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Laßt es fließen

Strom & Wasser scheren sich weder um politische noch um musikalische Grenzen. Sie spielen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz
Von Thomas Wagner
Ratz und Rübe: So hießen in den 1970er Jahren zwei Puppenfiguren der Kindersendung »Rappelkiste« im Fernsehen der BRD. Den eigenen Standpunkt erkennen, Regeln hinterfragen, sich mit Autoritäten anlegen und solidarisch werden, waren Lernziele, die im Nachgang der 1968er-Revolte offensichtlich auch im Nachmittagsprogramm des ZDF geduldet wurden. Die Rebellion gegen himmelschreiende Mißstände hat sich heute auch ein Namensvetter der legendären Fernsehgestalten zur Aufgabe gemacht. Heinz Ratz heißt er und bringt als Lyriker, Buchautor und mit seiner Band Strom & Wasser die Verhältnisse zum Tanzen, daß es Ratz und Rübe eine Freude gewesen wäre.

Die Stärke der Band liegt, wie ihr 2010 erschienenes Album »Mondpunk« zeigt, im lustvoll-intelligenten Überschreiten vermeintlicher musikalischer Grenzen: Jazzpiano, sägende Rockgitarren, Latinorhythmen, Reggae- und Klassikeinsprengsel und das eine oder andere exotische Instrument finden zusammen. Das ist voller Poesie wie die besten Momente eines Konstantin Wecker, textlich manchmal zu plakativ und auch stimmlich nicht ganz so überzeugend, aber dafür einen Tacken tanzbarer.

Viel Aufsehen erregte Ratz mit einer Reihe von zum Teil ungewöhnlichen politischen und sozialen Aktionen, die sich nicht auf Konzerte für die Antifa beschränkten. Im Januar 2008 unternahm er einen 1000 Kilometer langen »Lauf gegen die Kälte«, der ihn zu Fuß von Dortmund nach München führte. Den Reinerlös von 30 Konzerten, die er während dieser Zeit gab, stellte er verschiedenen Obdachlosenorganisationen zur Verfügung.

In den vergangenen Jahren stellten Strom & Wasser ihr eigenes Bandprojekt zurück und arbeiteten mit hervorragenden Musikern und Sängern aus aller Welt zusammen, die sie bei ihren Besuchen von 80 Flüchtlingslagern kennengelernt haben. Es gab zwei gemeinsame CD-Aufnahmen und eine erfolgreiche Tournee, worauf zunächst Presse, Funk und Fernsehen, dann auch Booking-Agenturen und große Plattenfirmen auf das Projekt aufmerksam wurden. Doch nach mehreren hundert Konzerten, die sie unter anfangs widrigen Umständen mit den Refugees bestritten, beschlossen sie aufzuhören, als es am schönsten war.

Ihr Hauptziel, die erbärmliche Situation der durch Reise- und Arbeitsverbote und andere Repressalien drangsalierten Flüchtlinge mit ihren Mitteln als Musiker ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen, haben sie erreicht. Bei jedem weiteren Schritt wüchse die Gefahr, daß die Band die Kontrolle über ihre eigene Arbeit verlöre. Nach zwei Jahren ohne eigene Tournee und eigene CD-Veröffentlichung war es an der Zeit, daß die Band einen gemeinsamen Neuanfang versucht. Mondpunks, laßt es krachen!



Strom & Wasser spielen live auf dem Konzert der Rosa-Luxemburg-Konferenz, 11.1., 20 Uhr in der Urania, Berlin

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