»Nichts deutet darauf hin, dass es besser wird«
Interview: Henning von StoltzenbergDie SDAJ veranstaltet auch in diesem Jahr ein Jugendpodium auf der XXVII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Wer wird miteinander diskutieren?
Neben mir Vertreter der DIDF-Jugend, der Berliner Linksjugend und ein Gewerkschafter der IG-Metall-Jugend. Es wird darum gehen, wie wir gemeinsam Widerstand gegen herrschende Politik und Kapitalismus organisieren können. Dabei stehen die Wirtschaftskrise, die Coronapandemie und die neue Bundesregierung im Fokus. Viele Jugendliche setzen ihre Hoffnungen in diese »Fortschrittskoalition«. Darin besteht aber auch eine Chance: Wo sich junge Menschen enttäuscht von SPD, Grünen und FDP abwenden, müssen wir ihnen ein Angebot machen, sich zu organisieren.
Sie schreiben in der Einladung, ein etwas höherer Mindestlohn und ein paar Versprechungen zum Klimaschutz würden nichts daran ändern, dass die Krisenkosten auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt würden. »Besser so, als weiter mit der Groko« werden da einige sagen …
Ja, und genau da widersprechen wir. Nichts deutet darauf hin, dass es jetzt besser wird. Die Regierung versucht weiterhin, die Pandemie allein den Ungeimpften in die Schuhe zu schieben, während weiter Krankenhäuser geschlossen werden und niedrigschwellige Impfaufklärung und -angebote fehlen. Hartz IV – um lächerliche drei Euro erhöht – wird umbenannt, aber nicht abgeschafft. Der Niedriglohnsektor wird weiter ausgebaut. Der Achtstundentag wird aufgeweicht, und auch angeblich soziale Maßnahmen entpuppen sich als Tropfen auf den heißen Stein. Die Ausbildungsplatzgarantie ist zum Beispiel bisher nicht mehr als eine hohle Phrase. Bei der aktuellen Inflation reicht eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro bei weitem nicht aus. Auch sind marode Schulgebäude weiter Normalität. Aber immerhin ist genug Geld da, um den Bundeswehr-Etat noch weiter zu erhöhen. Davon haben wir aber nichts, ganz im Gegenteil.
Was sind Ihre Forderungen an die neue Bundesregierung?
Die Krise heißt für uns, dass wir fast zwei Schuljahre keinen ordentlichen Unterricht hatten, wir es noch schwerer als sowieso schon haben, Ausbildungsplatz und Job zu finden. Armut und psychische Erkrankungen haben unter Jugendlichen stark zugenommen. Deshalb fordern wir eine echte Ausbildungsplatzgarantie mit garantierter Übernahme im erlernten Beruf. Wir fordern ein Ende des ständig steigenden Leitungsdrucks in der Schule und die Einstellung von deutlich mehr Lehrerinnen und Lehrern. Außerdem müssen Studierende endlich unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern ein eigenständiges Leben führen können. Und wir fordern eine ernsthafte Bekämpfung der Pandemie, die nicht Profite der Großkonzerne, sondern Menschen schützt. Wir brauchen eine Freigabe der Impfpatente statt Senkungen der Gewerbesteuern für Biontech. An Krankenhäusern gibt es nicht erst seit der Pandemie zuwenig Personal, deshalb sagen wir: Entlastung jetzt! Und: Wir wollen in Frieden leben. Auch in Deutschland verschärft sich die Kriegshetze. Und die Bundeswehr nutzt die Perspektivlosigkeit von uns Jugendlichen aus. Wir sagen: Frieden mit Russland und China, wir wollen kein Kanonenfutter sein! Doch von der Regierung haben wir nichts zu erwarten. Unsere Forderungen müssen wir erkämpfen. Deshalb organisieren wir uns in Schulen und Betrieben, stören die Bundeswehr, wo immer es geht.
Die SDAJ ruft auch wieder zu einem Jugendblock bei der LLL-Demonstration am Sonntag auf. Welche Bedeutung hat das Gedenken an Liebknecht, Luxemburg und Lenin?
Unser Block steht unter dem Motto »Krise? Nicht auf unserem Rücken! Reiche zur Kasse, Grundrechte verteidigen!«. Gedenken heißt für uns auch immer kämpfen. Die Angriffe der Polizei auf die Demo im letzten Jahr haben gezeigt, dass diese dem Staat ein Dorn im Auge ist. Für uns ist es also um so wichtiger, in diesem Jahr wieder der Jugend eine Stimme zu geben und zu zeigen: Es gibt eine Alternative zum Kapitalismus, für die es sich zu kämpfen lohnt.
Marius Dornemann ist Mitglied im SDAJ-Bundesvorstand und vertritt den Jugendverband beim Jugendpodium auf der XXVII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz
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