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Lohn für Pragmatismus

Kubas Außenminister hat die Normalisierung der Beziehungen zu acht EU-Staaten angekündigt. Die EU-Kommission war zuvor von ihrer Blockade abgerückt
Von Harald Neuber

Nach dem Abbruch aller diplomatischen Beziehungen vor zwei Jahren scheinen die Spannungen zwischen der Europäischen Union und Kuba wieder zu schwinden. Den ersten Schritt hatte die Lateinamerika-Kommission der Europäischen Kommission am 14. Dezember getan. Sie empfahl ein Ende der EU-Blockade gegen den sozialistischen Inselstaat. Am Montag mittag (Ortszeit) trat in Havanna Kubas Außenminister vor die internationale Presse. Weil sich das EU-Gremium unter anderem dazu bereit erklärt habe, »künftig auf die Einladung bezahlter Söldner« zu verzichten, werde man die Kontakte zu acht Staaten der EU wieder aufnehmen, erklärte Felipe Pérez Roque. Am Vormittag waren die Vertreter von Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien, Österreich, Griechenland, Portugal und Schweden bereits unterrichtet worden.

Die schwerste Krise seit Aufnahme der europäisch-kubanischen Beziehungen scheint damit vorerst beigelegt. Begonnen hatte sie im Sommer 2003. Nachdem die kubanischen Behörden im April 2003 über 70 Regierungsgegner wegen deren Kooperation mit den USA zu langjährigen Haftstrafen verurteilt hatten, verhängte die EU auf Initiative der ultrarechten Regierung Spaniens empfindliche Sanktionen gegen Havanna. Neben dem Abbruch aller diplomatischen Beziehungen zählten dazu die Einladung von Regierungsgegnern und der Stopp der kulturellen Aktivitäten.

Zwei Entwicklungen dürften zu der Abkehr vom antikommunistischen Erbe José Maria Aznars in Brüssel beigetragen haben. Zum einen hat Spanien nach dessen Sturz im vergangenen Jahr außenpolitisch eine 180-Grad-Wendung vollzogen. So plädierte der amtierende spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero schon im Juli vergangenen Jahres für eine Rückkehr zu normalen Beziehungen mit Kuba. Im November dann ließ Spanien – wie bereits Belgien und Ungarn – den Worten Taten folgen und nahm die Kontakte zu Havanna offiziell wieder auf. Unabhängig von der Rolle Spaniens hat sich in Brüssel aber auch eine pragmatische Position durchgesetzt. Nachdem der chinesische Staatspräsident Hu Jintao im Dezember millionenschwere Kooperationsabkommen mit Kuba unterzeichnete, fürchtet man in der EU offenbar die neue Konkurrenz. Über Jahre hinweg hatten europäische Unternehmen schließlich einen entscheidenden Vorteil gegenüber ihren US-Konkurrenten gehabt: Für diese blieb ein Vordringen nach Kuba wegen der über vier Jahrzehnte andauernden US-Blockade verboten.

Endgültig ist der neue Kurs der EU aber noch nicht entscheiden. Der Internetdienst German Foreign Policy wies in einem Kommentar Anfang der Woche auf die deutschen Hardliner hin. So verlangt der SPD-Wendepolitiker Markus Meckel einen fortdauernden Einsatz für einen Systemwechsel in Kuba. Meckel, der sich zusammen mit einem zweitrangigen CDU-Bundestagsabgeordneten für ein internationales »Netzwerk« zur Unterstützung kubanischer Regierungsgegner einsetzt, forderte »regelmäßige Treffen« mit Oppositionellen. Mit Spannung ist also ein Treffen des EU-Ministerrats Ende Januar zu erwarten. Erst dabei soll über eine langfristige und verbindliche Neuorientierung der EU gegenüber Kuba beraten werden.

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