Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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»An Themen mangelt es uns wahrhaftig nicht«

In deutscher Sprache, aber aus russischer Sicht: RT sendet von Berlin aus täglich per Internet. Ein Gespräch mit Iwan Rodionow
»Was andere nicht sagen, was andere nicht zeigen« - RT Deutsch will den »fehlenden Part« liefern

Seit Mittwoch kann man im Internet das deutsche Programm des russischen TV-Senders RT sehen - um 19.30 Uhr, fünfmal die Woche, jeweils etwa 30 Minuten lang. Wie waren die ersten Reaktionen?

Sehr viele Leute haben sich bei uns gemeldet, es gab jede Menge positive Rückmeldungen. Etwa so: »Klasse, dass es euch jetzt auch gibt!« Etliche Zuschauer hatten sachliche Kritik an der ersten Sendung, machten Verbesserungsvorschläge und wünschten uns alles Gute. Natürlich gab es auch Schmähungen, in denen uns Zuschauer genau das vorwarfen, was wir gleich zu Beginn der ersten Sendung ironisch angesprochen haben: »Putin-Marionetten«, »Sprachrohr des Kreml« usw.

In Ihren Berliner Redaktionsräumen vermisse ich Porträts Ihres Staatspräsidenten ...

(lacht) In deutschen Medien heißt es doch ständig, Putin sei in russischen Redaktionen rund um die Uhr präsent, da brauchen wir doch keine Fotos mehr! Er gibt uns auch die täglichen Anweisungen und genehmigt den Sende- und Themenplan, wenn man der Welt und dem NDR glauben darf. Schauen Sie sich um, wie wir im Würgegriff Putins zappeln!

Leider hat die Meinungsvielfalt in der deutschen Presselandschaft so stark gelitten, dass jeder, der davon abweicht, heutzutage als randständig gilt oder gar als Putin-Versteher. Was nicht ins Raster passt, wird als Kremlpropaganda abgetan.

Sollte der deutsche Dienst von RT nicht erst im kommenden Jahr online gehen? Ich zumindest war überrascht, als die erste Sendung angekündigt wurde.

Wir haben einen Anfang gemacht, mit einem sehr jungen Team. Die Schweriner Volkszeitung schrieb über uns: »Auf Putins persönliche Anweisung wird der Stab der Propagandisten von zwei auf 30 ausgebaut ...« Muss ja wohl stimmen, steht ja in einer deutschen Zeitung.

Aber mal im Ernst: Ich weiß nicht, welches Kraut der Kollege geraucht hat, als er das schrieb. Unsere Redaktion besteht aus zehn Leuten, sie produzieren die tägliche News-Show und den Onlineauftritt. Alle sind deutschsprachig, kommen aus Deutschland und anderen Ländern. Unsere Moderatorin z.B. ist Deutsch-Brasilianerin mit US-amerikanischer Kulturprägung und schwäbischer Sozialisierung.

Hat die Nachfrage beim deutschen Publikum dazu beigetragen, dass die deutschsprachigen Sendungen so schnell aufgenommen wurden? Im Internet gab es diverse Online-Petitionen an Ihre Zentrale in Moskau ...

Der Druck hat gewirkt. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass es in Deutschland immer mehr Menschen gibt, die sich mit  dem vorhandenen Angebot der Medien nicht zufriedengeben und andere Perspektiven suchen. Das, was in diesen Medien am Gesamtbild der Realität fehlt, wollen wir hinzufügen. Deshalb trägt unsere tägliche News-Show auch den Titel »Der fehlende Part.«

An Themen mangelt es wahrhaftig nicht, viele werden aber tabuisiert. Eines davon ist Manipulation der öffentlichen Meinung, die diese Medien selbst betreiben. Ein Beispiel: Das Sachbuch des ehemaligen FAZ-Redakteurs Udo Ulfkotte »Gekaufte Journalisten« steht seit Monaten ganz oben auf Bestsellerlisten. Es wird aber von keinem großen deutschen Blatt mit auch nur einem einzigen Wort erwähnt.

Ulfkotte steht in Deutschland eher in dem Ruf, ein Rechter zu sein, ein Islamfeind obendrein. Wie erklärt es sich, dass russische Medien mit Gesprächspartnern aus diesem Spektrum offenbar weniger Probleme haben?

Für RT ist entscheidend, dass wir denjenigen die Chance zur Meinungsäußerung geben wollen, die woanders nicht zu Wort kommen. Da kommt es nicht so sehr darauf an, welcher politischen Flanke diese Interviewpartner zugerechnet werden. Nehmen wir als Beispiel mal die Partei »Alternative für Deutschland« (AfD). Sie repräsentiert einen gar nicht so kleinen Teil der Bevölkerung und gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen, mit denen sich die Politik nicht befasst. Man muss diese Partei nicht mögen, wenn man ihr die Chance gibt, sich zu äußern. Ich finde das durchaus vertretbar, die Zuschauer sollen sich anhand von Originalaussagen ein eigenes Bild machen.

 

Ivan Rodionow ist Chefredakteur des deutschen Programms beim russischen TV-Sender RT

Am 10. Januar 2015 ist Ivan Rodionow Teilnehmer der XX. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin

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