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»Wie sonst nur Marx«

»Rosa« auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Das Grips-Theater zeigt einen Auszug aus dem neuen Stück. Ein Gespräch mit Volker Ludwig
Interview: Christof Meueler
Chor der Sozialdemokraten: Dietrich Lehmann als August Bebel, Daniel Jeroma als Bruno Schönlank, Joerg Westphal als Franz Mehring und Thomas Ahrens als Karl Kautsky

Nomen est omen. Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz am Samstag gibt es auch einen Kurzauftritt des Berliner Grips-Theaters, das eine kurze Szene aus seinem aktuellen Stück »Rosa« aufführen wird. Über das Luxemburg-Stück von Volker Ludwig und Franziska Steiof hieß es in dieser Zeitung, es sei »erfrischend und witzig«. Der Dramatiker, Autor und Leiter des Grips-Theaters Volker Ludwig, der gerade für sein Lebenswerk den »Faust«-Theaterpreis bekommen hat, wird auch anwesend sein und Fragen beantworten.

(jW)

Wie muß man sich den »Chor der sozialdemokratischen Führung« vorstellen?

Das sind vier Personen: August Bebel, Karl Kautsky, Franz Mehring und Bruno Schönlank, ein Journalist aus Leipzig. Als Vertreter der Linken begrüßen sie Rosa Luxemburg auf einem SPD-Parteitag im späten 19. Jahrhundert, weil sie die Hoffnung haben, mit ihr besser gegen die Rechten in der Partei angehen zu können. Andererseits haben sie auch leichte Angst vor dieser Frau. Das ist ein richtiger schöner Männerchor. Sie erzählen von sich, von ihrer Vergangenheit, wie sie gelitten haben, was sie alles durchgestanden haben, die Partei jetzt bedroht wird von Opportunisten und daß sie hoffen, daß durch Rosa Luxemburg neues, kämpferisches Blut in die Partei kommt.

Tritt Rosa Luxemburg auch selber in dieser Szene auf?

Nein. Sie wird besungen, singt aber nicht mit. Die Szene auf diesem Parteitag zeigt, daß der Zug in Richtung Revolution in der SPD schon ganz früh abgefahren ist, viel früher als man gemeinhin annimmt: Schon 1890 und nicht erst 1914 oder 1918.

Wie haben SPD und Linkspartei das Stück bislang aufgenommen?

Interessanterweise waren die Reaktionen der Presse sehr gemischt – ganz so wies wie es sich für ein ordentliches politisches Stück gehört. Es waren richtig hämische und geifernde Kritiken dabei, die hatten wir lange Zeit nicht mehr gehabt. Darüber haben wir uns ebenso gefreut wie über sehr viele positive, begeisterte Kritiken.

Und die Theaterfreunde von der SPD haben ganz schön an diesem Stück geknabbert. Luxemburg ist ja nie ein Thema bei der SPD. Manche von der Linkspartei hatten nur einzuwenden, daß ihnen das Stück stellenweise zu unpolitisch ist. Wir interessieren uns ja nicht nur für die Politikerin, sondern auch für diese Frau und ihre Geschichte.

Politisch muß man sagen: Sie war eine konsequente Marxistin und ist weiterhin sehr aktuell. Ihre Definitionen des Kapitalismus haben sich derart bewahrheitet wie sonst nur die von Marx. Ihr Grundgedanke war der, daß man dem Kapitalismus nicht durch Reformen abschaffen kann, weil er ja auch nicht durch Gesetze eingeführt wurde.

Trotzdem beziehen sich verschiedene Strömungen der Linken auf sie. Aus ihren Zitaten sucht sich jeder raus, was er gerade will, um sich seine Rosa zusammenzubasteln. Sie war auch eine bestimmende Figur in der Studentenbewegung der sechziger Jahre. Ich wollte schon damals ein Stück über sie schreiben, aber das hat dann nie geklappt.

Kennen Sie andere Stücke über Rosa Luxemburg?

Ich weiß nur von den gescheiterten Projekten. Es gibt ja ein Fragment von Brecht, und es gab zu dem Thema einen sehr merkwürdigen Tanzabend von Johann Kresnik an der Berliner Volksbühne. Ansonsten gibt es diesen Film von Margarethe von Trotta aus den achtziger Jahren mit Barbara Sukowa als Rosa. Sie hat wunderbar gespielt, nur nicht Rosa Luxemburg.

Samstag, 10.1.: Chor der sozialdemokratischen Führung. Szene aus »Rosa« vom Grips-Theater auf der Rosa Luxemburg Konferenz, Urania, Berlin

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