Nicolás Maduro hat die Präsidentschaftswahl offenbar klar gewonnen. junge Welt vorliegenden inoffiziellen Informationen zufolge erreichte der sozialistische Kandidaten rund 8.150.000 Stimmen. Das entspricht 55,5 Prozent. Oppositionskandidat Henrique Capriles überzeugte den Angaben zufolge nur 44,5 Prozent der Wähler. Die Wahlbeteiligung lag mit 78 Prozent nur wenige Punkte (2,48%) unter den Wahlen vom vergangenden 7. Oktober. Damals hatte Hugo Chávez 8.191.132 Stimmen (55,07%) gewinnen können, Capriles 6.591.304 Stimmen (44,31%).
Auch im Wahlkampfstab von Henrique Capriles geht man offenbar von einem Sieg Maduros aus. Wie jW aus diesen Kreisen erfuhr, geht man dort von einem Vorsprung von 2 bis 5 Punkten für Maduro aus. Im Oktober hatte die Opposition zur selben Uhrzeit noch erklärt, Capriles liege vor Chávez.
Vor wenigen Minuten, um 18 Uhr Ortszeit, endete offiziell die Öffnungszeit der Wahllokale in Venezuela. Tatsächlich abgeschlossen wird die Abstimmung allerdings erst, wenn niemand mehr in den Schlangen darauf wartet, seine Stimme abgeben zu können.
Bereits am Nachmittag hatte sich erneut eine hohe Beteiligung abgezeichnet. Während in den Oppositionsvierteln teilweise gespenstische Ruhe herrschte, waren die Chavistas schon in Hochstimmung. Viele hatten an ihren „Puntos Rojos“, den Informationsständen, zwar – wie gesetzlich vorgeschrieben – die Wahlplakate abgenommen, hielten sie aber weiter geöffnet. Die Wahlkampflieder wurden nur ein wenig leiser gedreht, und die Anhänger von Nicolás Maduro kümmern sich darum, daß auch wirklich möglichst viele der Nachbarn zur Wahl gehen.
In einer Schule nahe der Metrostation Capuchinos nutzten wir die Möglichkeit, ein Wahllokal zu besuchen. Hier standen nur noch wenige Personen an, um ihre Stimme abzugeben. Die für die Sicherheit zuständigen Militärs wirkten locker und guter Dinge, Zwischenfälle hatte es hier nicht gegeben. Auch landesweit konnte der Nationale Wahlrat (CNE) über einen weitgehend ruhigen Verlauf berichten.
Auf unserem weiteren Weg fiel uns ein Neubau ins Auge, das wir im Oktober, während der letzten Präsidentschaftswahl, noch als halbfertige Baustelle gesehen hatten. Auch vor diesem Hochhaus steht ein Infopunkt. Isabel, eine junge Bewohnerin des neuen Hauses, gab uns bereitwillig Auskunft. Sie wohnt seit fünf Monaten hier, nachdem sie ihre bisherige Wohnung bei einem Unwetter verloren und seither in einer Notunterkunft gelebt hatte. Sie profitiert nun von der Misión Vivienda, dem Wohnungsbauprogramm der venezolanischen Regierung, in deren Rahmen allein im vergangenen Jahr 200.080 neue Wohnungen geschaffen worden sind.
Wir sprachen Isabel auf einen Wahlspot des Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski an. In diesem Kurzfilm war behauptet worden, die neuen Wohnungen würden nur an die „Amiguitos de siempre“ vergeben, an die „immer selben Freunde“, Parteigänger der PSUV. Isabel weist das empört zurück. Bei der Vergabe der Unterkünfte sei nicht nach politischen Präferenzen gefragt worden, es sei nur um die Dringlichkeit gegangen.
Im ersten Jahr wohnen alle Bewohner kostenfrei in ihrer neuen Wohnung. Anschließend soll die Miete nach der Familiengröße festgelegt werden, so daß niemand seine neue Unterkunft aus finanziellen Gründen wieder aufgeben muß.
Isabel und ihre Nachbarn machen kein Geheimnis daraus, daß sie für Nicolás Maduro gestimmt haben, und zeigen stolz den blauen Finger in die Kamera. Die Färbung beweist, daß sie zur Abstimmung gegangen sind, denn nach der Stimmabgabe muß jeder Wähler den Finger in ein Tintenfaß tauchen – eine weitere Maßnahme, um doppelte Stimmabgabe zu verhindern.
Als bereits gegen 17.30 Uhr ein Motorrad- und Autokorso laut hupend auf der Straße an ihnen vorbeifährt, winken sie begeistert zurück. Hier ist man sich sicher, daß Nicolás Maduro die Wahl klar für sich entscheiden wird.
In diesen Minuten endet in Venezuela offiziell der Wahltag. Um 18 Uhr Ortszeit schließen die Wahllokale. Lediglich in den Zentren, in denen noch Menschen in den Schlangen auf die Gelegenheit zur Stimmabgabe warten, bleiben die Wahllokale über diesen Zeitpunkt hinaus geöffnet.
Die Verbreitung von Nachwahlbefragungen oder anderen Prognosen ist untersagt, bis der Nationale Wahlrat in einem ersten Kommuniqué die offiziellen Zahlen bekanntgegeben hat. Dies geschieht, sobald die Tendenz des Ergebnisses unumkehrbar ist.
Bis 15 Uhr hatten nach Informationen des Wahlkampfleiters von Nicolás Maduro, Jorge Rodríguez, bereits mehr als 13 Millionen Menschen an der Wahl teilgenommen, was drei Stunden vor der Schließung der Wahllokale einer Beteiligung von 68 Prozent entsprach.
Unterdessen wurde bekannt, daß unbekannte Tater die Twitter-Accounts von Nicolás Maduro und seiner Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) gehackt haben, offenbar um über diese Falschmeldungen zu verbreiten.
Rund drei Stunden vor der Schließung der Wahllokale hat sich in Venezuela eine hohe Beteiligung abgezeichnet. Gegen 15 Uhr Ortszeit erklärte Präsident Nicolás Maduro nach seiner Stimmabgabe, zu diesem Zeitpunkt hätten bereits mehr als 11,5 Millionen Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Die Beteiligung liege somit deutlich über früheren Werten.
Ob die Beteiligung allerdings auch höher ausfallen wird als im vergangenen Jahr, als mit 82 Prozent ein Rekordwert verzeichnet wurde, ist noch unklar. In der Innenstadt von Caracas jedenfalls hielt der Andrang von Wählerinnen und Wählern auch am Nachmittag weiter an. Im Colegio Andrés Bello, dem größten Wahllokal des Landes, bildeten sich immer wieder Schlangen von Wartenden.
Die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE), Tibisay Lucena, hob hervor, daß die Schlangen diesmal kürzer und der Wahlprozeß flüssiger sei, weil in den Wahllokalen mehr mobile Rechner installiert worden seien. Uns fiel auch auf, daß die Rechner teilweise mit Autobatterien betrieben wurden, offenbar um sie gegen Stromausfälle in den Gebäuden zu wappnen. In den vergangenen Tagen war gewarnt worden, radikale Teile der Opposition würden versuchen, die Abstimmung durch Stromausfälle zu sabotieren.
Venezuela: Opposition mißbraucht Andenken des linken Sängers Alí Primera. Unter Chávez Kulturangebot vervielfacht. Ein Gespräch mit Daniel Viglietti
Daniel Viglietti, geboren 1939 in Montevideo, ist einer der berühmtesten Protestsänger Uruguays und Lateinamerikas
Sie haben am Freitag in Caracas Ihr neues Lied »Bolivariano« vorgestellt. Was hat Sie dazu bewogen, Venezuela ihren neuen Titel zu widmen?
Ich habe Venezuela 1974 kennengelernt, damals noch als konservative Klassengesellschaft mit erschreckenden Unterschieden zwischen Armen und Reichen. In den folgenden Jahren habe ich das Land immer wieder besucht und dabei erlebt, wie sich unter der Regierung von Hugo Chávez eine andere Lebenskonzeption durchgesetzt hat. Von jedem meiner Aufenthalte habe ich etwas aus Venezuela mitgenommen, so daß ich daheim in Montevideo, Uruguay, immer häufiger gedacht habe: Daraus mußt du ein Lied machen!
Dieses Lied, »Bolivariano«, habe ich in aller Eile vor ein paar Wochen geschrieben. Den Anstoß dazu gab mir das uruguayische Dorf Bolívar, dem Chávez bei einem Besuch eine Brücke gespendet hatte, um die Lebensbedingungen der Menschen zu erleichtern. Dieses kleine Dorf mit gerade einmal 200 Einwohnern ist dem verstorbenen Präsidenten Venezuelas zutiefst dankbar.
Nach dessen Tod gab es dort eine große Gedenkzeremonie, an der Präsident Pepe Mujica, Repräsentant des Linksbündnisses Frente Amplio, und hohe Würdenträger teilgenommen haben. Dort habe ich erstmals dieses Lied vorgestellt, das ich jetzt auch in Venezuela singe. Ich konnte es unter anderem bei der großen Abschlußveranstaltung des Wahlkampfes von Nicolás Maduro vortragen, vor Millionen Menschen, inmitten von Freude und Begeisterung.
Wie bewerten Sie die Wahlen in Venezuela?
Die Wahlen zeichnen sich durch große Transparenz aus. Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat einmal gesagt, das Wahlsystem Venezuelas sei das perfekteste der Welt. Das widerlegt all die Lügen, die verbreitet werden, und all die Behauptungen der Rechten. Deshalb fühle ich mich auch sehr wohl hier.
Wie beurteilen Sie es, daß der Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski bei seinen Wahlkampfkundgebungen Lieder des linken Protestsängers Alí Primera gespielt hat?
Capriles ist Opportunist und Lügner, doch Lügen haben bekanntlich kurze Beine – und Opportunismus ist ein Verrat an der Wahrheit. Das, was Capriles tut, ist niederträchtig, denn er weiß genau, daß der Weg meines Freundes Alí Primera nichts mit seinen reaktionären und faschistischen Ideen zu tun hat. Capriles ist fähig, jedes Bild und jedes Image zu nutzen, um die Menschen zu betrügen.
Welche Bedeutung hat die Entwicklung in Venezuela für die Kultur in diesem Land und darüber hinaus?
Ich habe hier in Venezuela erlebt, wie zum Beispiel die Zahl von Sängern und Musikern enorm zugenommen hat. Neulich hat mich ein Rocksänger angesprochen, der von mir ein Lied haben wollte, aus dem er eine Rockversion machen könnte. Auch der Rap hat sich durchgesetzt, es gibt hier viele Rapper. Das Kulturangebot hat sich vervielfacht Ich war vor einem Jahr bei der Internationalen Buchmesse hier in Caracas und habe an einer Hommage für Mario Benedetti teilgenommen. Er war mein Freund und Partner bei Konzerten, in denen wir Musik und Poesie verbanden.
Bei dieser Gelegenheit habe ich erlebt, welche Begeisterung die Venezolaner für das Lesen entwickelt haben, Tausende konnten Bücher zu sozial verträglichen Preisen erwerben. Hier werden also große Anstrengungen für die Kultur unternommen, und das sagt vieles über dieses Land aus. Ich habe einmal gesagt: Diktatur und Kultur passen nicht zusammen.
»Die Neuigkeit ist, daß es praktisch keine Neuigkeiten gibt«, konnte die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE) um wenige Minuten nach 11 Uhr Ortszeit bei ihrer ersten Pressekonferenz am Wahltag den versammelten Journalisten mitteilen. Es habe lediglich vier Fälle gegeben, in denen Personen den Stimmzettel aufgegessen hätten, statt ihn in die Urne zu werfen. Außerdem habe es einige wenige Anzeigen gegeben, weil Wähler ihre Stimme nicht alleine, sondern in Begleitung abgegeben hätten.
Ernsthafte Zwischenfälle habe es keine gegeben, bestätigte auch das Oberkommando der Streitkräfte kurz zuvor in einer Pressemitteilung. An den Außengrenzen Venezuelas, speziell an der zu Kolumbien, herrsche ebenfalls Ruhe. Die Grenzübergänge zu Lande sind am heutigen Wahltag geschlossen worden. Allerdings haben die Streitkräfte offenbar besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Wie der Präsident des Instituts für das kulturelle Erbe (IPC), Raúl Grioni, gegenüber junge Welt sagte, hätten ihm gegenüber Offiziere angekündigt, die Urnen am Sonntag abend zur Sicherung in die Kasernen zu transportieren, anstatt sie wie sonst über Nacht in seinem zum Wahllokal umgewidmeten Institut zu überwachen und erst am Montag abzutransportieren.
Gegen 12 Uhr teilte Jorge Rodríguez, der Chef des Wahlkampfstabes von Nicolás Maduro, bei einer Pressekonferenz, daß bis zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als acht Millionen der gut 18 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hätten. Das sei eine »sehr gute Nachricht«, alles deute auf eine erneut sehr hohe Beteiligung hin. Der derzeitige Zwischenstand eröffne die Möglichkeit, daß Venezuela einen neuen Beteiligungsrekord aufstelle. Tibisay Lucena hatte zuvor noch vermieden, konkrete Auskünfte darüber zu erteilen, ob die Wahlbeteiligung gestiegen oder gesunken sei. Bei der letzten Wahl am 7. Oktober 2012 hatten 82 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgegeben.
Rodríguez rief die Anhänger der Opposition auf, auf Provokationen zu verzichten und die Menschen friedlich und ungestört wählen zu lassen.
Die letzte Hoffnung der Opposition in Venezuela sind die Sterne. Während praktisch alle Meinungsumfragen einen klaren Sieg von Nicolás Maduro bei der heutigen Präsidentschaftswahl voraussagen, prognostiziert die Wahrsagerin Adriana Azzi einen Erfolg des Oppositionskandidaten Henrique Capriles.
Am 7. April verkündete sie über Twitter: »Capriles wird gewinnen... Aber lest genau: ‚Die Schlacht, diese Wahrheit zu verteidigen, wird hart’« Das ist nichts anderes als die Drohung der Opposition, die offiziellen Ergebnisse nicht anzuerkennen, wenn sie ihr nicht passen.
Offenbar vertraut Azzi selbst nicht auf ihre Prognosen, deshalb empfiehlt sie allen Ernstes ein »Ritual« für den heutigen Wahltag: »Nehmt ein Stück Papier unter euren rechten Fuß, auf dem die Buchstaben CNE und die Namen von Tibisay und Maduro stehen, um sie zu treten.«
Übrigens hatte sie Anfang 2012 vorausgesagt, daß in jenem Jahr ein internationales Gericht Venezuela verurteilen würde. Außerdem werde die Opposition die Präsidentschaftswahl am 7. Oktober 2012 gewinnen...
Bislang ohne nennswerte Zwischenfälle haben in Venezuela die Präsidentschaftswahlen begonnen. Seit 6 Uhr morgens Ortszeit sind die Wahllokale geöffnet, vor vielen hatten sich schon zuvor lange Schlangen von Menschen gebildet, die auf die Gelegenheit zur Stimmabgabe warteten.
Begonnen hatte der Wahltag für viele bereits drei Stunden zuvor, entweder weil sie an den Autokorsos zum Auftakt teilgenommen hatten oder weil sie von diesen geweckt wurden. Auch an unserer Unterkunft in Caracas zogen zwischen 4 und 5 Uhr mehrfach Gruppen von Autos, Motorrädern und Menschen vorbei, die aus Lautsprechern Fanfaren und die Stimme von Hugo Chávez abspielten: »Auch du bist Chávez, Frau Venezuelas! Auch du bist Chávez, Kind Venezuelas!« An vielen Orten feuerten die Chavistas auch Feuerwerk ab.
Um 6.45 Uhr Ortszeit informierte die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE), Tibisay Lucena, daß bis zu diesem Zeitpunkt 86 Prozent der Wahllokale geöffnet hätten. Man rechne damit, daß die noch fehlenden in wenigen Minuten ebenfalls die Arbeit aufnehmen würden. Damit ein Wahllokal geöffnet werden kann, müssen die Wahlhelfer und Zeugen vor Ort sein – verspätet sich von diesen jemand, verspätet sich auch die Öffnung des Lokals.
Im größten Wahllokal Venezuelas, dem Liceo Andrés Bello im Zentrum von Caracas, sind 12.093 Menschen wahlberechtigt. Hier öffneten fast alle Urnen pünktlich um 6 Uhr. Zu den ersten, die hier ihre Stimme abgaben, gehörte Inés Luigi. Gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur AVN rief sie ihre Landsleute auf, ebenfalls an der Abstimmung teilzunehmen: »Kommt und wählt! Alles ist transparent, das System ist gegen Manipulationsversuche gepanzert und die Sicherheit der Wähler ist gewährleistet. Der Prozeß der Stimmabgabe ist einfach, man muß bewußt wählen!«
In Venezuela haben die Präsidentschaftswahlen begonnen. Um 6 Uhr morgens (Ortszeit) öffneten die Wahllokale. Die Venezolaner entscheiden heute zwischen dem Kandidaten der Revolution, Nicolás Maduro, und dem Vertreter der Opposition, Henrique Capriles Radonski.
Ab 3 Uhr nachts waren Gruppen von Anhängern Maduros in ganz Caracas unterwegs, um mit Feuerwerk, Sirenen und Musik die Menschen zu wecken und zur Wahl aufzurufen. Diese »Toque de diana« ist seit dem Amtsenthebungsreferendum 2004 Tradition der Chavistas geworden. Damals hatten die Anhänger von Hugo Chávez aufgerufen, sehr früh am Morgen zu wählen, um Manipulationen und Provokationen der Opposition den Boden zu entziehen.
Die Wahllokale sind bis 18 Uhr Ortszeit geöffnet. Allerdings können Wähler, die zu diesem Zeitpunkt noch in der Schlange warten, noch ihre Stimme abgeben, so daß sich das endgültige Ende der Wahl meistens um etwa eine Stunde verzögert. Mit ersten offiziellen Ergebnissen wird wenige Stunden später gerechnet.
Am Vorabend der Wahlen in Venezuela haben die Behörden die Menschen aufgerufen, sich nicht provozieren zu lassen und am Sonntag diszipliniert und fröhlich ein Fest der Demokratie zu feiern. In einer über alle Rundfunk- und Fernsehsender des Landes ausgestrahlten Ansprache würdigte die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE), Tibisay Lucena, die Unterstützung durch 157.276 Wahlhelfer, 88.928 Techniker und Informatiker sowie durch 170 internationale Wahlbegleiter und die Einheiten der Nationalen Bolivarischen Streitkräfte.
»Alle Garantien sind gegeben. Die politischen Organisationen verfügen über alle beantragten Bedingungen«, betonte Lucena. »Wir möchten die politischen Sprecherinnen und Sprecher um Aufmerksamkeit bitten. Es ist fundamental, daß ihre Mitteilungen konsequent einem Klima des Friedens dienen, das wir alle für diese Wahlen wollen. Es ist sehr wichtig, daß wir alle verantwortlich agieren, damit es keinerlei Ausbruch von Leidenschaften, keine Verletzung der guten Entwicklung des Prozesses gibt. (...) Mögen die Intoleranten sprachlos zurückbleiben. Diejenigen, die niemals zur Demokratie beigetragen haben und die heute versuchen wollen, sie zu stören, sollten ignoriert und als eine absurde Minderheit verurteilt werden, die der Vergangenheit angehört.«
Mit ihrer Mahnung spielte Lucena auf Gruppen wie die sich als Studentenbewegung präsentierende Organisation JAVU (Aktive Jugend Vereintes Venezuela) an. Medien hatten am Sonnabend über einen entdeckten Plan dieser Gruppe berichtet, der detaillierte Planungen für gewaltsame Protestaktionen in verschiedenen Teilen Venezuelas beinhaltet haben soll. Dem Papier zufolge, das offenbar auch an andere Regierungsgegner weitergeleitet wurde, war die Gruppe fest entschlossen, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen und mit Protesten auf angebliche »Manipulationen« zu reagieren.
JAVU selbst dementierte die Authenzität des Papiers und erklärte, ihre Proteste würden »strikt im Rahmen der Verfassung« ablaufen. Allerdings hatten sich in den vergangenen Tagen Sprecher der Opposition auf das in dem 1999 verabschiedeten Grundgesetz festgehaltene »Widerstandsrecht« berufen.
Ausgelassen haben Hunderte Menschen am Freitag abend (Ortszeit) den Start des ersten Digitalsenders Venezuelas gefeiert. Um 21 Uhr hatten der geschäftsführende Staatspräsident Nicolás Maduro und sein Stellvertreter Jorge Arreaza auf der Plaza de los Museos im Zentrum der Hauptstadt Caracas den offiziellen Startschuß für ConCiencia TV gegeben.
Der Name des neuen Kanals, der zunächst im Probebetrieb sendet, ist ein Wortspiel. Zum einen läßt er sich als »Con Ciencia« – »Mit Wissenschaft« – lesen, zum anderen bedeutet »Conciencia« allerdings auch »Bewußtsein«.
Betrieben wird der Sender vom Ministerium der Volksmacht für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTI). Im Programm sollen den Venezolanern neue technische Entwicklungen vorgestellt und Forschungsergebnisse präsentiert werden. Breiten Raum wird auch das Kinderprogramm einnehmen. Zur Illustration von dessen Machart führte einer der Moderatoren am Freitag seinem staunenden Präsidenten vor, wie man einen Bleistift in einen mit Wasser gefüllten Plastikbeutel stechen kann, ohne daß Wasser austritt. Fasziniert verfolgten auch die zahlreichen in- und wenigen ausländischen Journalisten das Schauspiel.
ConCiencia soll nur der erste von bis zu 100 neuen Programmen sein, die innerhalb der nächsten drei Jahre gestartet und über terrestrisches Digitalfernsehen (DVB-T) verbreitet werden sollen.So schlug Maduro vor, mehrere Jugendkanäle und ein eigenes Programm für die Arbeiterklasse zu lancieren.
Venezuela hat sein DVB-T erst vor wenigen Monaten gestartet, nachdem zunächst analysiert worden war, welches der international konkurrierenden Systeme das beste sei. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstaaten des südamerikanischen Marktes MERCOSUR entschied man sich dann für das in Japan entwickelte System, berichtete Maduro. Dadurch wurde erreicht, daß die meisten Staaten Südamerikas das selbe System benutzen und ein Programmaustausch vereinfacht wird.
Maduro erinnerte zudem daran, daß der Start des neuen Senders ein wichtiges Symbol sei. Exakt vor elf Jahren, am 12. April 2002, hätten die Putschisten den damals einzigen staatlichen Fernsehkanal, Venezolana de Televisión, abgeschaltet, während die Privatsender nur noch Zeichentrickfilme ausgestrahlt hätten, um den Protest des Volkes gegen den Staatsstreich zu verschweigen. Nun jedoch werde eine weitere Stimme des Volkes auf Sendung gebracht.
Ein Höhepunkt der Eröffnungsfeier war der Auftritt des uruguayischen Volkssängers Daniel Viglietti, der sein neues Lied »Bolivariano« vorstellte, das er Venezuela und Hugo Chávez gewidmet hatte. Im Gespräch mit junge Welt sagte er, daß er mit diesem Lied eine »Schuld begleichen« wolle, da er in Venezuela in den 70er Jahren, als in seiner Heimat eine Militärdiktatur herrschte, Zuflucht gefunden hatte. Zudem sei er begeistert, wie sich Venezuela in der Bolivarischen Revolution unter Hugo Chávez entwickelt habe.
Ein Hauptthema des Wahlkampfes von Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski war die angebliche Warenknappheit in den Geschäften Venezuelas. Er schlug den ihm nahestehenden Künstlern bei einer Kundgebung sogar vor, ein neues Lied zu verfassen: »No hay« – »Ham wa nich’«, »Gibt’s ned«
Aktuell gilt Klopapier als extrem knappes Gut, vor wenigen Tagen waren es noch weißer Zucker und Maismehl.
Doch merkwürdigerweise betrifft der Mangel normalerweise nur einzelne Waren. Klopapier ist rar, aber alle anderen Hyieneartikel sind ebenso zu haben wie alles andere, was aus Papier hergestellt wird: Windeln, Servietten und Damenbinden, Zeitungen und Schulhefte gibt es in Massen.
Für die Regierung ist das Fehlen einzelner Waren die Folge eines klaren Boykott-Gebarens der privaten Warenlieferanten und Ladenketten. In der staatlichen Supermarktkette »Abastos Bicentenario« ist von einem solchen Mangel nichts zu spüren. Die Regale sind voll mit Toilettenpapier.
»Nehmt euch viel Zeit mit, wenn ihr dorthin geht, und nehmt euch danach nichts vor«, riet uns eine Einwohnerin. In der Tat gleicht ein Besuch in diesem Supermarkt einem ganztägigem Familienausflug. So stellt sich halt das eine Familienmitglied schon mit dem Wagen in die kilometerlange Schlange vor der Kasse, während der Rest der Familie durch den riesigen Laden streift und die Sachen zum Einkaufswagen bringt: Flachbildschirme, Kleidung, Klopapier, Frischfleisch, Meeresfrüchte und was das Herz sonst noch begehrt und der familiäre Geldbeutel hergibt. Und das alles zum staatlichen Festpreis, der oft weit unter dem der privaten Supermärkte liegt.
Wir haben heute noch was vor, also verlassen wir unverrichteter Dinge und ohne Klopapier das Einkaufsparadies. Mal sehen, wieviele Papiertaschentücher wir noch haben...
Kurz nach Beendigung der Großkundgebung zum Wahlkampfabschluß am Donnerstag wurde im Stadtviertel La Campiña in Caracas ein junger Arbeiter des staatlichen Erdölkonzerns PDVSA von bislang unbekannten Tätern ermordet. Die Motive der Mörder sind noch unklar, ein politischer Hintergrund wird jedoch angenommen.
Das Opfer, Alejandro Dávila, hatte sich bei zahlreichen Veranstaltungen der sozialistischen Bewegung Venezuelas um das Abbrennen von Feuerwerk gekümmert. Auch zum Zeitpunkt der Tat hatten Arbeiter von PDVSA vor dem Firmensitz in der Avenida Libertador Raketen abgefeuert, so daß die Schüsse der Mörder im Krach der Böller untergingen.
Augenzeugen berichteten, daß die Täter zwei Männer auf schweren Motorrädern gewesen seien. Edgardo Lanz, der Vorsitzende der örtlichen Nachbarschaftsvereinigung, berichtete im staatlichen Fernsehen VTV, daß er gerade auf dem Heimweg gewesen sei, als er an der Ecke, an der das Feuerwerk abgeschossen wurde, mit einigen Fotografen ins Gespräch gekommen sei. Plötzlich seien die Leute an der nächsten Straßenecke auseinandergelaufen, während ein Mensch leblos auf dem Boden lag. »Die Täter flohen auf schweren Motorrädern. Das scheint ein Attentat von Söldnern gewesen zu sein«, sagte Lanz.
Die venezolanische Kriminalpolizei CICPC hat die Ermittlungen aufgenommen. Das Verbrechen ereignete sich nur kurze Zeit nachdem Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bei der Abschlußkundgebung über die Festnahme mehrerer Paramilitärs berichtet hatte, deren Auftrag offensichtlich gewesen sei, Mordanschläge auf soziale Aktivisten Venezuelas zu verüben.
Wahlkampfabschluß in Venezuela: Präsidentschaftskandidat der Linken informiert über Festnahme von Paramilitärs und ruft zu Wachsamkeit auf.
Vor mehreren Millionen Teilnehmern einer Großkundgebung zum Wahlkampfabschluß im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt Caracas hat der geschäftsführende Präsident des Landes, Nicolás Maduro, am Donnerstag über die Verhaftung mehrerer Paramilitärs informiert. Diese Terroristen seien aus Kolumbien in Venezuela eingesickert und mit Uniformen der venezolanischen Streitkräfte und Waffen ausgerüstet worden. Ihre Aufgabe sei es gewesen, mit Anschlägen die Lage im Land zu destabilisieren, so Maduro. Nähere Details sollten bei einer Pressekonferenz am Freitag bekanntgegeben werden.
Der Tag hatte in Caracas heiß begonnen. Die Temperaturen stiegen weit über 30 Grad, die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel. Doch auch politisch war das Klima schon vor den Enthüllungen Maduros aufgeheizt. Am 11. April jährte sich zum elften Mal der Putschversuch der rechten Opposition gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Hugo Chávez 2002, der innerhalb von 47 Stunden durch einen Volksaufstand niedergeschlagen werden konnte. Am Donnerstag endete jedoch auch offiziell der Wahlkampf um das Präsidentenamt Venezuelas.
Der Kandidat des Regierungslagers, Nicolás Maduro, hatte seine Anhänger dazu aufgerufen, nicht weniger als sieben große Avenidas im Zentrum der Hauptstadt zu füllen. Drei Millionen Menschen sollten so eine Antwort auf die Abschlußkundgebung des Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski geben, der am vergangenen Sonntag mehrere hunderttausend Menschen auf die Avenida Bolívar mobilisieren konnte.
Am Donnerstag war diese sechsspurige Hauptverkehrsstraße schon in den frühen Morgenstunden mit Menschen gefüllt, obwohl die Kundgebung offiziell erst um 14 Uhr beginnen sollte. Die ersten Teilnehmer hatten sich schon mitten in der Nacht dort eingefunden, um sich einen Platz in unmittelbarer Nähe der Hauptbühne zu sichern. Andere trafen sich am Vormittag in ihren Stadtvierteln, um gemeinsam in das Stadtzentrum zu ziehen. So trafen wir gegen 11 Uhr auf der Sabana Grande, einer Einkaufsstraße im Westen von Caracas, auf mehrere hundert Jugendliche, die einen Demonstrationszug gebildet hatten und sich lautstark auf den stundenlangen Weg zur Avenida Bolívar machten. Zum gleichen Zeitpunkt waren die Metrozüge bereits überfüllt mit Menschen, die mit ihren roten T-Shirts leicht als Chavistas, als Anhänger des am 5. März verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez und dessen Nachfolger Nicolás Maduro, zu erkennen waren. Nach vierzehn Uhr war es dann nicht mehr möglich einen Fuß auf die gut zwei Kilometer lange, sechsspurige Avenida Bolívar zu setzen, wenn man noch nicht auf ihr stand. Sie war schlichtweg voll.
Es herrschte Volksfeststimmung. Fahnen der linken Parteien wehten, auf Transparenten präsentierten sich Berufsgruppen und Gewerkschaften, bunte Luftballons stiegen in die Luft. Viele Eltern hatten ihre Kinder mitgebracht. Bei diesen sind die Wahlen auch beliebt, weil sie immer ein paar schulfreie Tage mit sich bringen. Der Nationale Wahlrat (CNE) nutzt die Gebäude der Bildungseinrichtungen, um dort die Wahllokale einzurichten.
Von zahlreichen Bühnen auf den sieben Avenidas spielten Bands, lief Musik und wurden Reden gehalten. Auch auf der Hauptbühne lösten bekannte Sängerinnen und Sänger einander ab. Einen kurzen Auftritt hatte Fußball-Legende Diego Armando Maradona. Er schoß den Menschen Fußbälle zu, die er zuvor unterschrieben hatte. Einen der Bälle köpfte auch Nicolás Maduro ins Publikum. Für die Teilnehmer der Kundgebung hatte die Präsenz Maradonas, der sich schon vor Jahren als Bewunderer von Hugo Chávez geoutet hatte, symbolische Bedeutung – stimmt doch Maradonas legendäre Rückennummer 10 mit dem Wahlziel der Chavistas überein, die Abstimmung am Sonntag mit zehn Millionen Stimmen zu gewinnen.
Immer wieder eingespielt wurde auch die Stimme von Hugo Chávez, besonders die Worte aus seiner letzten öffentlichen Ansprache vom 8. Dezember letzten Jahres in der er dazu aufrief, Nicolás Maduro zu wählen, wenn er aus dem Amt ausscheiden müsse. Dieser war auf dem Dach eines Busses durch die Menge auf den sieben Avenidas gefahren, begeistert gefeiert von Millionen Menschen. Als er schließlich gegen 19 Uhr die Hauptbühne erreichte, war die Sonne längst untergegangen. Große Scheinwerfer erleuchteten die Szenerie, Feuerwerk begeisterte die Massen.
Vor dem Hintergrund der Festnahme der Paramilitärs sowie Drohungen der Opposition, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen, rief Maduro seine Anhänger zu höchster Wachsamkeit auf. Soldaten, Arbeiter und Jugendliche müßten gemeinsam verhindern, daß die radikale Opposition Auseinandersetzungen provozieren könne: »Ich will keine Gewalt der Rechten gegen das Volk mehr!«
Mehrere Millionen Menschen haben am Donnerstag in Caracas für Nicolás Maduro demonstriert. Die Anhänger des Nachfolgers von Hugo Chávez füllten sieben große Avenidas im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt.
Die ersten Demonstranten hatten sich bereits in der Nacht zuvor um ein Uhr an der Hauptbühne eingefunden, um die besten Plätze zu bekommen. Andere nahmen ganze Tagesreisen aus anderen Teilen Venezuelas auf sich, um beim offiziellen Wahlkampfabschluß des Kandidaten der Revolution dabei zu sein.
Eindrücke von der Massenkundgebung gibt es auf unserer Fotostrecke: Hier klicken
Venezuela: Opposition will wahrscheinliche Niederlage nicht anerkennen. Wahlbehörde warnt vor »antidemokratischen Bestrebungen«
In zehn Tagen hat Nicolás Maduro die 23 Bundesstaaten Venezuelas
durchreist und in jedem von ihnen bei großen Kundgebungen um Stimmen für
die Präsidentschaftswahl am Sonntag geworben.
Abschluß und Höhepunkt
dieser Tournee sollte am gestrigen Donnerstag (nach jW-Redaktionsschluß)
eine gewaltige Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Caracas werden,
zu der mehrere Millionen Menschen erwartet wurden. Es war der offizielle
Abschluß des Wahlkampfes, seit Freitag um 0 Uhr sind keine Kundgebungen
mehr gestattet.
Bereits in den Tagen zuvor fanden in den
Straßen von Caracas unzählige kleinere Kundgebungen und Demonstrationen
statt. Autokorsos kurven mit roten Fahnen durch die Stadt. An nahezu
jeder Straßenecke stehen »rote Punkte«. An diesen Infoständen werben
Anhänger des Regierungslagers mit Werbematerialien und zumeist auch mit
lautstarker Musik um Stimmen. Am Mittwoch entrollten Jugendliche ein
rund 30 Meter langes Transparent mit dem Aufruf, im Sinne des am 5. März
verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez für Nicolás Maduro zu stimmen.
Dabei zeigte sich Daniel Rodríguez, ein 23jähriger Student, im Gespräch
mit junge Welt entschlossen, alles ihm mögliche für einen klaren
Wahlerfolg Maduros zu tun. »Wir schulden dem Comandante Hugo Chávez zehn
Millionen Stimmen«, gab er das Wahlziel aus.
Diese »zehn
Millionen Stimmen« sind unter den Chavistas Venezuelas zu einem Mythos
geworden. Hugo Chávez hatte dieses Ziel 2006 im Wahlkampf gegen Manuel
Rosales ausgegeben. Erreicht wurde es bis heute nicht. 2006 stimmten 7,6
Millionen Menschen für Chávez, bei der Wahl im vergangenen Jahr waren
es fast 8,2 Millionen. Es ist auch sehr unwahrscheinlich, daß die Marke
am Sonntag geknackt wird, auch wenn alle Umfragen auf einen klaren
Erfolg Maduros hindeuten.
Mehr Sorgen als um ihren Sieg am
Sonntag machen sich die Bolivarianos allerdings um die Reaktion des
wahrscheinlichen Wahlverlierers, Henrique Capriles. In Venezuela mehren
sich die Hinweise darauf, daß dieser eine Niederlage nicht anerkennen
will. Am Mittwoch präsentierte Parlamentspräsident Diosdado Cabello
Belege für derartige Planungen. So spielte er eine Tonaufnahme vor, auf
der ein Joao Nunes Rocha zu hören ist. Dieser Leibwächter des
Oppositionskandidaten äußert darin gegenüber dessen Fahrer, sein Chef
werde das Ergebnis im Falle einer Niederlage nicht akzeptieren: »Das
gibt Ärger!«
Weiter präsentierte Cabello die E-Mail eines
Carlos Lee, der gemeinsam mit anderen Regierungsgegnern der »Junta
Patriótica« angehört, ein von der Opposition gebildetes Schattenregime,
das bei einem Sturz der Regierung die Amtsgeschäfte übernehmen soll. In
diesem Schreiben an Vicente Díaz, den einzigen ausgewiesenen
Oppositionellen in der Spitze des Nationalen Wahlrates (CNE), wird offen
eine Verletzung der Gesetze angekündigt: »Wir informieren Sie hiermit
über die Nichtanerkennung der Artikel 350 und 333 der Verfassung.
Nichtanerkennung und Nichtbefolgung der Reports des CNE.« Offenbar
sollen am Wahlabend mit Hilfe der Oppositionsgruppe Esdata gefälschte
Ergebnisse verbreitet werden, um dann die offiziellen Zahlen des CNE als
»manipuliert« zurückweisen zu können.
Ein Beispiel für diese
Strategie hatte bereits bei der Wahl am 7. Oktober die ultrarechte
spanische Tageszeitung ABC geliefert, als sie in den Mittagsstunden auf
ihrer Homepage verbreitete, Capriles habe die Wahl gegen Chávez
gewonnen. Damals vereitelte ausgerechnet Capriles diese Kampagne, weil
er seine Niederlage unmittelbar nach der Bekanntgabe des offiziellen
Ergebnisses einräumte. Vom rechten Flügel der Opposition wurde er dafür
scharf attackiert. Nun befürchten viele, daß Capriles das Fehlen der
Autorität von Hugo Chávez diesmal zu einer solch abenteuerlichen
Strategie verleiten könnte.
CNE-Präsidentin Tibisay Lucena
verurteilte derartige Manöver am Mittwoch scharf. Begleitet von hohen
Offizieren des Oberkommandos der Nationalen Bolivarischen Streitkräfte
Venezuelas warnte sie bei einer Pressekonferenz: »Wir haben beobachtet,
daß erneut antidemokratische Strömungen, die nicht an Wahlen glauben,
versuchen, dem Land ihre Agenda aufzuzwingen.« Die Venezolaner dürften
nicht auf diese »groteske Provokation« hereinfallen, forderte Lucena:
»Sie können sicher sein, daß die Institutionen des Staates sehr stabil
sind und diesen antidemokratischen Bestrebungen Widerstand leisten
werden.«
Nicht weniger als drei Millionen Menschen erwartet Nicolás Maduro zur großen Abschlußkundgebung seines Wahlkampfes. Die Anhänger des Nachfolgers des am 5. März verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez wollen sieben große Avenidas im Zentrum der Hauptstadt Caracas füllen.
Die Kundgebung ist der Höhepunkt einer Tournee, die Maduro in zehn Tagen durch alle Bundesstaaten Venezuelas geführt hat. Bereits in den Hauptstädten der Bundesstaaten kam es dabei immer wieder zu Großdemonstrationen von Hunderttausenden Menschen. So bejubelten am Mittwoch allein in Barquisimeto 500.000 Chavistas den Auftritt Maduros.
Drei Auftritte an einem Tag waren für diesen in den zehn Tagen keine Seltenheit. Nach seinen meist etwa zwei Stunden langen Reden eilte er dann zum Flugzeug, um zum nächsten Kundgebungsort zu gelangen. »Ich würde lieber mit dem Bus fahren, aber das geht einfach nicht«, entschuldigte sich der einstige Busfahrer und Gewerkschafter dafür.
Begleitet wurde Maduro von zahlreichen Künstlern, die seine Reden kulturell umrahmten. Auch eine der Töchter von Hugo Chávez, María Gabriela, war oft zu Gast, vermied jedoch eigene Redebeiträge.
Für die heutigen »Marea Roja« (rote Flut) im Zentrum von Caracas, die um 14 Uhr Ortszeit beginnen soll, hat sich auch Argentiniens einstige Fußball-Legende Diego Armando Maradona angesagt.
Live-Übertragung bei Venezolana de Televisión: Hier klicken
Nach seinem wahrscheinlichen Wahlsieg am kommenden Sonntag will Nicolás Maduro weitgehend auf der Straße regieren. Das kündigte er am Mittwoch abend (Ortszeit) vor 500.000 Menschen in Barquisimeto im Bundesstaat Lara an.
Der Kandidat des revolutionären Lagers Venezuelas kündigte an, den Bereich des Präsidentenpalastes Miraflores, in dem Hugo Chávez 14 Jahre lang gearbeitet und gelebt hat, zu einem Museum umzuwandeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er selbst werde sich dort ein kleines Büro einladen und die bekannten Säle für die Regierungsarbeit nutzen.
Weiter kündigte Maduro an, im Militärhistorischen Museum, in dem Hugo Chávez seine letzte Ruhe gefunden hat, ein weiteres Büro einzurichten. In diesem wolle er arbeiten, um durch die Nähe zum Comandante nie zu vergessen, woher er gekommen ist und wo seine Wurzeln liegen. Die Gedenkstätte, eine frühere Kaserne, liegt mitten in dem für seine kämpferischen Traditionen bekannten Stadtviertel 23 de Enero.
Maduros Vereidigung soll am 19. April unter offenem Himmel in Caracas mit einer Massenkundgebung stattfinden. Der 19. April ist einer der wichtigsten historischen Gedenktage Venezuelas: An diesem Tag im Jahr 1810 hatten die Einwohner von Caracas dem von der spanischen Kolonialmacht eingesetzten Gouverneur die Gefolgschaft aufgekündigt und ihn zum Rücktritt gezwungen.
Anschließend will Nicolás Maduro im Autobus durch Venezuela reisen, um sich mit eigenen Augen einen Eindruck von der Situation zu machen. So wolle er mindestens eine Woche lang regierend durch Lara fahren, um sich zum Beispiel über den Zustand der Straßen in dieser Region zu informieren.
Henrique Carriles Radonski bekommt Gegenwind aus unerwarteter Richtung. Wie die in Maracaibo erscheinende Tageszeitung »Panorama« berichtet, will der frühere Gouverneur des Bundesstaates Zulia, Manuel Rosales, die Seiten wechseln und öffentlich gegen Capriles auftreten.
Rosales war 2006 für die Opposition gegen Hugo Chávez angetreten, damals aber nur 36,9 Prozent der Stimmen erreichen können, während die bolivarische Bewegung mit 62,84 Prozent ihren bislang größten Wahlerfolg feiern konnte.
Ende 2008 eröffnete die venezolanische Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Rosales wegen der Unterschlagung öffentlicher Mittel während seiner Amtszeit als Gouverneur von Zulia (2000-2008). Den anberaumten Anhörungen entzog er sich jedoch durch Flucht nach Peru, wo er politisches Asyl erhielt. Seither lebt er im Exil.
Nun jedoch will er offenbar die Seiten wechseln. »Panorama« zitiert eine namentlich nicht genannte Quelle aus Rosales’ Partei »Un Nuevo Tiempo« (UNT), derzufolge Rosales auch eine Rückkehr nach Venezuela erwägt.
Dasselbe gilt demnach für Eduardo Manuitt, bis 2008 Gouverneur des Bundesstaates Guárico, der aus der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) ausgeschlossen worden war, als er bei den Regionalwahlen 2008 seine Tochter Lenny Manuitt gegen den Kandidaten der PSUV, William Lara, unterstützte. Auch er setzte sich nach Korruptionsermittlungen ins Ausland ab, will aber offenbar nach Venezuela zurückkehren.
Capriles rechnet offenbar selbst mit solchen Überraschungen. Am vergangenen Sonntag sprach er auf einer Kundgebung davon, daß »sie« - die Chavistas – einen »Exgouverneur mit Problemen in seiner Partei« aufbieten würden.
»Panorama« berichtet, Rosales habe sich in der vergangenen Woche in Nicaragua mit Vertretern des venezolanischen Regierungslagers getroffen, um mit diesen einen inoffiziellen Wahlboykott der UNT in Zulia, einer Hochburg der Opposition, zu vereinbaren.
Von Seiten der PSUV wurden derartige Kontakte dementiert. Rosales selbst teilte über Internet mit: »Meine Rückkehr hängt nicht von Wahlergebnissen und nicht vom Schielen auf Ämter ab. Ich werde bald heimkehren.«