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Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. November 2024, Nr. 274
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Kampagne

Inszenierte Absurdität
Von Rüdiger Göbel
Erst Stasiknast in Hohenschönhausen, dann die Rosa-Luxemburg-Konferenz der jW: »Ich wurde zum 2. Mal Opfer«, klagt Frieder Weiße in der Bild vom Dienstag. Der 66jährige Berliner (1968 in der DDR als Spion verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt) ist Landesvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus, kurz VOS, und war am Samstag zusammen mit der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld und der Rechtsaußengruppe »Pro Deutschland« vor der »Urania« aufmarschiert, um gegen die dort stattfindende Debatte »Wo bitte geht’s zum Kommunismus?« zu protestieren. Es gab eine kurze »Rangelei« (Polizeibericht) mit Neonazigegnern vor dem Versammlungsort. Weiße kam mit einem blauen Auge davon, wofür er wiederum Gesine Lötzsch persönlich meint verantwortlich machen zu können. Mit einer bizarren Strafanzeige gegen die Linke-Chefin hat er es am Montag schließlich in mehrere Nachrichtenagenturen und damit in die überregionalen Zeitungen geschafft. Nach dem Angriff auf ihn seien die Täter in die »Urania« geflüchtet, behauptet Weiße, und: »Die Vorsitzende der Linkspartei hat dies nicht verhindert.« Sein Vorwurf: Strafvereitelung.

Weiße und Co. waren gegen 16.20 Uhr vor der »Urania« angerückt, Gesine Lötzsch kam erst wenige Minuten vor ihrem abendlichen Auftritt auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz, konkret um 17.50 Uhr. Sie kam und ging über den Hintereingang – zum Saal war wegen Überfüllung kein anderes Durchkommen. Von der kleinen Auseinandersetzung eineinhalb Stunden zuvor wußte Lötzsch, wie die meisten anderen der 2200 Konferenzbesucher, nichts.

Ein kurzer Anruf beim Konferenzveranstalter junge Welt hätte geholfen, die ganze Absurdität der Anschuldigung aufzuklären und Weißes Anzeige als billigen Versuch abzutun, Schlagzeilen zu machen. Kein einziger Journalist hat nachgefragt.

Die Berliner Staatsanwaltschaft geht derweil Ausführungen Inge Vietts auf der »umstrittenen Rosa-Luxemburg-Konferenz« (AFP) nach. Auf der Podiumsdiskussion hatte das frühere Mitglied der Bewegung 2. Juni und der RAF das »Abfackeln« von Bundeswehrausrüstung als legitime Antikriegsaktion bezeichnet. Staatsanwaltschaftssprecher Martin Steltner bestätigte am Dienstag eine Meldung der Rechtspostille Junge Freiheit vom Vortag, wonach geprüft werde, ob ein Anfangsverdacht wegen der Aufforderung zu Straftaten vorliegt.

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