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Auf zum Sieg der Vernunft

XXVI. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz 2021: Pandemiebedingt online – aber mit vielen Möglichkeiten zur besseren Vernetzung
Mehr als 3.000 Teilnehmer bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar dieses Jahres. 2021 müssen wir auf die persönliche Begegnung verzichten – aber machen das Beste daraus

Die Leser der jungen Welt werden in den vergangenen Wochen in ihrer Zeitung bereits den ein oder anderen Hinweis darauf gesehen haben: Am 9. Januar 2021 findet die nunmehr XXVI. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz statt. Weil das Coronavirus der Veranstaltung seinen Stempel aufgedrückt hat, diesmal online. An der traditionellen Struktur wird allerdings festgehalten: Wie in den vergangenen Jahren wird es nicht nur eine Vielzahl von Referentinnen und Referenten aus der ganzen Welt geben, sondern auch ein anspruchsvolles Kulturprogramm.

Dabei werden wir auch thematisch nicht drumherum kommen, uns mit der Pandemie und insbesondere ihren Auswirkungen auf die geopolitische Situation wie auch auf die sozialen Verhältnisse zu beschäftigen. Denn dreißig Jahre nachdem die sozialistischen Länder Europas beseitigt wurden, droht die Welt in Krise und Krieg zu versinken. Die Pandemie wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Vieles spricht dafür, dass der akuten Krise wie vor 90 Jahren eine lang anhaltende wirtschaftliche und soziale Depression folgen wird.

Wie in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts streben in den führenden kapitalistischen Ländern aggressive, chauvinistische Kräfte zur Herrschaft. Sie demontieren den Parlamentarismus, gehen zu autoritären, repressiven Herrschaftsformen über, die sich gegen alle fortschrittlichen Kräfte richten. Sie stützen sich auf soziale Demagogie und Irrationalismus, um von den Gebrechen des Kapitalismus abzulenken, um das Nachdenken über eine gesellschaftliche Alternative zu verteufeln, vor allem aber, um ganze Völker kriegsreif zu machen. Als Bertolt Brecht im November 1938 sein »Leben des Galilei« vollendete, ließ er ihn sagen: »Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein.«

Wir freuen uns, auch 2021 wieder internationale Gäste begrüßen zu dürfen. Radhika Desai, Professorin für Politikwissenschaften an der Universität von Manitoba in Kanada, wird über die Auswirkungen der Pandemie auf die geopolitische Ökonomie reden. Der US-Soziologe John Bellamy Foster wird uns erklären, warum die Zerstörung der Natur der kapitalistischen Produktionsweise in die DNA geschrieben ist. Der Philosoph Stefano Azzarà wird einen Vortrag darüber halten, warum das berechtigte Misstrauen gegenüber den Regierungen kapitalistischer Staaten angesichts ihres Versagens in der Coronakrise nicht eine breite emanzipatorische Bewegung hervorbringt – sondern, ganz in Gegenteil, Verschwörungsmythen, Irrationalismus und Wissenschaftsfeindlichkeit verstärkt. Darüber, dass es auch anders geht, warum und wie der Sozialismus einen Ausweg darstellt, wird ein Referent aus Kuba berichten. Denn die Pandemie hat erneut gezeigt: Dem Kapitalismus sind die Menschen gleichgültig. Donna Murch, Professorin an der Rutgers-Universtät in New Jersey, wird über die Situation in den USA nach den Präsidentschaftswahlen berichten. Dabei wird sie vor allem über den strukturellen Rassismus im Land sprechen – und den Widerstand dagegen.

Dazu passt, dass auch 2021 selbstverständlich wieder Mumia Abu-Jamal zu uns sprechen wird – aus dem US-Knast, per Videobotschaft. Eingeladen sind zudem auch der im Gefängnis in der Türkei sitzende HDP-Politiker Selahattin Demirtas und der ebenfalls inhaftierte Journalist Julian Assange. Gegen letzteren führt Washington eine gnadenlose Kampagne, weil er unter anderem US-Kriegsverbrechen im Irak öffentlich gemacht hat. Ergänzt werden die Vorträge durch eine Reihe von Berichten aus Ländern, in denen sich in diesem Jahr die Lage auf dramatische Weise zugespitzt hat. So werden wir aus Mali, Indien, Venezuela und auch den USA Aktuelles hören.

Wie immer steht dem Programm aus Vorträgen über Wissenschaft und Politik ebenbürtig ein Kulturprogramm zur Seite. Auf alle Fälle grüßt Konstantin Wecker mit einigen Liedern die Konferenz. Der US-Musiker David Rovics spielt seine Protestsongs. Wir werden Marcel Khalifé aus dem Libanon, häufig auch Bob Dylan des Nahen Ostens genannt, im Stream mit einigen Liedern zur Oud sehen und hören. Das Simon-Dach-Theater zeigt eine Sequenz aus seiner Inszenierung von Brechts »Die Tage der Commune«. So erinnern wir an den ersten sozialistischen Versuch vor 150 Jahren. Wir führen auch durch die virtuelle Kunstausstellung – dieses Mal mit Schwerpunkt Fotografie. Und selbstverständlich kann es noch zu Überraschungen kommen.

Wie auch im vergangenen Jahr wird es eine Aktivistenrunde geben. Das Thema der die Konferenz traditionell beschließenden Podiumsdiskussion steht allerdings noch nicht fest. In den kommenden Wochen werden wir unsere Leser mit weiteren Beiträgen über die oder von den Referenten und auch das Kulturprogramm informieren.

Eins ist derzeit offensichtlich: Die kapitalistischen Staaten haben im Umgang mit der Coronapandemie vollkommen versagt. Sie sind nicht in der Lage, die Menschen vor dem Virus und einer Erkrankung an Covid-19 zu schützen, sie vermögen es nicht, in diesen Krisenzeiten die existentiellen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Gesundheitssysteme wurden in den vergangenen Jahren kaputtgespart. Im Privaten sollen die Bürger Entbehrungen tragen, während Konzerne großzügig subventioniert werden. Wie es anders geht, auch darüber werden wir auf der Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz 2021 reden.

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