Programm der X. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz 2005
Von RedaktionDie Ordnung herrscht in Berlin.« Das verkündeten bürgerliche Presse, die SPD-»Volksbeauftragten« Ebert, Noske und ihr Militär im Januar 1919 nach dem Abschlachten der aufständischen Arbeiter in der deutschen Hauptstadt. Am 14. Januar 1919 veröffentlichte Rosa Luxemburg einen Artikel unter dieser Überschrift in der Roten Fahne. Am Ende des Textes ruft die Revolutionärin den Siegern zu: »Ihr stumpfen Schergen! Eure ›Ordnung‹ ist auf Sand gebaut.«
Die Liste der Konterrevolutionen, in denen »Ordnung« wiederhergestellt wurde, war in Deutschland stets länger als die der Revolutionen. Gegenwärtig scheint dies weltweit zu gelten. 1990 verkündeten die Sieger im Kalten Krieg nicht nur den Marsch in eine neue »Weltordnung«, sondern auch das »Ende der Geschichte«. Daraus wurde die »Ordnung« zwischen Nord und Süd, zwischen Arm und Reich, die »Ordnung« in Falludscha, in Guantánamo Bay und die von »Hartz IV«. Die Bundeswehr rüstet für Kolonialkriege, der Innenminister möchte Geheimdienste und Polizei auch offiziell unter ein Dach bringen, dem Unmut über sozialen Raubbau wird mit »Patriotismus« und »islamischer Bedrohung« begegnet. Sozialabbau, verstärkte Repression und rassistische Demagogie sind ein Dreiklang zur »neuen Weltordnung«. Dem Krieg nach innen entspricht der Krieg nach außen. Die Referentinnen und Referenten der X. Rosa-Luxemburg-Konferenz werden darüber sprechen, wo die Grenzen dieser Ordnung liegen, worauf sie gebaut wurde und wie fest ihre Fundamente sind.
Christian Geissler (Schriftsteller, BRD)
geb. 1928, Schriftsteller aus Hamburg. Das K in Klammern hinter seinem Namen steht für »Kommunist« oder auch »Kommunismus«. Diese Klammer hat er sich zugelegt, als fast niemand mehr in der neuen BRD damit zu tun haben wollte. So schreibt er auch. Militant und schön. Darüber, daß man sich nicht dumm machen lassen soll und daß man nicht alleine ist. Kann man unter anderem nachlesen in seiner Roman- Trilogie über Klassenkampf, Kollektivität und dem ich und du darin: »Das Brot mit der Feile« (1973), »Wird Zeit, daß wir leben« (1976) und »Kamalatta« (1988). »Zu Christian Geisslers Themen gehört die Spannung zwischen Isolation und Zugehörigkeit«, schrieb Georg Fülberth über ihn in dieser Zeitung. »Die Revolution, der Kampf, ist unsere tiefste Lust«, hat er der jW selbst einmal gesagt.
Juan Carlos Frómeta de la Rosa (ZK der Kommunistischen Partei Kubas)
geb. 1967, Politikwissenschaftler, war bis 2003 Mitarbeiter des Kommunistischen Jugendverbandes Kubas (UJC), Stellvertretender Vorsitzender des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) für die Region Lateinamerika und die Karibik, seit 2003 ist er Mitarbeiter beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas.
Mumia Abu-Jamal (Journalist, USA)
geb. 1954, Journalist, von 1970 bis 1981 für Radiostationen und verschiedene Zeitschriften tätig, als »Stimme der Unterdrückten« bekannt. Am 9. Dezember 1981 wurde Abu-Jamal festgenommen und angeklagt, den Polizisten Daniel Faulkner ermordet zu haben. Seither sitzt er - nachdem ihm ein fairer Prozeß verweigert wurde - als Gefangener in der Todeszelle. Menschenrechtsgruppen und politische Initiativen setzen sich seit Jahren für Abu-Jamals Freilassung ein. Seit vier Jahren veröffentlicht er eine wöchentliche Kolumne in junge Welt (weitere Informationen unter www.freedom-now.de).
Alfred Hrdlicka (Bildhauer und Grafiker, Österreich)
geb. 1928, Wiener Maler, Bildhauer und Graphiker. Und eine kommunistische Einmann-Partei, nachdem er 1956 die den sowjetischen Einmarsch in Ungarn begrüßende KPÖ verlassen hatte. Er ist einer der großen anti-abstrakten Künstler. Mit dem emphatischen Bumbum, mit dem die Aufschläge des frühen Boris Becker bedacht wurden, haut er auf die Kacke und schafft figurative Empörung. "Die größten Dummerln reden am meisten vom Gescheitsein, weil dies ihre unerfüllte Sehnsucht berührt; zudem meinen sie, die Realität sei dumm. Die Realität ist aber alles andere als dumm, sie ist um einiges gescheiter als alles, was man sich abstrakt, geistig von ihr vorstellt", hat er mal gesagt.
Mag Wompel (Redakteurin LabourNet Germany, BRD)
geb. 1960, Industriesoziologin und freie Journalistin, seit 1998 Redakteurin des LabourNet Germany. Mag Wompel ist Mitglied nationaler und internationaler Vernetzungsinitiativen von kritischen und oppositionellen Gewerkschaftern, Autorin industriesoziologischer und gewerkschaftspolitischer Veröffentlichungen und jW-Kolumnistin.
Iván Morales (Movimiento al Socialismo MAS, Bolivien)
geb. 1967, Rechtsanwalt, im Auftrag der bolivianischen MAS (Bewegung zum Sozialismus) Beobachter im nationalen Wahlrat, jetzt Abgeordneter für die MAS im Nationalparlament Boliviens.
Angela Davis (Soziologin, Bürgerrechtlerin, Politikerin, USA)
geb. 1944, Hochschullehrerin, Bürgerrechtlerin. 1970 in den USA als junge Professorin und Kommunistin unter falscher Beschuldigung wegen Mordes, Entführung und Verschwörung vom FBI gesucht. Nach 16 Monaten Untersuchungshaft auf Kaution freigelassen, wurde sie 1972 in allen Anklagepunkten freigesprochen. Eine internationale Solidaritätsbewegung, die in der DDR und der Bundesrepublik besonders stark war, hatte ihrem Fall zu weltweiter Bekanntheit verholfen. Angela Davis arbeitet heute als Professorin an der Philosophischen Fakultät der University of California.
»Angela Davis — Eine Legende lebt« (BRD 1998, R: Christel Priemer, Ingeborg Weber)
Verleihung des Menschenrechtspreises der GBM 2004 an Angela Davis, Laudatio: Wolfgang Richter
Wolfgang Richter ist ehem. Professor für Friedensforschung am Institut für Marxismus-Leninismus der Humboldt-Universität zu Berlin, Bundesvorsitzender der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V.
Podiumsdiskussion mit den Referent/innen: »Krieg global – Widerstand lokal?«
Moderation: Arnold Schölzel, Chefredakteur junge Welt
Eine wirkungsvolle internationale Bewegung gegen die Weltordnungskriege und die mit ihnen einhergehende Pulverisierung des Rechts auf Leben und auf soziale Menschenrechte ist nicht sichtbar. Dennoch gab es seit Seattle 1999 die Kette der Großdemonstrationen gegen das Kartell der Mächtigsten, dennoch gingen im Februar 2003 weltweit gleichzeitig so viele Menschen gegen einen drohenden Krieg auf die Straße wie nie zuvor in der Geschichte. Der illegale Krieg gegen den Irak wurde dadurch nicht verhindert, aber der Protest hindert die Regierungen zahlreicher Länder bis heute, die USA bei ihrem Feldzug offen und massiv zu unterstützen. Militärische Angriffe des Nordens auf den Süden beschleunigen die politische Umgruppierung in der Welt.
Kann der Widerstand gegen Krieg und weltweiten sozialen Raubmord nur auf nationaler Ebene organisiert werden? Oder gibt es Chancen, Bündnisse zu verbreitern, sich auf internationaler Ebene stärker zusammenzuschließen? Was ist das gemeinsame Ziel derjenigen, die gegen Krieg und Ausplünderung aufstehen – in der Bundesrepublik und anderswo? Das soll Inhalt der Podiumsdiskussion mit den deutschen und den internationalen Gästen der X. Rosa-Luxemburg-Konferenz sein.
Konzert: »Enough is Enough!«
Moderation: Dr. Seltsam
Dr. Seltsam heißt Wolfgang Kroeske und ist Kabarettist und Schriftsteller. Von 1984 bis zu seinem Rauswurf 1989 hielt er als Theaterkritiker die rote Fahne bei der taz hoch. In der »Wende«-Zeit ein Jahr Arbeit als Schuldirektor in Cottbus. Gründer der legendären Berliner Lesebühne »Dr. Seltsams Frühschoppen«, Organisator politischer Lesungen (besonders zum Werk Erich Mühsams), bestreitet heute zusammen mit wechselnden Gästen »Dr. Seltsams Wochenschau« in Berlin-Kreuzberg. Schreibt regelmäßig für die junge Welt.
Jazz-Orchester Prokopätz, Leitung Hannes Zerbe: Eisler-Material u.a.
Es ist verboten, das von Hannes Zerbe geleitete Jazzorchester Prokopätz eine Big Band zu nennen, obwohl es eine ist. Das Verbot ist eine Arrangementfrage, die gewöhnliche Strenge jedes Bläsersatzes zertuten die Prokopätzisten in feiner freier Improvisation. Jazz macht Arbeit, mit zwanzig Musikern einen ganzen Sack voll. Die hohe Schule des freien Spiels verlangt unbedingte Meisterschaft und blindes Verständnis für die vielen Partner. Und sie spielen richtig harten Stoff. In der schönen Tradition Hanns Eislers, der großen Spaß daran hatte, Trompeter in den Wahnsinn zu schreiben, atmen sie das zwanzigste Jahrhundert ein und sehr eigen wieder aus. Sie nehmen einen Kurt Weill und stellen ihn mit Eislers zwölf Tönen richtig. Und immer lachen sie über die eigenen Hörner. Spiel mir ein kleines Arbeiterkampflied, die Revolution ist eine ernste Sache, der freie Marsch heißt stolpern, die alten Genossen dürfen jetzt wackeln und hüpfen. Zerbe komponiert selbst und bedient neben den Tasten das Publikum mit den Regeln der Freiheit: Strukturen aufbauen und kaputthauen.
Chumbawamba (acoustic): English Rebel Songs 1381-1984 u.a.
Stellen Sie sich vor, es gäbe einen starken militanten linken Flügel in der SPD, bei den Grünen wären Ebermann, Trampert und Ditfurth immer noch bestimmend, die DKP wäre superhip und die FAU zusammen mit den nicht untergegangenen Autonomen eine mächtige Massenbewegung - dann hätten Sie einen ungefähren Eindruck, wie dieses Musik-Kollektiv aus Leeds, Nordengland, politisch-ästhetisch funktioniert. Sie machen seit 20 Jahren linksradikalen Pop, der sich sogar verkauft. Das gibt es ganz selten. Textlich wie musikalisch wirken sie bewußtseinserweiternd. Und das tolle ist: man kann dazu tanzen - nach dem legendären Motto von Public Enemy: »Party for your right to fight!«. »Politische Kunst ist immer ein Trotzdem«, sagte Sänger Dunstan Bruce der jungen Welt 2002.
Chumbawamba »a capella« - das sind fünfteilige Harmonien, sanfte Stimmen mit minimaler instrumentaler Begleitung (akustische Gitarre, Akkordeon,Trompete), die internationales, radikales Liedgut der Gegenwart und Vergangenheit präsentieren. Chumbawamba entschieden sich in akustische Richtungen abzubiegen, als sie 1998 ihr Album »English Rebel Songs 1381-1984« (Englische Rebellenlieder) neu aufnahmen. Jenseits der Verlogenheit des von der Unterhaltungsindustrie fabrizierten Pop führen die fünf Musiker die Tradition weiter, Musik als Waffe zu benutzen und gleichzeitig als Chronik des alltäglichen Lebens. Zahlreiche Stücke von »Anarchy«, »Readymades« und des aktuellen Albums »UN« wurden auf das Wesentliche reduziert und in das Akustik-Set eingebaut. Ein Muß für jeden neugierigen Fan von Folk- und »a capella«-Musik.
Abonnieren Sie den Konferenz-Newsletter