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Erinnerung an Víctor Jara

50 Jahre Putsch in Chile: Nicolás Miquea und Pablo Miró interpretieren »Nueva Canción«
Nicolás Miquea

Ein Gesicht füllt die Leinwand, das Gesicht eines Mannes mit Lockenschopf und einem Lächeln, mit dem er problemlos dem jungen Georg Clooney seine Rolle in »Emergency Room« abgeluchst hätte. Der, der da so gewinnend lächelt, war auch Schauspieler, sogar viel gelobter Theaterregisseur, aber vor allem Sänger: Es ist Víctor Jara, einer der Größten des »Nueva Canción« (Neues Lied) in Lateinamerika, chilenischer Volksheld, Kommunist, Unterstützer Allendes und Gesicht des kurzen chilenischen Traums vom Sozialismus, der vor 50 Jahren im Blut ertränkt wurde. Die Putschisten brachen ihm erst alle Finger und verpassten ihm anschließend 44 Kugeln, um sicherzugehen, dass ihnen der Sohn eines alkoholkranken Landarbeiters und einer verarmten Sängerin nicht mehr gefährlich wurde. Wurde er doch, erklärt der chilenische Gitarrist und Sänger Nicolás Miquea im Gespräch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Jara wurde zum Symbol des Widerstandes gegen die Diktatur, seine Lieder gesungen und verinnerlicht auf dem ganzen Kontinent – ihm sei ein Buch mit den Songtexten Jaras »wie eine Bibel« geworden, ergänzt Miqueas 20 Jahre älterer argentinischer Kollege Pablo Miró. Jede einzelne der Kugeln, die Jara töteten, seien in seinen Augen »Medaillen«.

Und Jara bleibt gefährlich: Bei sozialen Protesten in Chile sind sein Gesicht und seine Musik noch immer allgegenwärtig. Nur weil die Diktatur weg ist, sind es nicht die Ursachen des Elends. Jaras Hymnen über das entwürdigende Leben der Armen, die Notwendigkeit des Kampfes und die Schönheit der Solidarität sind zeitlos, solange es die Zustände sind, von denen sie handeln. Deshalb müssen sie gesungen werden, so im September, wenn mit einem Konzert in Berlin an den Putsch in Chile und der Ermordung Jaras erinnert wird, und natürlich heute auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin: Miró spielt neben eigenen zwei der bekanntesten Songs Jaras, das intime »Te recuerdo Amanda« über die Liebe der schönen Amanda, die »mit Regen im Haar« zur Fabrik läuft, um ihren Manuel während seiner Pause auch nur fünf Minuten zu sehen. Er stirbt, weil er in die Berge geht, um für die Freiheit zu kämpfen.

Wie unmöglich wird, was dieses kleine Glück zerstört, beschwört »Plegaria a un labrador« (Gebet an einen Arbeiter), das auch in Mirós Version so erhaben schwebt, aber einen der revolutionärsten Texte Jaras hat: Aufstehen soll er, »der die Flüsse steuert«, seinem Bruder die Hand reichen und reinigen »wie das Feuer den Gewehrlauf meines Gewehres«, denn »heute ist die Zeit, die morgen sein kann«, auf dass endlich Schluss ist mit dem ewigen Elend, dem langsamen Tod in den Fabriken und dem brutalen in den Foltergefängnissen und Stadien. Was sagt man da? Amen! Und »iVenceremos!«, womit Jaras »El alma llena de banderas« (Die Seele voller Fahnen) endet, das Miquea spielt. Sein eigenes »Cuando el imperio hablo de paz« (Wenn das Imperium vom Frieden spricht), ganz im Geiste Jaras, aber getragen von Miqueas virtuosem Gitarrenspiel beschließt das Konzert – und endet mit Standing Ovations. (pm)

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