in der Region beschäftigt ist, hob vor allem die Absage an Privatisierungen durch Hugo Chávez seit 1999 hervor. »Das war der Ausgangspunkt für den Wiederaufbau unserer Industrie in Guayana, und seither haben wir wichtige Erfolge erzielt. So konnten wir zugrunde gerichtete Unternehmen wie das Stahlwerk Sidor retten.«
Deshalb würde ein Wahlsieg des Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski – den Falcón allerdings für »sehr hypothetisch« hält – ein »gewaltiger Rückschritt für ganz Venezuela, nicht nur für Guayana« sein. Reden Capriles’ über soziale Gerechtigkeit oder gar einen »echten Sozialismus« seien reine Demagogie, ebenso wie dessen Entscheidung, seinen Wahlkampfstab »Comando Simón Bolívar« zu nennen: »Bolívar war der Ideengeber unserer Revolution!«
Auch Ginger Martínez, die in einem Telekommunikationsunternehmen in Miranda arbeitet, hat kein gutes Wort für Capriles übrig, der Gouverneur dieses an Caracas grenzenden Bundesstaates ist: »Miranda ist eine der Regionen Venezuelas mit der höchsten Verbrechensrate.« Sie berichtete, wie sie mit Kolleginnen bei einer Werbeaktion auf einem öffentlichen Platz überfallen, verschleppt und mehrere Stunden festgehalten wurde: »Die Polizei von Miranda hat zugesehen und nichts gemacht.« Das habe sich auch andernorts wiederholt. »Für mich ist deshalb offensichtlich, daß Capriles seiner Polizei gesagt hat, daß sie sich nicht um die Sicherheit der einfachen Menschen kümmern soll. Es geht ihm darum, die Arbeit der Zentralregierung zu sabotieren.«
Auch José Rondón vom Vorstand der »Bolivarischen Sozialistischen Arbeiterzentrale für das Sicherheits- und Wachdienstgewerbe« sieht keine Alternative zu Maduro. Die Fortsetzung des revolutionären Prozesses sei für die Bekämpfung der Kriminalität in Venezuela notwendig, so der Gewerkschafter. Ohne soziale Sicherheit könne es auch keine Sicherheit in anderen Lebensbereichen geben. »Deshalb richten wir einen Aufruf an alle Arbeiter, uns zu organisieren und den Kampf um die Sicherheit zu führen – und vom Genossen Maduro fordern wir nur, daß er uns dabei unterstützt.«
Das will dieser offensichtlich tun. Bei seiner Ansprache auf der großen Bühne, die direkt vor dem Präsidentenpalast Miraflores aufgebaut worden war, kündigte Maduro eine Reihe neuer Sozialprogramme an, etwa eine Ausweitung der staatlichen Lebensmittelhandelskette Mercal auf die Fabriken. Die Arbeiter dort sollten sich selbst organisieren, damit in den Werkhallen Verkaufsstellen eingerichtet werden, in denen sie dann subventionierte Grundnahrungsmittel erwerben können. Auch das Gesundheitsprogramm Barrio Adentro soll um eine weitere Säule erweitert und direkt in die Unternehmen gebracht werden. So sollen die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten besser unter gesundheitlichen Aspekten kontrolliert werden. Auch dazu sei eine Organisierung der Belegschaften notwendig, rief der frühere Gewerkschaftsvorsitzende und Busfahrer Maduro den Versammelten zu.
Jubel erntete er, als er für 2013 drei Lohnerhöhungen ankündigte. Zunächst soll es, wie es unter Hugo Chávez zur Tradition geworden ist, am 1. Mai eine Gehaltssteigerung von 20 Prozent geben. Eine weitere Steigerung von zehn Prozent ist für September vorgesehen, und im November soll es schließlich noch einen Inflationsausgleich in Höhe von fünf bis zehn Prozent geben.
Auch deshalb will José Rivero, ein Arbeiter der Erdölindustrie im Orinoco-Gürtel, dem »Camarada Maduro« einen großen Sieg am kommenden Sonntag garantieren. Die Tatsache, daß dann erstmals in der Geschichte Venezuelas ein Arbeiter an der Spitze des Staates stehen würde, »demonstriert unsere partizipative Demokratie«, sagte er jW. »In Venezuela sind wir alle gleich. Doch wenn der Kandidat der Bourgeoisie gewinnen würde, hätten hier nur noch diejenigen das Sagen, die das Geld haben. Die Arbeiter müssen an die Macht!«
Der sich für die venezolanische Opposition um das Präsidentenamt bewerbende Henrique Capriles Radonski weigert sich, eine Erklärung zu unterzeichnen, die der Nationale Wahlrat allen Bewerbern vorgelegt hat. Darin sichern die Kandidaten zu, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom kommenden Sonntag anzuerkennen. Alle anderen Bewerber, auch der Sozialist Nicolás Maduro, haben das Papier unterschrieben.
Während einer Wahlkampfkundgebung in Cumaná verwies Capriles auf einen Brief, den er an CNE-Präsidentin Tibisay Lucena geschickt habe. Darin habe er versichert, die Verfassung und die Gesetze der Republik einzuhalten.
Er weigerte sich allerdings, das offizielle Dokument zu unterzeichnen. »Meine Herren Rektoren des Nationalen Wahlrates, ich muß gar nichts unterschreiben«, sagte er und ignorierte damit zugleich die Frauen, die in dieser obersten Wahlbehörde Venezuelas wichtige Posten innehaben.
Zugleich warf er dem CNE Parteilichkeit zugunsten Maduros vor. »Der CNE will als Schiedsrichter akzeptiert werden. Dann muß er aber auch ausgeglichen agieren.« Der CNE hatte zuletzt gegen mehrere Medien Verfahren eingeleitet, weil sie nicht also solche gekennzeichnete Wahlwerbung verbreitet hatten, unter anderem gegen die regierungsnahe Tageszeitung »Vea«.
Capriles hatte auch im Vorfeld der Wahl vom vergangenen Oktober die Abgabe einer solchen Erklärung verweigert, jedoch schon kurz nach der offiziellen Bekanntgabe des Ergebnisses dieses anerkannt. Dafür war er aus den eigenen Reihen scharf attackiert worden. Befürchtet wird in Venezuela deshalb, daß Capriles diesmal seine wahrscheinliche Niederlage nicht akzeptieren wird und dadurch gewaltsame Proteste der Opposition auslösen könnte.
In Kreisen der venezolanischen Oberschicht zeigt man sich unterdessen von einem Sieg Capriles’ überzeugt – ohne dafür jedoch stichhaltige Gründe benennen zu können. Bis zuletzt hatten ausnahmslos alle Umfragen einen klaren Sieg von Nicolás Maduro prognostiziert. Jetzt, wenige Tage vor der Abstimmung, dürfen die Institute keine neue Zahlen verbreiten.
Tausende Arbeiter aus allen Regionen Venezuelas haben am Dienstag in Caracas ihre Unterstützung für den Kandidaten der Bolivarischen Revolution, Nicolás Maduro, demonstriert. »Die Arbeiter müssen an die Macht«, sagten Gewerkschafter aus den staatlichen Erdölbetrieben im Orinoco-Gürtel gegenüber junge Welt. Auch deshalb sei es so wichtig, daß mit Maduro erstmals in der Geschichte Venezuelas ein Arbeiter und Gewerkschafter das höchste Staatsamt übernimmt.
Andere waren aus Guayana im Osten Venezuelas nach Caracas gereist, um an der Kundgebung teilzunehmen. Unter roten Fahnen, Transparenten ihrer Gewerkschaften und Plakaten von Maduro und dem am 5. März verstorbenen Hugo Chávez zogen sie durch das Zentrum der Hauptstadt.
Angestellte von Sicherheitsunternehmen, die sich in der Gewerkschaft der Wachdienste zusammengeschlossen haben, sagten im Gespräch mit junge Welt, das eine Überwindung der Kriminalität in Venezuela nur unter einer sozialistischen Regierung möglich sei, denn ohne soziale Sicherheit sei es unmöglich, in irgendeinem anderen Bereich des gesellschaftlichen Lebens für Sicherheit zu sorgen.
Dem stimmte eine Angestellte aus dem Bundesstaat Miranda zu, der von Henrique Capriles Radonski regiert wird. In dieser Region gebe es eine der höchsten Kriminalitätsraten Venezuelas, kritisierte sie.
In seiner Ansprache auf der großem Bühne, die direkt vor dem Präsidentenpalast Miraflores aufgebaut worden war, wandte sich Nicolás Maduro an die Arbeiter. Er kündigte an, die sozialen Missionen in Venezuela auszuweiten und in die Fabriken zu bringen. So sollten sich die Arbeiter in den Großbetrieben organisieren, um dort eigene Filialen der Lebensmittelhandelskette Mercal oder des Gesundheitsprogramms Barrio Adentro einzurichten. Es müsse darum gehen, die soziale Sicherheit der Arbeiterinnen und Arbeiter zu erhöhen, unterstrich Maduro.
Der wahrscheinliche Wahlsieger des kommenden Sonntags kündigte weiter an, die von Hugo Chávez eingeführte jährliche Erhöhung der Mindestlöhne – an denen sich auch die meisten anderen Lohnstufen orientieren – fortzusetzen. In diesem Jahr soll er in drei Stufen erhöht werden, so Maduro: 20 Prozent im Mai, weitere zehn Prozent im September und schließlich zwischen fünf und zehn Prozent im November.
Hunderttausende für Kandidaten des Regierungslagers, Maduro, auf der Straße. Empörung über Wahlkampfauftritt des Oppositionskandidaten Capriles
Die Kraftprobe findet auf der Straße statt. Jeden Tag rufen die Wahlkampfstäbe von Nicolás Maduro und von Henrique Capriles Radonski in Venezuela ihre Anhänger zu Großkundgebungen auf, um für die Präsidentschaftswahl am 14. April zu mobilisieren.
Am Sonntag versammelten sich Zehntausende Unterstützer der Opposition auf der Avenida Bolívar im Zentrum der Hauptstadt Caracas. »Es waren dort etwas mehr Menschen als im letzten Wahlkampf im Oktober«, sagte im Gespräch mit jW eine Einwohnerin von Caracas, die das Spektakel vor Ort erlebte. »Wenn ich mir aber ansehe, was für Leute sich dort versammelt haben, dann weiß ich, daß in Venezuela ein echter Klassenkampf stattfindet.«
Es seien fast ausschließlich Angehörige der Oberschicht und des Mittelstandes dort gewesen, um ihrem Idol Capriles zuzujubeln. Ärmere, dunkelhäutige Menschen habe sie hingegen kaum gesehen.
Während Capriles bei der Kundgebung sein bereits bekanntes Programm abspulte, demolierten seine Anhänger Teile einer Baustelle, auf der gerade ein Wohnhaus errichtet wird. Sie rissen die Absperrungen ein und stürmten den Rohbau. Das Gebäude ist Teil des von der venezolanischen Regierung betriebenen Wohnungsbauprogramms »Gran Misión Vivienda«, in dessen Rahmen mehrere Millionen Appartements für Familien errichtet werden, die bislang in Elendsbehausungen wohnen müssen. Wie alle Sozialprogramme wird auch dieses von der Opposition bekämpft. Bei ihrem Abzug hinterließen die Regierungsgegner dort Schmierereien an den Wänden, in denen der Tod von Hugo Chávez bejubelt wurde: »Es lebe der Krebs«. Nicolás Maduro, der Kandidat des Regierungslagers, zeigte sich darüber empört. Capriles habe am Sonntag eine »Überdosis Haß« verbreitet, »aber schlafen Sie ruhig, Comandante, denn dieses Volk wird sich von solchem Haß nicht provozieren lassen«, wandte er sich symbolisch an Chávez.
Unterdessen tourt Maduro weiter durch Venezuela. Zwei oder drei Auftritte bei großen Kundgebungen in den verschiedenen Regionen des Landes sind keine Seltenheit. So versammelten sich am Montag abend Hunderttausende Menschen in Porlamar auf der als Urlaubsparadies bekannten Insel Margarita. Mit traditioneller venezolanischer Musik, Wahlkampfsongs und Sprechchören riefen sie dazu auf, die Bolivarische Revolution fortzusetzen.
Am morgigen Donnerstag wollen die Anhänger Maduros im Zentrum von Caracas ihren Wahlkampf abschließen. Ziel ist dabei, nicht nur die Avenida Bolívar zu füllen, sondern auch die umliegenden sechs großen Verkehrswege. Das war erstmals Hugo Chávez am 4. Oktober vergangenen Jahres gelungen, als sich trotz strömenden Regens Hunderttausende Menschen in der Innenstadt versammelten. Deshalb soll die Kundgebung auch eine weitere Ehrung für den am 5. März verstorbenen Präsidenten sein, dessen Bild im Regenguß in der Zeit der großen Trauer noch einmal allgegenwärtig gewesen war.
In diesem Wahlkampf fehlt den Oppositionellen offensichtlich der Glaube daran, daß ihr Kandidat tatsächlich gewinnen kann. Im Vorfeld der Abstimmung am 7. Oktober, bei der Capriles gegen Hugo Chávez angetreten war, hatte unter den Regierungsgegnern absolute Siegesgewißheit geherrscht, obwohl die Meinungsumfragen auch damals eine klare Mehrheit für den Comandante prognostiziert hatten. Schon Tage vorher hatten sie den vermeintlich bevorstehenden Sieg gefeiert – um am Morgen nach der Wahl verkatert zu erwachen. Chávez gewann die Wahl mit mehr als 55 Prozent gegen die Opposition.
Auch diesmal sagen alle Meinungsforschungsinstitute einen klaren Sieg von Chávez' Nachfolger Nicolás Maduro voraus. Den Umfragen zufolge gehen auch mehr als 60 Prozent der Befragten von einem Sieg Maduros aus, nur etwa ein Fünftel glaubt an einen Erfolg von Capriles.
Sieben Menschen sind Medienberichten zufolge am Montag abend (Ortszeit) an der Plaza La Castellana in Chacao, einem der reicheren Viertel der Hauptstadt Caracas, verletzt worden, als Motorradfahrer eine Protestversammlung von Studenten störten. Die Jugendlichen gehörten zu einer Gruppe von Oppositionellen, die an dem Ort seit mehreren Tagen »für saubere und transparente Wahlen« demonstriert hatten.
Wie die rechte Tageszeitung »El Universal« am Dienstag berichtete, wurden die oppositionellen Studenten am späten Montag abend von rund 30 Motorradfahrern attackiert, die rote T-Shirts trugen, was normalerweise ein Zeichen für Anhänger der Regierung ist. Sie zerstörten die Transparente und Materialien der Oppositionellen und prügelten auf die Demonstranten ein. Diese flüchteten sich dem Bericht zufolge in eine am Platz liegende Filiale von McDonald's.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls verurteilte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro die Ereignisse. In Puerto La Cruz (Bundesstaat Anzoátegui) forderte er Innenminister Néstor Reverol auf, umgehend alle verfügbaren Dokumente des Vorfalls – Fotos, Videos, Augenzeugenberichte – auszuwerten, um die Verantwortlichen zu identifizieren »und ins Gefängnis zu stecken, wer ins Gefängnis gehört!«
In diesem Zusammenhang warnte er vor Provokateuren, die unter dem Deckmantel der bolivarischen Bewegung Aktionen durchführen, die nur den Rechten nutzen. Er erinnerte an den Fall aus der Zeit der Regierung von Salvador Allende in Chile. Damals habe es einen bekannten ultralinken Aktivisten gegeben, der Allende vorwarf, nicht links, sondern reaktionär zu sein. Dadurch habe er Spaltung und Verwirrung in die Reihen der chilenischen Sozialisten getragen. Unmittelbar nach dem Putsch vom 11. September 1973 sei dieser Mann unter Pinochet zum Offizier des Geheimdienstes aufgestiegen und habe zahlreiche linke Aktivisten denunziert und der Folter und Ermordung ausgeliefert. Solche »Infiltrados« gebe es auch in den Reihen der Bolivarischen Revolution, rief Maduro zur Wachsamkeit auf.
Mehrere Zehntausend Menschen haben sich am Sonntag an einer Großkundgebung der Opposition auf der Avenida Bolívar im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt Caracas beteiligt.
Die als »Flut der Freude und Hoffnung« angekündigte Kundgebung war der offizielle Abschluß der Kampagne von Henrique Capriles Radonski zur Präsidentschaftswahl am 14. April.
Obwohl die Regierungsgegner zu Sternmärschen von neun Startplätzen in Caracas aus aufgerufen hatten, beschränkte sich die Demonstration schließlich auf die Avenida Bolivar, während auf den umgebenden Straßen normaler Autoverkehr herrschte.
Den Kandidaten des Regierungslagers, Nicolas Maduro, brachte dies bei einer Kundgebung in Apure dazu, an die große Abschlußkundgebung von Hugo Chávez am 4. Oktober vergangenen Jahres zu erinnern. Trotz strömenden Regens hatten die Bolivarianos damals sieben große Avenidas im Zentrum gefüllt. Maduro rief dazu auf, dies bei seiner eigenen Abschlußkundgebung am kommenden Donnerstag zu wiederholen.
Venezuelas geschäftsführender
Präsident Nicolás Maduro ist am Samstag im Bundesstaat Amazonas von
Repräsentanten der indigenen Völker des südamerikanischen Landes
empfangen worden. Bei einer Wahlkampfkundgebung in Puerto Ayacucho
demonstrierten die Versammelten ihre Unterstützung für eine
Fortsetzung der Bolivarischen Revolution und den Kandidaten des
Regierungslagers.
»Meine Träume sind die selben wie die
von Chávez, dem großen Kaziken des Volkes«, erklärte Maduro
während der Kundgebung, die von traditioneller Trommelmusik und
Tönzen geprägt war. Das Bild des am 5. März verstorbenen
Präsidenten und des Nationalhelden Simón Bolívar waren
allgegenwärtig.
»Ich fühle mich als ein Indio dieses
Volkes«, erklärte Maduro weiter. »In meinem Blut fließt
indianischen Blut, meine Haut ist indianische Haupt, mein Herz ist
das Herz von Guaicaipuro.« Der legendäre Kazike hatte im 16.
Jahrhundert einen Aufstand von Indígenas gegen die spanische
Kolonialherrschaft angeführt und war dabei getötet worden. Seit
2001 ist er im Panteón Nacional, der Ruhmeshalle in Caracas,
aufgebahrt, in der auch Bolívar liegt.
In seiner Ansprache erinnerte Maduro an
die Erfolge der von Hugo Chávez 1999 initiierten Revolution für die
indigenen Völker. Er rief dazu auf, die Übergabe der traditionellen
Siedlungsgebiete an die Indígenas fortzusetzen. Für 74,6 Prozent
der beantragten Gebiete haben die Stämme inzwischen Besitztitel
erhalten, so daß sie dort weitgehende Autonomierechte haben.
(AVN/jW)
Ein paar Haare sind zum neuen Symbol der Bolivarischen Revolution geworden. Die Anhänger des Kandidaten des Regierungslagers, Nicolás Maduro, haben dessen charakteristischen Schnauzbart zu ihrem neuen Logo gemacht, wie dies früher etwa die rote Mütze von Hugo Chávez war.
Im Internet kursieren ganze Fotoseiten, auf denen Bilder zu sehen sind, auf denen sich Anhänger Maduros solche Bärte angeklebt oder das eigene Porträt per Bildbearbeitungsprogramm mit den dunklen Haaren verschönert haben. So läuft auf Facebook die Kampagne »Bigotes de mi Patria« (Schnauzbärte meines Heimatlandes).
Von Regierungsseite gestreute Gerüchte, denen zufolge sich Henri Falcón, Gouverneur des Bundesstaates Lara und einer der bekanntesten Oppositionellen Venezuelas, seinen eigenen Schnauzbart wegen Maduro abgenommen hat, dürften jedoch falsch sein. Falcón präsentierte sich erstmals im Februar mit Babyface, als er vor dem Regionalparlament den jährlichen Rechenschaftsbericht ablegte - lange vor dem Beginn der jüngsten Kampagne.
Inzwischen reicht es schon, mit schwarzer Farbe etwas an die Wand zu sprühen, was man früher vielleicht für Engelsflügel gehalten hätte, damit die Botschaft klar ist: Am 14. April wählen wir Nicolás Maduro zum neuen Präsidenten Venezuelas. (scha)
Bilderserie: »Bigotes de mi Patria« - Hier klicken
In einer offiziellen Erklärung hat sich die Regierung Venezuelas am Freitag (Ortszeit) für die Unterstützung der meisten Mitglieder der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bedankt.
21 der 34 Länder, die dem kontinentalen Zusammenschluß angehören – darunter die elf Mitglieder der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) –, hatten zuvor eine protokollarische Sitzung des Ständigen Rates boykottiert, zu der als Redner der De-facto-Staatschef von Paraguay, Federico Franco, eingeladen worden war. Dieser amtiert in Asunción seit dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugo im vergangenen Juni. Seither ist die Mitgliedschaft Paraguays in der UNASUR und im Gemeinsamen Markt des Südens (MERCOSUR) suspendiert.
»Diese Haltung spiegelt die Unterstützung der Regierungen Lateinamerikas und der Karibik für die Integration und demokratische Einheit wider und bekräftigt zugleich die Solidarität und Herzlichkeit gegenüber dem venezolanischen Volk sowie den Respekt für das Andenken und die Würde des Obersten Comandante der Bolivarischen Revolution, Hugo Chávez«, heißt es in der Erklärung aus Caracas.
Im Vorfeld der Sitzung hatten Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ecuador in einer offiziellen Note gegen die Einladung Francos protestiert. In dem von Boliviens Botschafter Diego Pary veröffentlichten Schreiben heißt es, die Diskussion in der OAS um die Lage in Paraguay sei noch nicht abgeschlossen: »Wir erklären unseren ernsten Protest gegen die Durchführung der protokollarischen Sitzung sowie die Erklärungen des Herrn Federico Franco und teilen mit, dass wir an der genannten Sitzung nicht teilnehmen und unsere Sitze leer bleiben werden.« Anlaß dafür waren nicht nur die undemokratischen Zustände in Paraguay, sondern auch Äußerungen Francos bei einem Besuch in Madrid in der vergangenen Woche. Dort hatte er den Tod des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez als »Wunder« bejubelt. Caracas hatte den Putsch in Paraguay besonders scharf kritisiert und mit einer Einschränkung seiner Erdöllieferungen reagiert.