75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
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    Hasta el próximo año

    Peter Steiniger
    Ansturm bis zuletzt: Sonntag morgen vor den Toren der Buchmesse
    Ansturm bis zuletzt: Sonntag morgen vor den Toren der Buchmesse

    Noch einmal strömt an diesem Sonntag eine Völkerwanderung auf Havannas Hafenfestung Fortaleza de San Carlos de La Cabaña. Noch einmal geht es auf die Suche nach Bedrucktem, besonders beliebt sind Kinderbücher, die sonst nur recht teuer zu haben sind. In der großen, zentralen Buchhandlung bilden sich lange Schlangen, hier gibt es alles aus der einheimischen Verlagsproduktion, für Moneda Nacional. An den Ständen der Verlage geht es hingegen etwa fifty-fifty zu.

    Sehr viel größer und vielfältiger ist in diesem Jahr das kulinarische Angebot. Auffällig ist, daß eigentlich alles, was man für den »West-Peso« CUC bekommt - vom Eis bis zum Hühnerbein -, in diesem Jahr hier auch für die reguläre Landeswährung zu haben ist. Und zwar günstiger, jedoch mit etwas mehr Wartezeit an den Kiosken der Gastronomen.

    Am Stand des Berliner Büros Buchmesse Havanna herrscht bereits Abbruchstimmung. Entropie breitet sich aus. Die 18.000 Exemplare der spanischsprachigen Extraausgabe von junge Welt sind längst komplett verteilt.

    Neben allgemeiner Erschöpfung steckt uns noch die Party von Cuba Sí zum Buchmesseabschluß in den Knochen, am gestrigen Abend in Miramar. Das liegt weniger an den Folgen von Alkohol oder an Muskelzerrungen bei ungeübten Tänzern, als an den Nahkampferfahrungen in den vollgestopften Bussen des Nachtverkehrs.

    Die Guaguas [kwakwa] sind das Verkehrsmittel schlechthin in Havannas Hauptstadt. Eine Fahrt kostet vierzig gewöhnliche Centavos. Fahrscheine gibt es dafür nur in Ausnahmefällen. Mehr als einen Stehplatz ergattert man selten, angesichts der Straßenverhältnisse und Fahrstile hält man sich besser mit beiden Händen an den Haltestangen fest. Wer am Steuer sitzt, bestimmt auch die Musik, die durch das Innere plätschert oder dröhnt - von der Schnulze über die 70er-Jahre-Disco bis zu Reggaeton.

    Manchmal übernehmen auch die Fahrgäste selbst die musikalische Gestaltung. Die Jugendlichen im P5, der uns wieder zurück in die Innenstadt bringt, intonieren einen sozialkritischen Song von Habana Abierta: La vida es un divino guión (Das Leben ist ein göttliches Drehbuch). Im Lied, daß die jungen Leute singen, heißt es ironisch: »Pioniere für den Kommunismus – ein Traum von Astronauten«.
    Wir schalten unseren Nachrichtensatelliten aus Havanna hiermit ab. Wir hoffen, wir konnten ihnen einige interessante Aspekte der Buchmesse 2009 und zur kubanischen Realität vermitteln. Im nächsten Jahr wollen wir wieder verfolgen, welche neue Seiten das Leben in Kuba aufschlägt.
    Bleiben Sie empfangsbereit!

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    Was sonst wo passiert

    Peter Steiniger

    Keine Ahnung, was sonst wo passiert. Und das ist nicht den kubanischen Medien geschuldet. Schon nach ein paar Tagen in der Ferne merkt man, wie sich die Perspektive verändert. Daß Nachrichten, die sonst doch so wichtig scheinen, hier für uns an Gewicht verlieren.

    Unser neuer Wirtschaftsminister, wie heißt der noch mal? Genscher? Na, auch egal.

    Was ist aus dem Konsumgutschein für Mittelklassewagen geworden?

    Sitzt dieser funcionário von der Berliner Linkspartei noch auf seinem Stuhl? Der, der neulich diese Rede hielt, daß für Apartheid immer beide Seiten verantwortlich sind. Daß die Weißen die Schwarzen nicht so massakrieren sollen. Daß die Schwarzen aber auch selbst dran schuld sind.

    Und was ist eigentlich aus den feuchten Träumen eines wandelhaften Publizisten von einer neuen Front - vom schaffenden Kapital bis zum rechten Pöbel - gegen den Großen Satan geworden? Marschiert diese schon durch die Brandenburger Pampa?

    Liest noch jemand den Freitag?

    Alles das ist ganz weit weg - und holt uns doch bald wieder ein.


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    Deutsch-chinesisch-kubanischer Gipfel

    Marion Leonhardt
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    Im Stadtbild, auf der Messe und als Besucher unseres Standes begegneten wir ihnen in den letzten Tagen ja schon öfter: den chinesischen Studenten. Interessiert, aber eher schüchtern, wurden die Auslagen und wir begutachtet. Dann taucht Pasquati Fang auf und wir finden uns in der Situation des Interviewten wieder. Einen ganzen Fragekatalog hat er mitgebracht. Wie links ist die junge Welt? Gibt es noch linkere Tageszeitungen? Fördert der Staat die Zeitungen finanziell?

    Wir verweisen auf die regelmäßige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht als einzigen staatlichen Beitrag dazu, die junge Welt bekannter zu machen. Unser chinesischer Gast zeigt sich erstaunt von solcher Überwachung im heutigen Deutschland. Auch in China scheinen nicht alle Facetten bundesdeutscher Realtität den Weg in die Medien zu finden. Gemeinsam mit Ismaray Paula Cruz von der kubanischen Organisation für Völkerfreundschaft ICAP entspinnt sich eine spannende Diskussion über chinesisch-kubanischen Studentenaustausch.

    Einige lernen nur die Sprache, andere studieren bis zu 5 Jahre in Havanna und kehren als Ärzte und Lehrer nach China zurück. Gerade im ärmeren Westchina profitieren viele davon, daß Kuba über 1400 Chinesen ein Studium ermöglicht. Was für ein Kontrast zum 19. Jahrhundert, als Chinesen zur Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern nach Kuba verschleppt wurden. In Havannas China-Town, dem Barrio Chino, gibt es immer noch eine chinesische Zeitung, doch das Essen ist bereits eine Fusion mit der kubanischen Küche.
    Vielleicht begegnet uns ja auf der nächsten Buchmesse ein kubanischer Student, der von seinen Erfahrungen in China berichtet.

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    Publizistik gegen Terror

    Berthold Wahlich
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    Es ist 16 Uhr. Der Vortragssaal Nicolas Guillen platzt aus allen Nähten. Auch viele Uniformen hoher Dienstgrade sind zu sehen. Alejandro Castro Espin, der Sohn von Präsident Raúl Castro, stellt sein neues Buch vor: Imperio del terror (Das Imperium des Terrors). Der Verfasser ist Ingenieur und hat Internationale Beziehungen studiert, sein Spezialgebiet sind Verteidigung und nationale Sicherheit. Er hat bereits verschiedene Arbeiten über Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Finanzen, Diplomatie und Geschichte vorgelegt.
    Schwerpunkte seiner neuen, aufwendig recherchierten Arbeit sind die Repressionsapparate und Geheimdienste in den USA. Er zeigt auf, wie diese nach innen und außen eingesetzt werden. Er spricht sehr lebendig, dabei stets sachlich. Die äußerliche Ähnlichkeit zum Vater ist unverkennbar.
    Besonders im Blick hat er die Infiltration von Ländern der 3. Welt zur Wahrung sogenannter »US-Interessen«. An vielen konkreten Beispielen schildert er terroristische Akte gegen sein eigenes Land.
    Der 11. September 2001 wird ebenfalls ausführlich behandelt, und wie dieses Datum von den Mächtigen in den USA dafür instrumentalisiert wird, um ihre imperialistischen Interessen durchzusetzen.
    Alejandro Castro erhält viel Beifall, beim Signieren seiner Bücher erhält er viele Glückwünsche und Umarmungen.

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    Chinesen in Havanna

    Gunnar Siebecke

    Hier geht es nicht um die im 19. Jahrhundert gegründete chinesische Gemeinde, hier geht es um junge chinesische Studentinnen und Studenten: Bemerkt haben wir einige von ihnen bereits auf dem Flug nach Kuba, aber auf der Buchmesse sind sie unübersehbar. In kleinen oder größeren Gruppen ziehen sie durch die verschiedenen Hallen und schauen wie alle anderen nach Interessantem.

    Wir haben mit ihnen gesprochen und dabei folgendes erfahren: Knapp 2.000 StundentInnen aus China studieren aufgrund eines chinesisch-kubanischen Abkommens von 2006 in Kuba die spanische Sprache. Das Abkommen sei über acht Jahre geschlossen, das Studium dauert zwei Jahre. Das Projekt reiht sich in verschiedene Handels- und Wirtschaftsabkommen zwischen Kuba und China ein, so dass z.B. als Gegenleistung auch Busse für den Nahverkehr geliefert werden.

    Die StudentInnen wohnen ca. 20 km östlich von Havanna in der ehemaligen Pionierstadt »Tarara«. Bis in die 80er Jahre war dieses riesige Objekt direkt an der Küste eine der beliebtesten Stätten der kubanischen SchülerInnen: 14 Tage im Jahr fuhren die Schulklassen nach Tarara und erlebten dort einen ganz anderen Unterricht. Seit etwa Mitte der 80er waren dort für mehr als 10 Jahre die Kinder aus Tschernobyl, teilweise zu langfristigen Aufenthalten, zur Genesung und Erholung zu Gast. Vollkommen restauriert und erneuert haben dort nun die chinesischen StudentInnen eine Unterrichtsstätte gefunden.

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    Ecuador gleich nebenan

    Marion Leonhardt
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    Auch Gustavo setzt sich für die Freilassung der fünf in den USA gefangenen Kubaner ein

    »Buenos dias, compañeros«, schallt es uns jeden Morgen, kurz bevor wir unseren Stand erreichen, entgegen. Die uns so herzlich begrüßen, sind die sechs Aktivisten von der »Feria Internacional de libros en Ecuador«. Chef des Standes ist Gustavo Garces Molineros von der Verlagsgruppe Sur Editorial. Das »Sur« (Süden) ist hier nicht nur geographisch zu verstehen, sondern auch positive Referenz auf den Integrationsprozeß in Lateinamerika. Der lateinamerikanische Kontinent als Verlagslogo ist ebenso Ausdruck der Verbundenheit damit. Wie auch die konkrete Umsetzung kultureller Zusammenarbeit - die Verlagsgruppe publiziert in zehn lateinamerikanischen Ländern.

    Was treibt sie nun zum ersten Mal auf Havannas Buchmesse? »Wir wollen in Kuba unsere Arbeit zu Kuba bekanntmachen«, so die spontane Antwort von Gustavo. Das zeigt sich im Verlagsprogramm. Werke kubanischer Autoren oder Bücher über kubanische Persönlichkeiten sind hier ein Schwerpunkt. Ganz bewußt, aus Solidarität, und um die Informationsblockade in Ecuador über Kuba zu durchbrechen. Wunderbar, hier auch Menschen aus Ecuador zu treffen, mit den gleichen Anliegen wie unser Projekt. Auch konkrete Aufgaben und Ziele stehen auf der Agenda unserer Nachbarn. Zur Zeit laufen Verhandlungen mit fünfzehn kubanischen Schriftstellern, um sie zu publizieren. Networking mit kubanischen Verlagsgruppen ist ebenso angesagt.

    Aber wer liest nun in Ecuador die Bücher des Verlages? Zwanzig Prozent Analphabetismus und die Armut sind keine leichte Hürde für mehr Leserschaft. Gemeinsam mit der neuen Regierung Correa haben sie eine Kampagne zur Leseförderung gestartet. Daraus soll eine kontinuierliche Bewegung entstehen. Bekannt gemacht über Massenmedien und Buchpräsentationen, die immer mit anderen kulturellen Aktivitäten verknüpft sind.

    Viele Dörfer sind jetzt schon komplett alphabetisiert - dank der kubanischen Methode »Yo sí puedo«. In vielen Entwicklungsländern wird sie erfolgreich angewandt, bei 5 Millionen Analphabeten vielleicht ein guter Tipp an die deutsche Bundesregierung.

    Demnächst erweitert Sur Editoria sein Programm, um Bücher in der indianischen Sprache Quetchua mit Erzählungen und Legenden. Ein Schritt zur Bewahrung kultureller Identität und für mehr gesellschaftliche Teilhabe.

    Zum Abschluß unseres Gesprächs erhalten wir eine Einladung zur Buchmesse nach Guayaquil - um die Prozesse der Veränderung in seinem Land zu unterstützen und aus Achtung vor unserer Arbeit, unterstreicht Gustavo.

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    Mein Tag: Spezialperiode

    Peter Steiniger

    Tag neun der Buchmesse. Wir stehen definitiv auf dem Schlauch. Die Tage am Stand sind lang, meine Mitstreitenden müssen dort tausend Fragen neugieriger Besucher beantworten. Kaum eine oder einer von uns hat noch Stimme. Die Nervenkostüme sind dünner geworden, manchmal reißen sie auf. Die anstrengenden Wege durch die Stadt, die Warterei, die vielen Termine und Besprechungen, die Zecherei. Erkältungen, Fieber und Montefidels Rache haben bereits die Runde gemacht.

    Die Verständigung mit der Redaktion in Berlin beschränkt sich auf den E-Mail-Verkehr. Bei sechs Stunden Zeitunterschied ist das nicht immer ganz einfach. Dort hat man auch andere Sorgen, muß jeden Tag eine Zeitung machen und Havanna ist weit.

    Hier, am Tischchen im Verschlag hinter dem Stand, in der provisorischen Redaktion für diesen Blog, bin ich von den Dingen, die auf der anderen Seite vor sich gehen, weitgehend abgeschnitten. Es gibt nur einen Laptop mit Anschluß an das Internet. Und an diesen kommen die anderen zu selten, um mal eine Nachricht nach Hause zu schicken, zu sehen, was in der Welt noch so passiert oder einfach, um unseren eigenen Havana Blog zu lesen. Steht da überhaupt etwas drin? Ist mein Beitrag schon veröffentlicht? Wie sieht er aus?

    Manchmal steckt jemand den Kopf herein, der den Überblick hat, deshalb alles besser weiß und ohnehin immer recht hat. Die Gruppe findet schon längst, ich sollte mich mehr an ihr beteiligen und sie stärker in das einbeziehen, was ich hier tue. Wurde mir gesagt. Ich knipse mir also Zeit für die tägliche Batalla de ideas, unsere Besprechung über den Verlauf des Tages und weitere Planung ab. Zwanzig Minuten Fußwippen. Die Gruppe zieht ab, um sich das Konzert anzuhören. Ich tippe weiter, bis ich Reinigungskräfte und Sicherheitsleute nach dem fünften »nur noch ein kurzer Moment« nicht weiter vertrösten kann, und auch ich mich trollen muß.

    In der lauen Abendluft, umgeben von fröhlichen und tanzenden Leuten, finden wir wieder zusammen, die Stimmung entspannt sich. Die Band spielt, der Ausblick von der Festungsmauer über die Bucht auf Havanna und den Malecón ist einzigartig. Und morgen ist wieder ein einzigartiger Tag.


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    Synergieeffekte

    Katja Boll und Katja Klüßendorf
    Kuh
    Gut im Futter dank Havana Club

    Nach einer Woche Messestreß ist es an der Zeit für eine Luftveränderung. Cuba Sí hat uns eingeladen, ihre Milchprojekte in der Provinz Havanna zu besichtigen. Mit einem alten Bulli, welcher ACPA dient, der Kubanischen Vereinigung für Tierproduktion, geht es über Schlagloch, Stock und Stein.
    Hinter San José taucht die nagelneue Schnapsfabrik von Havana Club auf. Gleich in der Nachbarschaft hütet Bauer Alexis seine Rindviecher. Diese profitieren vom Hochprozentigen, denn mit dem, was vom Zuckerrohr übrigbleibt, werden ihre Tröge gefüllt. Wir Zweibeiner dürfen uns mit selbstgemachtem Käse und Flan-Pudding stärken. Der Campesino führt uns durch die Ställe und präsentiert uns stolz seine Bio-Gasanlage. Auch in puncto Energie ist er Selbstversorger.
    Solche Anlagen sind Teil der Cuba Sí-Projekte auf der Insel, die sich neben Rinderzucht auch mit Wiederaufforstung, Wohungsbau sowie sozialen und Bildungsfragen beschäftigen. Hundertausend konvertible Pesosaus den Solidaritätsspenden in Deutschland werden pro Jahr hierfür eingesetzt. Das Prinzip ist stets die Hilfe zur Selbsthilfe. Wir bekommen noch weitere Höfe und Einrichtungen zu sehen. Der Kontrast zu Havanna ist groß und unsere Erfahrungen hier helfen uns dabei, dieses besondere Land noch besser zu verstehen.
    Übrigens: Wie Sie selbst Cuba Sí und dessen großartige Initiative Milch-für-Kubas-Kinder unterstützen können, können Sie hier nachlesen.

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    Medien, Macht und Wirklichkeit

    Marion Leonhardt
    Catedra
    Im Gespräch über Medien und Realitäten in Deutschland

    Buchmesse in Havanna – das sind nicht nur die zahlreichen Gespräche am Stand, der regen Zuspruch aus ganz Lateinamerika findet. Heute steht eine Begegnung mit Deutschstudenten auf dem Programm. So machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein gut gelaunt und mit dem Film »Die Nachrichten«, Laptop und Beamer bewaffnet auf den Weg zur Catedra Alexander Humboldt. Ein An-Institut der Universität Havanna, das in einer alten Villa den Rahmen für Deutschlehrerfortbildung und Kulturveranstaltungen gibt.
    Das ebenso schöne wie baufällige Gebäude kenne ich schon lange durch unser Solidaritätsprojekt der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba zur Unterstützung der Baumaßnahmen und der kulturellen Arbeit. 30 kubanische Studenten und drei Dozenten begrüßen uns herzlich.
    Gespannte Aufmerksamkeit liegt in der Luft, als wir gemeinsam den Film sehen. Macht der Medien, Wende, Stasi und Ost/West-Verhältnisse sowie daraus resultierende Befindlichkeiten: Themen für junge Kubaner? In der anschließenden lebhaften Diskussion zeigt sich, dass sie erstaunlich gut über die Bundesrepublik Bescheid wissen. Ein Verdienst der Arbeit der Catedra. Und sie fragen nach: Ist das Filmende (Ein Ossi macht nach der Wende als Nachrichtensprecher Karriere) nicht geschönt? Wie ist man nach der Wende mit dem Stasi-Verdacht umgegangen? Wer bestimmt, was die Medien zum Thema machen, was wird ausgeblendet? Wieviel Realität spiegelt sich überhaupt in den Medien wieder? Intensiv diskutieren wir über Mechanismen und Methoden, mit denen fortschrittliche Medien in der Bundesrepublik behindert werden. Es wird nicht der Holzhammer der Zensur geschwungen, sondern feinziseliert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Marktes in Stellung gebracht. So hat es auch der eben gezeigte Film nicht in die bundesdeutschen Kinos geschafft. Aber immerhin zu zwei Vorführungen in Havanna, wie eine Studentin die Situation kommentiert. Nur die vorgerückte Zeit beendet einen interessanten Austausch.
    Ich gehe aber natürlich nicht, ohne eine Gang durch die Räume der Catedra und einem Gespräch mit Prof. Dr. Ivan Munoz, dem Direktor der Catedra. Ich bedanke mich für seine Gastfreundschaft und erkundige mich nach dem Stand des Catedra-Projekts der Freundschaftsgesellschaft. Das Ziel der neuen bzw. renovierten Räumlichkeiten ist noch nicht erreicht. Dafür bedarf es in der Bundesrepublik weiterer Spender und Unterstützer. Damit auch in Zukunft kubanische Studenten von der Catedra aus einen realistischen Blick auf die Bundesrepublik werfen können.

    http://www.fgbrdkuba.de

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    Resonanzen

    Doris Hensen schrieb uns vor ihrem Abflug nach Havanna: »Eure Berichte sind eine wunderbare Vorbereitung auf unseren Besuch der feria. Danke für die lebendigen, kenntnisreichen Schilderungen!« Sie verspricht, uns in den nächsten Tagen hier am Stand zu besuchen. Wir sind schon gespannt.
    Katrin erhofft sich von uns »noch viele interessante und informative Eindrücke«. Frau Isermann aus Berlin freut sich darüber, die Autoren selbst auch im Bild zu sehen.
    Andreas Schmidt  lobt die »lebendige Berichterstattung«, »die Stimmung und das ganze Drumherum wird gut rübergebracht.« Genauer möchte er wissen, wie es am Chile-Stand aussieht. Hierzu haben wir heute eine neue Fotostrecke Cuba-Chile veröffentlicht. »Was für Themen werden in den Büchern behandelt, gibt es die meisten Bücher in CUC oder auch viele in einheimischer Währung?«, fragt er nach. Außerdem wünscht sich Andreas Fotos von den Kulturveranstaltungen (Lesungen, Konzerte). Beides werden wir noch aufgreifen.

    Gracias, compañeras y compañeros

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    Aktiv für die Älteren

    Berthold Wahlich

    Das Alter kann einsam machen. Dieses Problem stellt sich auch in Kuba. An unserem Stand lerne ich drei Lehrerinnen kennen, die sich in einer Initiative engagieren, die Aktivitäten für Ältere in Stadtvierteln als Nachbarschaftshilfe organisiert. Zum Beispiel wird - nach chinesischem Vorbild - am Morgen Gymnastik mit Musik im Park getrieben. Es gibt kulturelle Angebote wie Tanzabende, Theaterbesuche und vielfältige geistige Aktivitäten, um Alterskrankheiten wie Alzheimer vorzubeugen. Diese Möglichkeiten sind sehr gefragt, zwischen den alten Menschen entstehen Kontakte, Freundschaften und sogar Heiraten werden geschlossen. Ihre Initiative gehe auf eine Anregung von Revolutionsführer Fidel zurück, betonen die drei.
     

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    Blattmacher unter sich

    Peter Steiniger
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    Dietmar Koschmieder im Gespräch mit Luis Luque

    Dienstag nachmittag. In der Redaktion von Juventud Rebelde, der Zeitung des kubanischen Jugendverbandes, empfängt uns Luis Luque Álvarez, der dort für das außenpolitische Ressort zuständig ist. Das Redaktionsgebäude am Platz der Revolution hat den Charme vom Franz-Mehring-Platz 1, dem Sitz des ND, aus früheren Tagen. Die Revolution ist unbesiegbar, denn es gibt Kopien davon. Wir erörtern Möglichkeiten für Austausch und Kooperation zwischen Juventud Rebelde und junge Welt.
    Die Zeitung hat eine Auflage von 200.000 Exemplaren je Erscheinungstag. Sie bietet ein breites Themenspektrum und bemüht sich darum, einen lebendigeren und investigativeren Journalismus zu entwickeln, erfahren wir. Auf der Messe werden gerade zwei von ihrem Verlag herausgegebene Bücher über »unbequemen« Journalismus vorgestellt. Das entspräche sicher nicht den Klischees von kubanischer Presse in unseren Medien, meint Luque.
    Um Devisen zu erwirtschaften, wird hier auch eine wöchentliche Wirtschaftszeitung produziert. Das ist clever, außerdem führen die Schwarzen ja gerade global vor, daß sie nicht mit Geld umgehen können. Vielleicht sollte die junge Welt das Konzept aufgreifen und die Financial Times oder das Handelsblatt übernehmen. Aber die schreiben ja sowieso nur Miese.
    Gedruckt wird zweifarbig auf DDR-Veteranen, an drei Standorten, um die ganze Insel abdecken zu können. Eigene Korrespondenten im Ausland kann sich das Blatt zur Zeit nicht leisten.
    Es gibt eine sehr professionelle Internetausgabe, in Auszügen auch auf Englisch.
    Kuriosität am Rande: Ihr bestgerankter Artikel trägt den Titel: Sexo anal: otro camino al placer. Politische Aufklärung ist eben nicht alles.

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    Schon wieder: Zwei neue Leserinnen

    Peter Steiniger
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    Wißbegierig: Isis und Claudia

    Uns besuchen Claudia und Isis. Die beiden studieren an der Universität Havanna Kommunikation und Deutsch bzw. Französisch und Englisch. Neben der jW-Extraausgabe auf Spanisch und den thematischen Beilagen interessieren sie sich besonders für unsere Internetausgabe. Sie lassen sich genau zeigen, wie dieser Blog entsteht.
    Ihnen gefällt die Atmosphäre der »Feria« und sie nutzen gern die Möglichkeit, sich hier nach neu erschienen Büchern umzusehen. Vor allem nach Titeln, die für das Studium hilfreich sind.
    Ob wir auch jedes Jahr hierher kommen?, möchten die beiden wissen. Sie würden gern in Kontakt bleiben. Ein guter Grund mehr, sich das vorzunehmen.

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    Der IM, der aus der Kälte kam

    Peter Steiniger
    Kockisch
    Cooles Shirt: Uwe Kockisch als Lokalreporter Thomas Raschke

    Am Sonntag abend wird in Havanna Westfernsehen geguckt. Wir präsentieren auf der Buchmesse die ZDF-Produktion »Die Nachrichten«. Ein (brillanter) Mainstreamfilm, der einen etwas anderen Blick auf den innerdeutschen Crash der Kulturen und die Stasihysterie in den neunziger Jahren wirft. Für seine Premiere in Kuba haben wir den Streifen aus dem Jahr 2006 mit spanischen Untertiteln versehen lassen.

    Die Klimaanlage in Saal »Carlos J. Finlay« fährt Vollast. Während draußen die Sonne ihre warmen Strahlen zur Erde hernieder sendet, bilden sich hier drinnen Eisblumen an der Projektorlampe. Wir schlagen die Kragen an unseren kurzärmligen Hemdchen hoch, die Zähne klappern, im Hals macht sich ein Kratzen bemerkbar. Wer jetzt einschläft, wird sterben. Gut, daß wir nicht den »Schwarzen Kanal« mitgebracht haben. Denkbar wär´s ja.

    Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Alexander Osang, welches wir hier auf der Messe ebenfalls präsentieren. Im Mittelpunkt der Handlung steht der aus dem Osten stammende (ARD-)Nachrichtensprecher Jan Landers (Jan-Josef Liefers).

    Bei Premieren geht bekanntlich immer etwas schief. Ein Absturz des Laptops, in dem sich die Scheibe dreht, reißt uns aus der Starre. Windows Vista - danke, Bill. Während wir das Publikum trösten und die Recheneinheit neu starten, regelt der Raumtechniker den Windmacher auf gemäßigte Breiten herunter. Jetzt kann´s weitergehen mit großem Kino.

    Landers gerät in den Verdacht, Stasi-IM gewesen zu sein und verschwindet vom Bildschirm. Dabei hatte er sich doch so schön an die Hamburger Medienschickeria angepaßt ... Eine SPIEGEL-Tante und ein Neubrandenburger Lokalreporter jagen der vermeintlichen Story nach. Diesen Raschke, einen »ewigen Verlierer«, der gegen den provinzellen Mief antrinkt und seine Chance, ihm zu entkommen, zuverlässig verpasst, stellt Uwe Kockisch dar.

    Im wirklichen Leben hat der Schauspieler Kockisch auch etwas verpasst, darunter diesen Abend. Denn seine geplante Reise nach Kuba und zur Buchmesse mußte er kurzfristig absagen. Der Produktionsstart für einen neuen Film, für den er derzeit in Köln vor den Kameras steht, kam ihm in die Quere. Von dort sandte er einen Brief, in dem er sagt, warum für ihn die »Die Nachrichten« so gut sind: »Dieser Film versucht, die Gebundenheit von Menschen an Milieus und Zeitumstände, differenziert und ironisch, aber ohne Lächerlichkeit, sichtbar zu machen. Dialektik statt Klischees. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Doch die Nachfrage danach wird wieder wachsen, da bin ich mir sicher. Nach Film, der Kunst statt ausschließlich Kommerz ist.«

    Kockisch verspricht, seinen ersten Besuch in Kuba sobald wie möglich nachzuholen, um sich eine eigene Anschauung von den »guten und den schweren Seiten des Lebens« in diesem »außergewöhnlichen Land« zu machen, Kolleginnen und Kollegen vom Film zu treffen.

    Sie müssen Uwe Kockisch dann nicht unbedingt hinterher reisen. Im Rahmen einer DEFA-Filmreihe in der jW-Ladengalerie wird er auch in Berlin zum Gespräch stehen. Voraussichtlicher Termin ist der 7. April.


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    Projekt »Akkordeon«

    Katja Zöllig
    Musizieren am Malecón
    Musizieren am Malecón

    Den Weg von der Feria ins Hotel bewältigten wir schon routiniert mit dem Bus (die Fahrt kostet 40 Centavos), da wir inzwischen über ausreichend Klimpergeld verfügen. Dabei hatten wir uns geeinigt, uns mit einer Buttel Rum, Cola und bewaffnet mit Gläsern aus den Hotelzimmer-Kühlschränken zur Malecón-Promenade aufzumachen und die Gesellschaft der Habaneros zu suchen.

    Wir mußten eine ganze Strecke gehen, um eine ausreichend große Lücke zwischen den Pärchen und Familien zu finden, um uns auf der Kaimauer niederzulassen. Der Abend war mild, das Meer plätscherte ruhig dahin. Als wir uns die zweite Runde Cuba libre gaben, blieben zwei vorübergehende Musikanten der älteren Garde vor uns stehen. Ein feucht-fröhliches Hola Companeros schallte Ihnen entgegen. Sie legten los, mit Akkordeon, Gitarre und zwei kräftigen Stimmen ihr Touristenprogramm abzuspulen.

    »Guantanamera«"" – das kennt jeder, Text ist Glückssache - wir hatten diesen auch nicht drauf. Den Refrain trällerten wir mit. Ich erlaubte  mir, die Strophen mit einer Begleitstimme zu ergänzen, was unsere Musikern sichtlich aufhorchen ließ. Bei einem anschließenden flotten kubanischen Tanzrhythmus, irgend etwas Rumbaartiges, hielt es uns zwei tanzfreudige Katjas nicht mehr auf dem Hosenboden. Wir legten die flotteste Sohle auf's Straßenpflaster. Die Musikanten hatten ihren Spaß, die Kubaner rundherum zeigten sich fröhlich überrascht.

    Unsere Nichttänzer waren derweil nicht untätig und schenkten Cuba libre für die Künstler ein. Ein Glas reichten sie gleich weiter an eine freundliche ältere Dame, die wir bis dahin gar nicht wahrgenommen hatten. Als auch die Gage in ihre Hände wanderte, war klar: Sie ist die Kassencheffin der beiden Musiker.

    Was dem kleinen Umtrunk folgte, brauchten wir nicht mehr als Touriunterhaltung aufzufassen. Wer wir sind, wo wir herkommen, was wir hier machen, wurde schnell erklärt und es entspann sich ein Gespräch über das Akkordeon von Ruan. Es ist so alt wie die kubanische Revolution. Der Balg bestand fast nur aus Flickstellen. Dieses Akkordeon, Marke "Hohner" hatte seine beste Zeit also schon erlebt.

    Und dann passierte es, alles passte einfach zusammen. Der laue Abend, der Cuba libre, die Musik, die fröhliche Laune der Kubaner rundherum, in der wir schwelgten, die Herzlichkeit unserer beiden Musikanten. Sie sparten auch nicht mit Lob für unsere musikalische Begleitung zu »Guantanamera«. Spontan versprachen wir, uns um ein neues Akkordeon zu kümmern. Mit »Comandante Che Guevara« wurde die Sache feierlich bekräftigt.

    Vor unserer Abreise sind wir zum Essen mit den Musikern in ihrem Haus eingeladen. Mal sehen, ob es noch klappt. Auf jeden Fall ist hiermit das Soli-Projekt des Berliner Büros Buchmesse Havanna »Ein Akkordeon für Ruan« ins Leben gerufen. Wir bauen auf Eure Untersützung!

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    Zu Gast bei Freunden

    Katja Klüßendorf
    cuba si
    Die Milch macht´s: Sozialarbeiterin Yilianis und die Cuba-Sí-Aktivisten Rolf-Manfred Hasse und Tobi Thiele (v.r.n.l.)

    Der Ansturm am Wochenende hat uns ziemlich ausgepowert. Heute sieht´s etwas entspannter aus und ich kann mich vom Stand absetzen, um mal etwas Messeluft zu schnuppern.

    Ich flaniere durch die Hallen und Gänge, versorge mich mit dem guten Copellia-Eis und lande schließlich bei unseren befreundeten Landsleuten von Cuba Sí. Genauer gesagt, an deren Gemeinschaftsstand mit der kubanischen Tierzüchtervereinigung ACPA (Associación Cubana de Producción Animal). Bekanntlich ist Cuba Sí mit seinen Milchprojekten für Kubas Kinder seit Jahren hier aktiv.

    Nach ein bißchen Tratsch lenkt man mich weiter zum Fernando-Ortiz-Saal. Dietmar Schulz stellt dort ein Buch vor, bei dem es nicht um´s liebe Viehzeug, dafür aber um den Fortschritt auf dem Subkontinent geht. Herausgegeben hat er »Lateinamerika, eine neue Ära?« gemeinsam mit dem letzten richtigen DDR-Premier, Hans Modrow. Die beiden haben dort Aufsätze von Forschern, vor allem aus dem Umkreis der Linkspartei, zu den verschiedenen Ländern versammelt.

    Beleuchtet werden die sozialen Kämpfe und die Probleme mit der Macht. Dietmar erklärt, lebhaft und interessant. Die Linke in Deutschland müsse sich viel stärker damit auseinandersetzen, was aktuell in Lateinamerika vor sich geht. Er versäumt es nicht, seine Glückwünsche an Chávez in den Saal und die Welt zu tragen. Das Buch gibts übrigens im Dietz-Verlag oder besuchen Sie einfach mal den Stand von Cuba Si in Halle 3c.

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    Mein Tag: Jetzt wird´s lebhaft

    Ruben Wesenberg

    Zurückbleiben bitte! Diesen Spruch kennen Havannas Busfahrer nicht. Zusammengequetscht passen wirklich alle, alle irgendwie in den Veteranen, der in seinem früheren Leben wahrscheinlich schon das ganze chinesische Straßennetz bereiste. Heute ist Valentinstag, ein Grund mehr, etwas zusammenzurücken. Viele Mädchen und Frauen haben Blumen angesteckt. Als wir die Messe erreichen, kreischt die mitfahrende Kinderschar auf und stürmt aufgeregt los. Vor den Festungstoren haben sich bereits lange Warteschlangen unter der sengenden Hitze aufgereiht.
    Wir haben kaum unseren Stand erreicht, das strömen die Leute auch schon herein. Wir kommen bald ins Gespräch und verteilen unsere Zeitungen, die weg gehen wie warme Semmeln. Ich staune besonders darüber, dass immer wieder auch Kubaner kommen, die mich auf Deutsch ansprechen. Sie haben in der DDR studiert oder gearbeitet. Später steht sogar eine Tochter des Comandante Ché Guevara in persona vor mir. Hasta siempre!

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    »Film ist Kunst«

    Peter Steiniger
    Luis González Nieto, Vizepräsident von ICAIC
    Luis González Nieto, Vizepräsident von ICAIC

    Diesen Anspruch formulierte das erste Kulturgesetz des revolutionären Kuba. Mit ihm wurde zugleich das Instituto Cubano de Arte e Industria Cinematográfica (Kubanisches Institut für Filmkunst und Filmindustrie) ins Leben gerufen. Damit war der Grundstein für die Ausbildung einer eigenen, nicht am Kommerz orientierten Filmproduktion gelegt.

    Der Sitz des ICAIC befindet sich in Havannas Stadtbezirk Vedado. Hier treffe ich mich am späten Dienstag morgen dessen Vizepräsidenten Luis González Nieto. Wir sprechen über die 50jährige Geschichte des ICAIC, die Situation des kubanischen Kinos während und nach der Krise und über den deutschen Film in Kuba. In Deutschland war Nieto während einer Solidaritätskampagne für sein Land 1994 vierzehn Tage lang kreuz und quer unterwegs. Im grauen Monat November war´s.

    Nieto schildert, wie das ICAIC ein eigenes Kulturerbe entwickelt und eine nationale Filmindustrie aufgebaut hat. »Kino – das ist eine Utopie, die hier Wirklichkeit geworden ist.« Weitaus reichere Länder würden nicht über einen solchen kulturellen Sektor verfügen. Neben dem Film, besonders dem Autorenkino, kommt auch der Plakatkunst und der Fotografie ein hoher Stellenwert zu.

    Mit mobiler Vorführtechnik, zum Teil mit Solarenergie betrieben, um nicht vom Stromnetz abhängig zu sein, werden Filme auch zu den Menschen in abgelegenen und wenig entwickelten Gebieten gebracht.

    Nach der »Spezialperiode« - die Produktion musste wegen der ökonomischen Ebbe eingeschränkt werden, einige Filmemacher wanderten ab - schränkte auch der Konflikt mit der EU die Möglichkeiten der kubanischen Filmemacher ein. Viele Stiftungen, die internationale Kunstprojekte fördern, nutzen EU-Mittel. Wegen der politischen Sanktionen gegen Kuba »akzeptierten wir keinerlei Geld aus der EU«, erklärt Nieto.

    Trotz allen Hindernissen ging es in den letzten fünf Jahren wieder deutlich aufwärts. Seitdem stellt der kubanische Staat für Filmproduktionen auch wieder Devisen zur Verfügung. Stark entwickelt wird die karibische und lateinamerikanische Kooperation, eine große Rolle dabei spielt Venezuela. Zu diversen thematischen Gebieten werden gemeinsame Filmwettbewerbe und -festivals veranstaltet. Im Jahr 2009 findet bereits zum 31. Mal das weltbekannte Internationale Festival des lateinamerikanischen Films in Havanna statt.

    Das ICAIC tritt auch mit einer Reihe von Publikationen in Erscheinung. Die erste Kinozeitschrift Lateinamerikas überhaupt »Cine Cubano« (gegründet 1960) zählt ebenso dazu, wie die Periodika »Temas«, »Criterios« und das Internetportal »Cubanow« (www.cubanow.cu).

    Am Ende des Gesprächs geht Nieto noch auf die Herausforderung ein, gegen die sogenannte Globalisierung kulturelle Identitäten zu behaupten und künstlerische Ansprüche gegen Marktmacht zu verteidigen. »Das europäische Kino betrifft das nicht weniger als uns Lateinamerikaner.«

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    Packender Paco

    Katja Klüßendorf
    Taibo
    Erntet viele Lacher: Biograph Paco

    Während den ersten Messetag noch der Org-Kram regierte, können wir uns nun auch mal den Veranstaltungen widmen. Am Sonnabend mittag steht schon ein echtes Highlight auf dem Programm.
    Der mexikanische Krimiautor, Romancier und nicht zuletzt Ché-Biograf, Paco Ignácio Taibo II, stellt sein neues Buch vor. »Un hombre Guapo« handelt von dem historischen Studentenführer im Kuba vor der Revolution, Tony Guiteras. Große Stimmung im Saal, denn der Unterhaltungswert des mitreisenden und humorvollen Erzählers ist beträchtlich. Paco nimmt besonders gern den Machismus unter den Revolutionären aufs Korn.

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    Hurra, hurra ...

    Peter Steiniger
    Etecsa
    Erfahrene Fummler: Die Techniker von Etecsa

    ... der Internetanschluß an unserem Stand ist da! Nach zähem Ringen. Mañana heißt: ich weiß nicht. In einer Stunde bedeutet: irgendwann. Dann, mit dem Ende des ersten Messetages, erscheinen die bestellten Techniker. Ein paar Tage Anlauf waren notwendig, um immerhin bis zur Auftragserteilung zu gelangen. Dann zähe Nachfragen in einem stetig kürzer werdenden Rhythmus.
    Nach vielem Basteln und Improvisieren steht dann tatsächlich die Verbindung zum Netz. Dazu fällt mir ein Witz über den Unterschied zwischen einer kapitalistischen und einer sozialistischen Hölle ein ... Vielleicht erzähle ich den ein anderes Mal, denn leider müssen wir jetzt die heiligen Hallen auch schon verlassen. Hasta mañana!

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