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»Je mehr Teilnehmer, desto größer der Schutz«

Luxemburg-Liebknecht-Demo am 15. Januar in Berlin. Provokationen angesichts angespannter Lage möglich. Ein Gespräch mit Ellen Brombacher
Interview: Jan Greve
Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin (9.1.2022)

Am 15. Januar 2023 findet die Luxemburg-Liebknecht-Demonstration in Berlin statt. In diesem Jahr fällt der Termin genau auf den Jahrestag der Ermordung der zwei Kommunisten durch rechte Freikorps im Jahr 1919. Welches Zeichen soll von dieser Demo ausgehen?

Das selbe, wie von der Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt: Es darf keinen dritten Weltkrieg und kein nukleares Inferno geben! Für uns steht fest, dass der US-Imperialismus mit der NATO im Schlepptau die entscheidende Verantwortung für die existenzielle Gefährdung der Zivilisation trägt. Von 1,7 Billionen US-Dollar, die im Haushalt der USA für 2023 vorgesehen sind, wird die Hälfte für militärische Zwecke ausgegeben – also für nichts anderes als Kriegsvorbereitung. Das wird allerdings immer wieder verharmlost, indem der Eindruck erweckt wird, es habe keine Entwicklungen vor dem 24. Februar 2022 gegeben, die zum völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine geführt haben. Oder indem suggeriert wird, die NATO-Osterweiterung sei ein Kavaliersdelikt und die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien seien paranoid. Gegen diese Entwicklung wollen wir ein Zeichen setzen und uns für Friedensverhandlungen, gegen Waffenlieferungen und gegen den tobenden Wirtschaftskrieg positionieren.

In den vergangenen zwei Jahren kamen unter Pandemiebedingungen einige Tausend Menschen zur LL-Demo. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Mobilisierung?

Das LL-Bündnis arbeitet seit September 2022. Wir haben uns mit dem Bündnisaufruf auf den inhaltlichen Rahmen für die Demonstration verständigt und arbeiten an den organisatorischen Voraussetzungen für deren Durchführung. Voraussagen zu treffen, wie viele Menschen am 15. Januar dann vom Frankfurter Tor zum Friedhof der Sozialisten ziehen, ist schwer.

Im Zuge des Ukraine-Krieges zeigen sich verschiedene Verwirrungen in der deutschen Linken, von denen einige begeistert Waffenlieferungen fordern. Was machen Sie, wenn Menschen auf der LL-Demo blau-gelbe Fahnen schwenken?

Der Begriff Verwirrung steht ja für Bewusstseinseintrübung, Orientierungsverlust oder auch psychische Störung. Wenn Linke Waffenlieferungen fordern, ist das aber weder das Resultat einer psychischen Störung noch einer Bewusstseinstrübung. Im besten Fall ist es ein Orientierungsverlust. Ich denke da etwa an den Erfurter Parteitag meiner Partei Die Linke im Juni 2022, der sich gegen Waffenlieferungen ausgesprochen hat. Jedenfalls sind auf der LL-Demonstration kaum blau-gelbe Fahnen zu erwarten. Und wenn doch, so werden hoffentlich bürgerlichen Medien nicht Bilder geliefert, auf die sie besonders warten.

Wie steht es um das Zeigen von Symbolen des russischen Staates oder die der kurdischen Bewegung?

Unser Bündnisaufruf ist ein Kompromiss. Zum Krieg in der Ukraine gibt es unterschiedliche Auffassungen. Dies zu respektieren, impliziert, auf das Mitführen von Fahnen der kriegführenden Länder zu verzichten – auch, wenn das nicht verboten ist. Das ist einmütige Bündnisposition. Es gab eine Zeit, in der die jetzige Situation undenkbar gewesen wäre. Die Sowjetfahne bleibt dafür ein Symbol.

Und was die Frage nach verbotenen kurdischen Symbolen anbetrifft: Da gibt es seitens der Polizei eine klare Ansage: Sie wird dann in die Demo hineingehen – mit Konsequenzen, die nicht absehbar sind.

Auf der LL-Demo wollen Sie auch gegen die Aufrüstung der Bundeswehr demonstrieren und die Mitverantwortung des Westens am Ukraine-Krieg thematisieren. Befürchten Sie Provokationen von sich »links« verstehenden NATO-Sympathisanten?

Ausschließen kann man das nie. Wenn ich an die Silvesterereignisse denke, kann das auch schon ein Knallkörper sein.

Vor zwei Jahren gab es zum Teil brutale Übergriffe von Polizisten auf Teilnehmer der LL-Demo. Begründet wurde das mit angeblich verbotenen FDJ-Symbolen, die dort gezeigt wurden. Mit welcher Einsatzstrategie rechnen Sie in diesem Jahr?

Unsere Strategie ist: Je mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer, desto größer der Schutz vor Provokationen, von wem auch immer sie ausgehen mögen.

Ellen Brombacher ist seit 1996 Mitglied im Bündnis zur Vorbereitung der Demonstration im Rahmen der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung, Mitglied der Partei Die Linke und Bundessprecherin der Kommunistischen Plattform (KPF)

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