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»Junge Menschen besonders bereit, sich zu wehren«

Spontane Protestbewegungen wie von Klimaschützern bieten Chance, dauerhafte Formen des Widerstands zu entwickeln. Ein Gespräch mit Carolin Zottmann
Interview: Kristian Stemmler
Solidarität mit dem Widerstand im Dannenröder Forst: Teilnehmende einer Fahrraddemonstration radeln mit ihrem Banner über die Autobahn »A 255« (Hamburg, 12.12.2020)

Bei der XXVI. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz am 9. Januar werden Sie das Jugendpodium moderieren, das traditionell von der SDAJ ausgerichtet wird. Thema: »Kampf der Jugend in Zeiten von Krise und Pandemie«. Wer nimmt noch teil?

Das sind Erik Busse, Krankenpfleger sowie Jugend- und Auszubildendenvertreter am Uniklinikum Düsseldorf und Mitglied der Verdi-Tarifkommission, Roylan Tolay als Mitglied im Bundesvorstand der DIDF-Jugend, Sascha Hevalski von den North East Antifascists, Berlin, und Leon Sierau, Mitglied der Bundesgeschäftsführung der SDAJ.

Die Konferenz wird wegen der Pandemie im Internet als Live­streamveranstaltung stattfinden. Wirkt sich das auf die Gestaltung des Podiums aus?

Wir versuchen, es so zu machen wie sonst auch. Also mit einem einleitenden Teil, bei dem die Teilnehmer sich und die grundlegenden Einschätzungen ihrer Organisation zum Thema des Podiums kurz vorstellen, dann einer moderierten Diskussion zwischen den Teilnehmern. Wie bei einer Präsenzveranstaltung wollen wir aber auch dem Publikum die Gelegenheit geben, sich einzuklinken. Die Zuhörer können über einen Chat Fragen stellen.

Die Pandemie verstärke die Angriffe auf soziale und demokratische Rechte, heißt es im Ankündigungstext. Die Krise treffe die Jugend »in besonderem Maße«.

Arbeitsrechte wurden ausgesetzt, und das Privatleben wurde massiv eingeschränkt. Das betrifft alle arbeitenden Menschen. Schließung von Kultur- und sozialen Einrichtungen oder der massive Abbau von Ausbildungsplätzen trifft Jugendliche noch stärker. In den Schulen konnten wegen der schlechten Ausstattung Hygieneregeln kaum eingehalten werden. Das Homeschooling verstärkte die Effekte sozialer Ungleichheit. An den Hochschulen fielen Präsenzveranstaltungen in großem Umfang aus.

Im Frühjahr, während der ersten Welle, hieß es, die Pandemie werde zu mehr Solidarität führen. Offenbar hat sie eher die Umverteilung von unten nach oben beschleunigt.

Zwar gibt es vereinzelt eine Solidarisierung mit Streikenden, insbesondere in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, zu mehr Solidarität hat die Pandemie aber nicht geführt. Wenn jetzt von Zusammenhalt gesprochen wird, ist oft »Sozialpartnerschaft« gemeint – die vermeintliche Inte­ressengleichheit von Unternehmern und Arbeitern. Diese Ideologie greift um sich, auch in den Gewerkschaften. Das macht es noch schwieriger, Widerstand gegen die Umverteilung von unten nach oben zu organisieren. Wie immer setzt der deutsche Staat auf Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung, während Banken und Konzerne gerettet werden. Die Pandemie ist auch nicht Auslöser der Krise, sondern hat sie lediglich verschärft.

Viele Aktivisten haben sich 2020 an den Besetzungen im Hambacher und Dannenröder Forst oder an Aktionen von »Ende Gelände« im Braunkohlerevier beteiligt. Ein Lichtblick?

Solche spontanen Bewegungen sind superrelevant, da sie zeigen, dass gerade auch junge Menschen besonders bereit sind, sich zu wehren. Bei der Podiumsdiskussion wird es auch darum gehen, wie es gelingen kann, aus solchen Bewegungen dauerhafte Formen des Widerstandes zu schaffen.

Sind die unterschiedlichen Kämpfe nicht oft zu wenig verbunden?

Die Kämpfe werden oft gegen einzelne Symptome des Kapitalismus geführt. Doch wir können den Klimawandel, wir können Rassismus im Kapitalismus nicht stoppen, denn in der Regel widerspricht Umweltschutz dem Profitstreben und rassistische Vorurteile nützen der herrschenden Klasse als Spaltungsinstrument. Alle Themen hängen objektiv miteinander zusammen, daher müssen sie zusammengeführt werden. Antikapitalistisches Bewusstsein ist in diesen Bewegungen oft nur ansatzweise vorhanden. Wir müssen stärker die soziale Frage stellen und klarmachen, was die Klasseninteressen hinter den einzelnen Erscheinungen sind. Es wird bei der Podiumsdiskussion auch darum gehen, wie Kämpfe gebündelt werden können.

Carolin Zottmann ist Tischlerin und Mitglied der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) in Berlin

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